Panama liegt gleich neben Hornberg!

Foto: beigestellt

alles roger?-Kolumne von Peter Westenthaler

 

1564 zog der Herzog von Württemberg aus, um nach Hornberg zu reisen. Er sollte dort mit großem Getöse (Salutschüssen) empfangen werden. Die erwartungsfrohe Menge wartete gespannt auf den Herzog. Dann kam eine unbedeutende Kutsche vorbei, etwas später ein Krämerkarren, dann noch eine Rinderherde. Der Herzog ist nie gekommen, aber es wurde jedesmal Salut geschossen, bis das Pulver verschossen war. Diese historische Begebenheit wurde bis heute als das berühmte „Hornberger Schießen“ überliefert und steht als Sinnbild für pompöse Ankündigungen, die sich im Nachhinein als kaum oder viel weniger spektakulär darstellen. Landläufig könnte man auch von einem Rohrkrepierer sprechen. Genauso dürfte es sich mit den sogenannten Panama Papers verhalten, die in einer bisher wohl einzigartigen weltweiten medialen Inszenierung von zuvor wohlselektierten Mainstreammedien am 3. April um exakt 20.00 Uhr (MESZ) an die Öffentlichkeit gespült wurden.

Das mediale Getöse rund um den Erdball entsprach exakt dem Plan der „Inszenierer“. Der nachprüfbare, konkrete und wohlrecherchierte Inhalt glich aber dann eher dem verschossenen Pulver aus Hornberg anno dazumal und führte das wartende Publikum auch zur vergleichbaren Enttäuschung. Die Daten von rund 214.000 weltweit verzweigten Briefkastenfirmen in Panama (in Liechtenstein werden übrigens ebensolche Firmen allein von rund 100.000 Deutschen vermutet) wurden über ein Datenleck einer Anwaltskanzlei in Panama an ein US-Recherche-Netzwerk namens ICIJ zugespielt. Das wenig überraschende Ergebnis: steuerschonende Geldgeschäfte von Promis, einem Autorennfahrer, einem isländischen Premier, einem hohen Fussballfunkionär, der verstorbene Vater des britischen Premier und angeblich vielen – vorwiegend russischen – anderen (die bisher leider kaum genannt wurden). Nichts war da neu, rein gar nichts spektakulär, wenig scheint strafbar, und nur ein Bruchteil ist wirklich namentlich zuordenbar. Ob es sich bei den „veranlagten“ Geldern tatsächlich um gewaschenes Schwarzgeld und somit Steuerhinterziehung handelt, oder ob hier einfach bereits im Herkunftsland korrekt versteuerte Einnahmen von Vermögenden zur gesetzlich völlig legalen Kapitalvermehrung auf Anraten von Banken und Steuerberatern „offshore“ transaktioniert wurden, lassen die „Inszenierer“ ebenfalls offen.

Also cui bono? – wem nützt bzw. schadet der ganze inszenierte Wirbel und wer sind nun diese „Inszenierer“? Dafür lohnt es sich – wie so oft – an die Quelle zu schwimmen. Dem International Consortium For Investigative Journalists (ICIJ) wurden die angeblch 2,6 Terabyte an Daten bereits im August 2015 zugespielt. Nur eine handverlesene Auswahl sogenannter Mainstream-Medien erhielt Zugriff auf das Gesamtmaterial. ICIJ wurde 1996 in den USA gegründet und ist eine Tochter des Center for Public Integrity (CPI), das wiederum 1989 als gemeinnützige Organisation vom Journalisten Charles Lewis gegründet wurde und von einem riesigen US-Netzwerk finanziert wird, das sich wie ein Who’s Who der Denkfabriken und Philanthropen liest. Darunter finden sich – neben vielen anderen – die Carnegie Corporation of New York, Atlantic Philanthropies of the World, die Stanley Foundation, die W. K. Kellogg Foundation, die Rockefeller Foundation, die Ford Foundation und nicht zuletzt auch die Open Society Foundations von Multimilliardär George Soros (jener Mann, der Putin öffentlich allen Ernstes als „gefährlicher als der IS“ einstuft und mit dem Satz in einem TV-Interview „Bin gegen Putin wie gegen Hitler“ seine „herzliche“ Beziehung zum russischen Präsidenten erklärte). Bereits mehrmals wurde diese Organisation dafür kritisiert, dass sie weniger investigativen Jornalismus als eher zielgerichtete politische Einflussname betreibt.

Wer steht nun wirklich auf dieser Liste der Briefkastengründer? Das blieb bis auf gut selektierte Ausnahmen bisher im Dunkeln, aber vielmehr stellt sich die Frage: Wer steht nicht auf der Liste und warum? Bisher ist nichts bekannt von namhaften US-Milliardären, dem britischen Geldadel, deutschen Bossen oder bekannten Vertretern des europäischen Großkapitals. Der bekannte britische Botschafter Craig Murray kritisierte diese eindeutige Schlagseite öffentlich. Schnell wird klar, dass die Enthüllungen intensiv vorgefiltert wurden und, so Murray: Man dürfe nicht erwarten, dass „der westliche Kapitalismus hier ernsthaft bloßgestellt wird“. Insgesamt sollen um die 400 Journalisten aus mehr als 80 Ländern die vom IJIC mitgeteilten, rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet haben. Doch folgen sie allesamt der westlichen Agenda, merkt Murray an. Kein Zufall also, dass der gezielte (US-)Informationsangriff via Panama wohl weniger dem westlichen Kapitalismus als eher einem Mann galt: Wladimir Putin. Sein Name wurde weltweit in der Berichterstattung über die Panama-Papers am häufigsten negativ genannt, obwohl sein Name auf keiner einzigen der Millionen Datenseiten tatsächlich vorkommt. Kann es sein, dass wir in einer neuen Phase

eines globalen Informationskrieges stecken? Oder gar am Beginn eines „Kalten Krieges 2.0“, der nun von den USA und ihren Verbündeten gerade intensiviert wird? Natürlich gibt es dafür genauso wenig echte Beweise wie für kriminelle Machenschaften in den Panama-Papers, aber es gibt zu denken, dass „systematisches Steuersparen“ via Briefkastenfirmen seit Jahrzenten als legales Geschäftsmodell existiert und jetzt plötzliches Getöse inszeniert wird, um damit genau jene öffentlich zu diskreditieren, die auf den UN-Sanktionslisten, also jenen der USA, stehen. Dabei wird übersehen, dass Panama de facto ein US-Protektorat ist und die USA mit Delaware selbst eine der weltweit größten Steueroasen ihr Eigen nennt.

Schon mehren sich international die Stimmen, wonach hier eine global gesteuerte linke Attacke gerade in die Hose geht: Panama Pampers statt Panama Papers. Solange es legale Steuerumgehungen von Großkonzernen in Europa gibt (VW hat zum Beispiel seine ganze Luftflotte via Briefkastenfirma in Holland angemeldet, da man dort für Lizenzen keine Steuern zahlt), solange es Gesetze zulassen, steuersparend in Monaco, in der Schweiz oder in Liechtenstein „anzulegen“, solange es Steuerausnahmen für einzelne privilegierte Großunternehmen gibt (z. B. Google, McDonald‘s, Facebook, Apple, Ikea, Starbucks usw.), solange auch österreichische Großunternehmen wie Telekom, OMV, AUA usw. Töchterfirmen in Steueroasen halten, solange gleicht die jetzige künstliche Aufgregung um Panama tatsächlich dem „Hornberger Schießen“.

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