Kevin Spacey ist zweifacher Oscar-Preisträger, Regisseur und überzeugter Demokrat. Für seine Paraderolle als bösartig-charismatischer US-Präsident Francis Underwood schöpft der Ausnahmedarsteller aus dem Vollen. Die vierte Staffel von House of Cards soll einige Überraschungen bringen. So wie dieses Interview mit alles roger? Interview: Roland Hofbauer
Mister Spacey, wie schwer ist es, sich in die Rolle von Francis Underwood hineinzuversetzen?
Eigentlich fällt es mir unglaublich leicht, in Wahrheit bin ich Frank gar nicht so unähnlich. Bei sehr vielen von Underwoods Eigenschaften könnte man mich genauso beschreiben. Ich bin auch ein Drecksack, bin sehr jähzornig und launisch. Und bei Gott, wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann erreiche ich dieses Ziel auch. In meiner Karriere musste ich schon einige Dinge tun, auf die ich wirklich nicht stolz bin. Aber manchmal hat man einfach keine Wahl. Oder zumindest redet man sich das ein, um sein Handeln zu entschuldigen, so sind wir Menschen nun mal. Das heißt jetzt zwar nicht, dass ich schon ein paar Leute beseitigt habe, aber selbst wenn es so wäre, würde ich es Ihnen nicht sagen.
Was liegt Ihnen mehr, Filme oder Serien?
Beides ist toll, nur liegt die Zukunft meiner Meinung nach in den Serien. Jede Geschichte kann viel ausführlicher erzählt, Dramatik und Spannung viel vielschichtiger aufgebaut werden. Man kann sich für Charaktere und Nebenrollen die nötige Zeit nehmen. Auch als Schauspieler kannst du deiner Rolle viel mehr Tiefe geben, dich viel intensiver mit ihr identifizieren. Bei Movies ist die maximale Länge 2,5 Stunden, da musst du jede Person, die Handlung und alles andere erklären und unterbringen. Für viele Regisseure ist genau das die Schwierigkeit, deshalb gibt es ja so viele dämliche Filme. Deshalb und wegen der unglaublich vielen ganz miesen Schauspieler.
Wie schwierig ist es für Sie, mit schlechten Kollegen zusammenzuarbeiten?
Das ist ungefähr so angenehm, wie wenn du dir mit einer Brotschneidemaschine in die Fingerkuppe schneidest. Es bereitet dir manchmal körperliche Schmerzen, aber man ist oft machtlos. Da gibt es Leute, die ewig in der Branche tätig sind und vom Talent her eigentlich gar nicht die Chance verdienen, auf der Bühne oder vor der Kamera zu stehen. Das sind Menschen, die einfach gut vernetzt oder irgendwie mit Studiobossen verbandelt sind und sich so seit Jahren irgendwelche Rollen ergaunern. Da bekomme ich richtige Wutanfälle und lasse diese Personen auch spüren, wie wertlos ihre Arbeit ist. Dann gibt es noch Kollegen, die dir den Himmel auf Erden bereiten mit ihrem guten Spiel, neben denen du dich nicht gut genug fühlst und dich ständig selber infrage stellst. Und dann gibt es noch Gary Oldman, der ist zwar ein unglaublich guter Actor, aber er spuckt dir bei Dialogen ständig in die Fresse, kaum zu ertragen der Typ. (lacht)
Stehen Sie lieber vor oder hinter der Kamera?
Am liebsten mache ich beides, dann bin ich auch ganz allein schuld, wenn eine Produktion floppt. Man kann ein noch so guter Schauspieler sein, wenn der Regisseur eine Flasche ist, hilft das gar nichts. Viele glauben, der Job wäre einfach, aber da gibt es so viele Dinge, die man beachten muss. Ein guter Regisseur hat den ganzen Film, jede Szene und jedes Detail im Kopf. Oft hat man Anfänger oder Sturköpfe dabei, die auch nicht auf den Rat eines alten Profis hören, da weiß man als Mime schon während der Dreharbeiten: Oje, das wird nicht gut ausgehen, mit diesem Sack arbeite ich sicher nie wieder. Manche Regisseure aber beflügeln dich und holen alles aus dir heraus. Und genau so einer möchte ich sein, das ist mein Ziel und ich hoffe, dem auch schon ziemlich nahe zu sein.
Sie sind überzeugter Demokrat und ein enger Freund von Bill Clinton. Wie wichtig ist Politik für Sie?
Leider hat Politik immer einen unangenehmen Beigeschmack, denn sie steht immer in Verbindung mit Ausbeutung, Korruption und Krieg. Das sollte so nicht sein, aber irgendwie wird es immer schlimmer, und wir alle sehen tatenlos zu. Seit Jahren arbeiten unsere Politiker, auch die in Europa, anscheinend auf
einen größeren Krieg hin. Da werden Länder zerstört und destabilisiert, einfach nur aus Gier und Machthunger. Das Hauptproblem ist, dass die Politiker keine Skrupel mehr haben und größtenteils fremdgesteuert werden von Mächten aus dem Hintergrund. In House of Cards zeigen wir, wer da alles seine dreckigen Finger im Spiel hat, und warum welche Entscheidungen getroffen werden. So oder so ähnlich funktioniert es in der Realität.
Sie haben unter anderen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez getroffen und lange mit ihm gesprochen. Ist das nicht schrecklich unamerikanisch?
Ich kann sprechen, mit wem und wie lange ich will. Ich lasse mir von niemandem diktieren, wer schlecht ist und wer nicht, da bilde ich mir lieber meine eigene Meinung. Jede Medaille hat eine Kehrseite, auch die Sichtweise von Chavez hat mich sehr fasziniert, er war ein sehr charismatischer, intelligenter Mann. Auch wenn mir jemand gesagt hätte, dass Sie ein Arschloch und ein schlechter Journalist sind, hätte ich das Interview trotzdem gemacht und könnte diese Aussage mittlerweile bestätigen. (lacht)
Sie bekamen den Ehrendoktortitel als Doctor of Letters von der London South Bank University, den britischen Verdienstorden Commander of the Order of the British Empire, die dritte Stufe des Ritterordens verliehen, und wurden 2015 für die Verdienste um das Old Vic von Elisabeth II. ehrenhalber zum Knight Commander of the British Empire ernannt.
Sie haben vergessen, dass ich auch Visiting Professor in Oxford bin (lacht). Natürlich ist das sehr schmeichelhaft und ehrt mich. Was mich aber leicht ankotzt, ist, dass ich mich nicht Sir nennen darf, nur weil ich amerikanischer Staatsbürger bin. Aber auch dagegen gibt es ein simples Mittel, ich werde einfach die britische Staatsbürgerschaft annehmen. Ich habe schon alles dafür in die Wege geleitet, wir werden
sehen, wie lange das dauert.
Es wird seit Jahren immer wieder vermutet, Sie wären homosexuell. Würden Sie es zugeben, wenn sie es wären, oder darf man das in konservativen Kreisen nicht sein?
Es geht verdammt nochmal niemanden an, wo ich was in wen hineinstecke. Ja, ich bin nicht verheiratet, ja, ich war bereits öffentlich mit Frauen liiert und ja, ich habe wahrscheinlich schon Dinge in sexueller Hinsicht getan, die Sie wahrscheinlich nie erleben werden. Aber das alles ist meine ganz private Sache, das geht nur mich und die 100.000 Menschen an, mit denen ich jede Woche Sex habe. Sie müssen wissen, ich bin nämlich die Art Filmstar, die mit jeglicher Art von Groupies schläft. Gegen mich ist Larry Flynt ein Chorknabe.
Was erwartet uns in der vierten Staffel von House of Cards?
Es werden sicher wieder sehr viele unerwartete Dinge passieren. Die Intrigen werden noch unvorhersehbarer, es kommen neue gefährliche Gegenspieler dazu, und es wird auch den einen oder anderen Todesfall geben, mit dem man nicht gerechnet hat. Holen Sie sich einfach ein Netflix-Abo, und genießen Sie ein paar Abende mit mir.
Haben Sie eigentlich ein Netflix-Abo?
Natürlich, aber im Gegenzug zu Ihnen muss ich nicht dafür bezahlen. (lacht)
Wir danken für das Gespräch.
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