Wahlkampf in Österreich ? es darf gegähnt werden!
Angeblich ist derzeit Wahlkampf in Österreich - was man an bunten Plakaten mit lächelnden Politikern und unzähligen Stunden oft quälend langweiliger TV-Auftritte der ebenso unzähligen Kandidaten merkt. Ansonsten ist nichts berechenbarer, nichts ferner jeder Sensation als der bisher maue Wettbewerb um Stimmen der Österreicherinnen und Österreicher. Wobei man der SPÖ zugestehen muss, dass sie sich bisher wenigstens (unfreiwillig) bemüht hat, unter dem Titel "Pleiten, Pech und Pannen" zumindest etwas Komik und Erstaunen einzubringen.
Hand aufs Herz: Hat man je einen so verkorksten Wahlkampf einer Partei erlebt, wie ihn die SPÖ bisher hingelegt hat? Begonnen mit der vergebenen Chance durch Beendigung der gescheiterten Koalition in die Offensive zu kommen, bis zum holprigen Anarcho-Spruch "Holt euch, was euch zusteht", dem ein gewisser Herr Silberstein durch sein raffgieriges Wirken einen völlig neuen Spin verlieh (auch unfreiwillig), dessen "tsunamigleiche" Auswirkungen er in all seinen sündteuren Beratungen sicher noch nie erlebt hat.
Dazu belanglose Videofilmchen, die Politiker endgültig zu (schlechten) Schauspielern stempeln. Übrigens war jedes Video bisher (ebenso schlecht) kopiert aus einem anderen Wahlkampf dieses Erdballs. Und dann auch noch die Diskussion um Frauenfeindlichkeit. Losgetreten vom eigenen Parteimanager Niedermühlbichler, der Kandidatinnen der Konkurrenz verbal beflegelte und sich somit den medienwirksamen Austritt des SP-Urgesteins Rotraud Perner auf seine Kappe heften darf.
Nicht einmal der ORF schafft es mehr, diese vielen Hoppalas "seiner SPÖ" - versehen mit dem roten Spin - der verdutzten Seherschaft "richtig" zu erklären. Der durchaus engagierte und eloquente Kanzler hat es mit dem Mühlstein namens SPÖ wahrlich nicht leicht, trägt aber als Chef Mitverantwortung für das Personal, die (schlingernde) Linie und seine völlig ahnungslosen Berater. Mit realitätsferner Selbsthypnose und dem bereits verzweifelt anmutenden Durchhalte-Mantra "Wir können noch gewinnen" versucht man zu retten, was nicht mehr zu retten ist.
Jedes noch so abgedroschene Klischee des Klassenkampfes aus dem vorigen Jahrtausend, den es in dieser Form schon lange nicht mehr gibt, wird nun bemüht. Jeder Neid auf "die da oben" wird in bester Haider-Manier der 90iger Jahre beschworen. Jede Silbe zur Zuwanderungspolitik wird auf Stammtischtauglichkeit abgeklopft. Jedem Pensionisten wird eine geradezu paradiesische Zukunft durch den allerdings noch immer weltlichen Vater Staat versprochen.
So weit, so berechenbar, so langweilig. Genauso, wie der programmierte Zieleinlauf am 15. Oktober mit Kurz als Erster, gefolgt von Strache und Kern oder Kern und Strache und noch irgendeiner Kleinstpartei, deren Existenz im künftigen Parlament weitgehendst verborgen bleiben wird. Nein, dieser Wahlkampf wird nicht mehr spannend, außer die SPÖ käme zur richtigen Selbsterkenntnis und tauscht Personal, Kampagne und Berater, wofür es aber zu spät sein dürfte.
Umso spannender werden die Wochen nach der Wahl, wo drei Parteien in der Lage sein werden, Koalitionen mit- oder gegeneinander einzugehen. Erst dann beginnt der wahre Dreikampf um Österreich. Und hier sind echte Überraschungen nur dann denkbar, wenn die Wählerinnen und Wähler dies endlich zulassen. Ansonsten ist eine Neuauflage der ungeliebten Koalition von SPÖ und ÖVP nur in umgekehrter Form und anderen Hauptdarstellern das genauso berechenbare Ergebnis dieses so berechenbaren Wahlkampfes.