Südtirol: Aufstand gegen Impfzwang

Foto: 123RF
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Seit Mai stehen viele Italiener gegen geplante Zwangsimpfungen von Kindern bis 16 Jahren auf. Sie ver-muten Geschäftemacherei der Pharmaindustrie, hinterfragen Dogmen rund ums Impfen und fordern die freie Entscheidung. Besonders groß ist der Widerstand in Südtirol. alles roger? hat sich bei Impf-skeptikern umgehört und ist auf Daten und Fakten gestoßen, die nachdenklich machen.


Text: Klaus Faißner

Menschen gehen auf die Straße, von Palermo bis Bozen. Fast täglich. 10.000 waren es laut Polizeiangaben beispielsweise am 8. Juli in der norditalienischen Hafenstadt Pesaro. Obwohl dies in unserer Nachbarschaft geschieht, berichten die Hauptstrommedien bei uns kaum darüber. Denn es geht um Zwangsimpfungen. Verfügt durch ein Dekret von Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin aus dem Mai. Zwölf Impfungen standen für 0- bis 16-Jährige auf der Liste. Demnach drohte eine Strafe von bis zu 7.000 Euro, eine Verbannung der Kinder von Kindergärten, Tagesstätten und Schulen sowie sogar der Entzug des Sorgerechts für Eltern.

Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni erklärte zu dem Dekret und den geplanten drakonischen Strafen: "Der Mangel an geeigneten Maßnahmen während der vergangenen Jahre und die Verbreitung von anti-wissenschaftlichen Theorien, besonders in den vergangenen Monaten, führte zu einem Rückgang der Schutzmaßnahmen." Offizieller Auslöser für das Dekret waren vermehrte Masernfälle im heurigen Winter in Italien. Derzeit ist die sozialdemokratisch dominierte Regierung damit beschäftigt, das Dekret in ein Gesetz umzuwandeln. Im Herbst sollen die Bestimmungen dann zum Tragen kommen.

 Kampf um Kinder

Viele Eltern hatte die Verkündung des Impfdekrets geschockt - wie zum Beispiel die Therapeutin Alexandra Andres: "Danach konnte ich nächtelang nicht schlafen." Die Nordtirolerin ist mit einem Italiener verheiratet. Sollte der Impfzwang kommen, würde sie ihre Kinder in Nordtiroler Bildungseinrichtungen geben, erklärt sie. Die Stimmungslage in Südtirol sei "ganz schlimm": Impfbefürworter schimpften Impfskeptiker als asozial und unverantwortlich. Für viele Mediziner und Pharmazeuten seien die Menschen so dumm, dass man sie zum Impfen zwingen müsse. Umgekehrt würden Impfkritiker Impfbefürworter als uninformiert bezeichnen. "Beides finde ich nicht richtig. Es wäre wichtig, einen Dialog zu führen", so Andres.

Der staatlich angepeilte Zwang habe viele Impfskeptiker zu Impfgegnern gemacht. Wie viele andere Gegner der Impfpflicht, wehrt sie sich gegen den Vorwurf, antiwissenschaftliche Theorien zu vertreten, denn sie habe sich intensiv mit der Materie beschäftigt. "Solange die Wissenschaft nicht beweist, dass Impfungen unschädlich sind, bleibe ich kritisch." Andres weiter: "Wenn es um die Kinder geht, werden Eltern kämpfen wie die Löwen."

Silvana Thöni aus der Provinz Bozen sieht es ähnlich: "Der Gedanke, mein Kind, mein eigenes Fleisch und Blut, das Wichtigste in meinem Leben, wird mir durch Staatsgewalt entzogen und zwangsgeimpft, löst in mir unbeschreiblichen Schauder aus - und zugleich Zorn über diejenigen, die das alles zulassen. Von wegen Volksvertreter?!" Sie setze sich für Impffreiheit ein, weil sie eine "besorgte, gut informierte Mutter von drei nicht geimpften Kindern" sei.

Kurz vor dem Impftermin ihrer erstgeborenen Tochter habe sie einen Vortrag des Mediziners Walter Huber in Meran gehört. Zwei seiner Kinder seien nach Impfungen körperlich und geistig behindert gewesen. Danach sei ihre Entscheidung festgestanden - "auch weil ich selbst als Säugling fast an der Diphtherie-Impfung gestorben wäre." Für sie und ihre Familie stehe eine gesunde Lebensweise und eine gesunde Ernährung im Vordergrund. Sie sei besorgt wegen der möglichen Langzeitschäden, die mit Impfungen in Zusammenhang gebracht werden - zum Beispiel Autismus, Allergien oder Autoimmunerkrankungen.

 Druck in Südtirol steigt

Die Proteste in Südtirol und Italien zeigten Wirkung. Auf Druck zahlreicher Eltern und der Südtiroler Partei BürgerUnion stimmte der Südtiroler Landtag - obwohl die große Mehrheit der Abgeordneten für das Impfen ist - einstimmig gegen die Zwangsmaßnahmen und Sanktionen. Im Senat in Rom wurde im Juli die Zahl der Zwangsimpfungen auf zehn herabgesetzt und die Höchststrafe fürs Nichtimpfen von ursprünglich 7.500 auf 500 Euro.

Auch darf wegen Nichtimpfens das Kind nicht den Eltern abgenommen werden. Der Ausschluss vom Kindergarten ist jedoch weiter möglich. "In Südtirol gibt es traditionell mehr Impfkritiker als in Italien, das neue Zwangsdekret hat jedoch den Widerstand vergrößert", stellt Andreas Pöder von der BürgerUnion gegenüber alles roger? fest. Die Südtiroler Regierung habe die Möglichkeit, autonom zu entscheiden und damit die elterlichen Rechte zu schützen.

 Wieder Korruption?

Zwar gab es in Italien schon bisher vier Pflichtimpfungen - Kinderlähmung, Diphterie, Tetanus und Hepatitis B -, doch habe es seit Jahren keine Sanktionen mehr fürs Nichtimpfen gegeben. Pöder erinnert daran, dass vor über 20 Jahren die Hepatitis-B-Impfung bei Kindern zur Pflicht wurde. Der damalige Gesundheitsminister Francesco De Lorenzo hatte zuvor von Pharmaunternehmen hohe Bestechungsgelder erhalten und musste dafür ins Gefängnis. Dennoch blieb die Impfpflicht bis heute bestehen. Pöder: "Die Freiheit ist ein hohes Gut. Wenn wir wissen, dass in Italien vor allem Diktator Mussolini Erfinder des Impfzwangs war, dann müssen wir uns wundern, dass heute gerade eine linke Regierung in Rom diesen Zwang neu befeuert." Bis Mitte Juli hatten sich über 150 italienische Ärzte gegen die Impfpflicht deklariert.

Es sei nie ihr Begehren gewesen, eine Impfdiskussion zu führen, erklärt Mari Ranalter, ebenfalls aus der Provinz Bozen, Mutter von drei Kindern im Alter von neun, fünf und zwei Jahren. Da sie und ihr Mann berufstätig sind, müssten sie ihre Kinder in den Kindergarten geben. "Einziger Ausweg wäre hier eine Auswanderung, beispielsweise nach Österreich", sagte sie nach Bekanntgabe des Dekrets. Durch die Senkung der Bußgelder sei dies aber im Moment nicht aktuell. Sie fürchte, dass diese aber wieder angehoben werden könnten. Insgesamt suchten weit über 100 Südtiroler wegen des Impfzwangs um Asyl in Österreich an.

 Seriöse Studie gesucht

Befürworter des Impfzwangs argumentierten mit wissenschaftlichen Daten und Studien zu Impfungen, mit der sozialen Verantwortung sowie der so genannten Herdenimmunität. Bei einer Durchimpfungsrate von über 95 Prozent seien auch nicht impffähige Säuglinge, Kranke und Alte geschützt, lautet die Argumentation. Doch die Studien seien nicht wissenschaftlich, betont Ranalter: Es gebe keine randomisierte Doppelblindstudie zu Schädigungen durch Impfungen - also Studien, wo die Testgruppe eine Impfung erhält und die Placebogruppe keine.

Stattdessen würden die Nebenwirkungen einer Impfung mit den Nebenwirkungen einer anderen verglichen. Das Ergebnis entbehre jeglicher wissenschaftlicher Aussagekraft: Man könne auch nicht Rotwein mit Weißwein vergleichen, um die Schädlichkeit von Alkohol zu testen. Außerdem existiere keine Studie zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von zwölf Impfungen bei Babys - eine Potenzierung von Reaktionen könne nicht ausgeschlossen werden.

Die Politik schaffe somit ein wahres Schlaraffenland für Pharmakonzerne - die laut Gesetz nicht für entstandene Impfschäden haftbar gemacht werden könnten. Impfskeptiker wollen deshalb die Ärzte eine Impfbescheinigung unterschreiben lassen, dass diese die volle Verantwortung für negative Folgen einer Impfung übernehmen. Apropos Herdenimmunität: Der impfkritische steirische Arzt Johann Loibner bezeichnet diese als "Fiktion". Sie sei eine Erfindung der Impfbetreiber und existiere in der Biologie nicht.

Einige weitere Eltern aus Südtirol gaben gegenüber alles roger? Stellungnahmen ab. Bei allen wurde deutlich, dass sie sich eingehend mit der Materie befasst hatten. Sie wiesen darauf hin, dass es auch in Ländern mit hohen Durchimpfungsraten wie China zu Masernausbrüchen kommt, dass Impfstoffe problematische Substanzen wie Aluminium, Antibiotika oder teilweise auch genmanipulierte Lebendviren (bei Masern und Röteln) enthalten und dass durch Impfungen Krankheiten übertragen werden können. So erklärte etwa das in Deutschland für Impfungen zuständige Robert Koch-Institut zur Rotavirus-Impfung: "Eine Übertragung von Impfviren ist möglich (...). Bei Säuglingen, die Kontakt zu immungeschwächten Personen haben, sollte die Entscheidung über eine Rotavirus-Impfung mit Bedacht erfolgen."

 Sind Ungeimpfte gesünder?

Sind geimpfte Kinder gesünder als nicht geimpfte? Zwei Befragungen weisen eher auf das Gegenteil hin. Die eine wurde an der Jackson State Universität in Mississippi (USA) unter Anthony Mawson durchgeführt und im heurigen Frühjahr veröffentlicht. Befragt wurden Mütter von sechs- bis zwölfjährigen Kindern, die zu Hause unterrichtet werden. 261 Schüler waren ungeimpft, 405 teilweise oder voll nach Impfplan geimpft.

 Die Ergebnisse:

Geimpfte hatten

> 4,3-mal häufiger Autismus

> 5,2-mal häufiger schwerwiegende Lernprobleme

> 22-mal häufiger Allergien und

> 30-mal häufiger Heuschnupfen.

 Zwar wurden die Kinder nicht von den Wissenschaftlern untersucht, doch die Ergebnisse waren so eindeutig, dass es weltweit zu heftigen Diskussionen kam. Ähnlich beeindruckend sind die Zahlen der "Salzburger Elternstudie" von der Impfkritikerin Petra Cortiel: Zwischen 2001 und 2013 beantworteten 991 Väter oder Mütter mit ungeimpften Kindern Fragen zum Gesundheitszustand ihrer Sprösslinge. Demnach litten nur 0,28 Prozent der ungeimpften Kinder an Asthma (österreichweit zehn Prozent der Volksschulkinder) oder 3,4 Prozent an einer Allergie (österreichweit 20 bis 25 Prozent).

 Impfschäden kaum anerkannt

Es sei schlicht und einfach falsch, dass von Impfungen kaum Gefahren ausgehen, erklärt der impfkritische Arzt Loibner: "Es fehlt an Bewusstsein der Bevölkerung, dass durch Impfungen Hirnschäden, Epilepsie oder andere schwere Krankheiten ausgelöst werden können." Wenn Eltern nach einer Impfung mit einem kranken Kind ins Spital kommen, werde eine Impfschädigung fast immer abgestritten. Um einen Impfschaden anerkannt zu bekommen, müssten Betroffene beziehungsweise deren Eltern beim Bundessozialamt darum ansuchen - was nur sehr wenige machen. Dann liege der Ball bei Gutachtern: "Diese sind meist glühende Impfbefürworter und erkennen fast nie einen Impfschaden an", so Loibner.

Die Entscheidung fällt letztlich im Sozialministerium. Nur ein Bruchteil der eingereichten Fälle werde als Impfschaden anerkannt. Ein Lied von dem Prozedere kann der Behindertensprecher der ÖVP, Franz Joseph Huainigg, singen. Er ist seit einer Impfung im Babyalter am ganzen Körper gelähmt. "Ich bekam die Dreifachimpfung Keuchhusten-Diphterie-Tetanus, nach der ersten Impfung bekam ich hohes Fieber. Nach der zweiten kam das Fieber wieder, ich wurde ganz schwach und meine Beine hörten auf zu strampeln", erzählt er auf seiner Internetseite. "Auch mein Impfschaden wurde von Gutachtern einst nur als "wahrscheinlich" eingestuft und ist damit nicht anerkannt worden."

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