Andy Lee Lang ist die österreichische Antwort auf Elvis Presley und zählt zu den geradlinigsten Künstlern des Landes. Er hat nicht nur Rock n Roll im Blut, sondern trägt sein Herz auf der Zunge. Obwohl er sich damit nicht nur Freunde macht, sprach Andy Lee Lang mit alles roger? über Politik, die Unfähigkeit von Ö3 und Sozialschmarotzer.
Text: Roland Hofbauer
Sie gehören seit Jahrzehnten zu Österreichs Musikelite. Was hat sich in den letzten Jahren verändert?
Eigentlich alles, nichts ist mehr wie in der guten alten Zeit (grinst). Traurig ist einmal, dass die österreichische Musik, teilweise auch durch die Schuld von Ö3, kaputt gemacht wurde. Kein Platz im Radio und TV bedeutet kein Platz für heimische Künstler. Das gibt es in keinem anderen Land der Welt. Und natürlich auch der Tonträger-Markt: Früher war eine LP-Produktion ein Geschäft, mit Streaming-Anbietern ist das Einkommen von Tonträgern auf ein Mindestmaß gesunken und jede neue CD ist bloß Werbung. War es früher Talent, gesangliche Qualitäten, musikalisches Handwerk, so wird heute bei Casting-Shows auf Optik, Tanz und Wirkung Wert gelegt, die Musik wird immer nebensächlicher.
Gibt es noch richtig gute Musiker im Land, oder ist die Zunft der Liedermacher im Begriff auszusterben?
Für mich einer der ganz großen Musiker ist Norbert Schneider, leider viel zu unterschätzt. Auch wenn es nicht meine Musik ist, Julian Le Play ist auf gutem Weg, es international krachen zu lassen. Und von Andreas Gabalier kann man jetzt musikalisch halten, was man will, aber der Erfolg gibt ihm recht und das gilt auch nach wie vor für DJ Ötzi. Seiler & Speer haben bewiesen, dass diese Art sicher nicht ausstirbt, aber man sieht auch, wie schwer es ist, nach einem Hit einen Folge-Hit zu landen.
Sie engagieren sich auch sehr im sozialen Bereich. Wo, finden Sie, müsste mehr geholfen werden, wo können Sie den Sinn und Zweck nicht nachvollziehen?
Nun, ich bin eigentlich seit Jahren international in Sachen Tierschutz tätig, denn hier ist es mehr als traurig, dass der Mensch den Planeten so ausbeutet und die Lebensräume der Tiere einfach aus wirtschaftlichen Gründen zerstört. Das ist auch der einzige Zweck, den ich nachvollziehe, denn wenn der Planet stirbt, stirbt der Mensch. In Sachen Österreich und in Sachen Sozialstaat muss ich sagen, dass dies von der Grundidee ein höchst lobenswertes System ist. Leider wurde dieses System in den letzten Jahren von Sozialschmarotzern und Sozialbetrügern zerstört und das wird unabsehbar zum wirtschaftlichen Kollaps führen.
Sie gelten als einer der wenigen Künstler, die Ihr Herz auf der Zunge tragen. Wie gefährlich ist es in der Branche zu seiner Meinung zu stehen?
Uiiiii - also eigentlich sollte man das leider gar nicht. Ich habe zwar, indem ich meine Lieblingsvizebürgermeisterin - Achtung Sarkasmus - öffentlich kritisiert habe, sehr viel Zuspruch bekommen, aber auch sehr untergriffige, tiefe Angriffe und persönliche Beleidigungen. Aber selbstverständlich ist es so, wenn man austeilt, muss man einstecken können. Irgendwann erreicht man ein Alter, wo man sich sagt, es ist Zeit, die Wahrheit auszusprechen. Aber in Österreich hört man das nicht gern - traurig, aber wahr.
Andreas Gabalier wird hierzulande von manchen als Nazi bezeichnet und von Kollegen wie Hubert von Goisern und der EAV öffentlich beleidigt. Was sagen Sie zu so einem Verhalten?
Linksradikalismus ist um keinen Deut besser als Rechtsradikalismus. Wenn man ihn als Nazi bezeichnet, ist das eine radikale Ansicht und eigentlich zu verurteilen. Nicht jeder FPÖ-Wähler ist ein Nazi, auch wenn es unter diesen Menschen - leider - sicher noch einige gibt. Ich kann ja auch nicht behaupten, jeder Grün-Wähler ist ein Kommunist - auch wenn die jungen Grünen mit ihrer Anbiederung an die KPÖ hier bewiesen haben, dass unter ihnen einige sind. Die EAV sehe ich eigentlich seit Jahrzehnten als Musikkabarett im positiven Sinne, da darf man nicht beleidigt sein.
Wie schwierig ist es, in Österreich von der Musik leben zu können und an welche drei ungeschriebenen Gesetze sollte man sich halten?
Hahaaaa - ich gehöre zu einer aussterbenden Rasse. Ganz im Ernst, ich habe wirklich das Privileg, noch von meiner Musik leben zu können. Viele Kollegen können das nicht mehr, auch große und bekannte Namen. Wir sind ein kleines Land und es gibt einfach zu viele Events und Veranstaltungen. Ich glaube, jeder hat seine "Gesetze". Für mich war es immer: Fleiß, Ausdauer und das ständige "Sich-selbst-neu-erfinden".
Was würden Sie Nachwuchstalenten raten, auf was sollte man besonders achten?
Wenn ich diese Frage beantworten könnte, wäre ich entweder Gott oder der höchstbezahlte Musik-Manager der Welt. Im Prinzip: An sich selbst glauben, sich selbst treu zu sein (das heißt, nur das zu machen, das du spürst) und niemals aufgeben.
2005 hatten Sie eine Schaffenskrise und erlitten ein Burnout. Wie haben Sie diese Phase überwunden und wie kann man solchen Dingen entgegenwirken?
Da schließt sich der Kreis mit dem Tierschutz wieder. Ich habe bei einem Projekt in Ruanda mitgearbeitet, das sich für den Erhalt der Nationalparks und somit für den Lebensraum der Berggorillas einsetzt. Afrika ist für mich ein unheimlicher Kraftplatz und die Arbeit dort mit der Bevölkerung hat mir einfach innere Ruhe gegeben. Entgegenwirken kann man dieser Krankheit schwer, wenn man ein Perfektionist ist. Allerdings hilft die Einstellung, dass man leben sollte, denn wir haben nur dieses eine, und das sollte man trotz Stress und Ärger im Beruf auskosten und genießen.
Sie äußern sich sehr oft auch politisch, wie sehen Sie die Entwicklung in Österreich und der Welt?
Nun - jetzt häng´ ich mich wieder weit aus dem Fenster raus, aber es mangelt halt immer mehr an Intelligenz. Am gesunden Menschenverstand, an Logik, an Verständnis für die normalen Dinge des Lebens. Die politische Entwicklung Österreichs ist ein Trauerspiel, denn wir erleben einen Grabenkampf zwischen links und rechts und ich weiß zeitweise nicht, welche der beiden Seiten mich mehr anekelt. Es fehlt die Mitte und das kann man natürlich auch teilweise in Europa oder bereits in den USA erkennen. Wir leben in einer Zeit des Zentralismus, wo beim wöchentlichen "Korruptions-Jourfixe" in Brüssel, auch als EU-Parlament bezeichnet, irgendwelche Dumpfbacken-Politiker Gesetze und Verordnungen beschließen, die kein Mensch braucht, aber in Kernfragen völlig hilflos sind und kläglichst versagen. Dass sich diese unfähige Politik auf die Länder überträgt, ist logisch. Ich komme gerade aus Kanada, und auch wenn dort natürlich nicht nur Ahornsirup fließt, dort gibt es diesen Grabenkampf nicht, dort wird Arbeit belohnt und nicht bestraft und man trifft einfach Menschen. Und das fehlt leider in der Politik - Politik für Menschen und nicht für die eigenen Taschen!
Muss man als Künstler unbedingt links sein?
Diese Frage kann ich nicht beantworten, denn ich bin definitiv in der Mitte. Jedes Schiff kentert, wenn es eine zu starke Seitenlage bekommt, egal ob auf die rechte oder auf die linke Seite, es geht einfach unter. Ich glaube nicht, dass man links sein muss, aber es hilft natürlich bei den meisten Veranstaltungen. Für mich als Konsument wäre es allerdings wichtig zu wissen, ist es Überzeugung oder Taktik. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Kollegen den Weg der Mitte gehen - und klar gegen zu weit rechts, aber auch zu weit links auftreten.
Wie lange wollen Sie auf der Bühne stehen oder leben Sie nach dem Motto: "Never too old to rock?"
Das Publikum entscheidet, wie lange es mich sehen will. Das Schöne ist, dass ich mit neun verschiedenen Produktionen auf Tour bin, hin und wieder eine Musical-Hauptrolle spiele und somit eigentlich immer etwas Neues bringe. Somit hoffe ich, dass es sich ausgeht und ich eines Tages auf der Bühne einfach umfalle oder frei nach Udo Jürgens "Mitten im Leben" während einer Tour, fit und noch immer mit begeisterten Fans in den "Rock'n Roll Heaven" entschwinde.