Weiße Elefanten sind nicht nur in freier Wildbahn eine Laune der Natur, nein, auch beim ORF soll es sie geben, in Form von hoch bezahlten Wenigtuern. Intendant Alexander Wrabetz soll ein vorzeitiger Rücktritt angeboten worden sein und ganz nebenbei muss sich der Rotfunk auch noch mit einem Volksbegehren gegen die GIS-Gebühren herum-schlagen. Turbulente Zeiten für den TV-Riesen. alles roger? ist den Spekulationen auf den Grund gegangen.
Text: Roland Hofbauer
In Österreich versteht man laut Wikepedia unter dem Ausdruck "Weißer Elefant" Arbeitnehmer, für die keine oder wenig Verwendung besteht, die aber unkündbar sind. Solche Arbeitssituationen entstehen insbesondere bei parteipolitischen Umbesetzungen, beispielsweise bei der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt ORF und in den Bundesministerien. Der ORF soll laut einem Informanten von alles roger? nach wie vor besonders viele weiße Elefanten in seinen Reihen haben. Also haben wir die konkreten Vorwürfe in Form von Fragen auch gleich an den ORF weitergeleitet.
> Stimmt es, dass seit der Auflösung der Programmentwicklung 2009 die dort beschäftigten weißen Elefanten einfach in andere Ressorts versetzt worden sind?
> Stimmt es, dass es über 25 Personen im ORF gibt, die seit Jahren keine Arbeit leisten und sehr hohe Gagen kassieren?
> Stimmt es, dass die Ausgaben für weiße Elefanten pro Jahr über 2,3 Millionen Euro betragen?
ORF: Keine Reaktion
Erwartungsgemäß haben wir vom ORF keine Antwort erhalten. In Ordnung ist das natürlich nicht. Immerhin handelt es sich um den öffentlich-rechtlichen Sender. Theoretisch sollten Unklarheiten mit ein paar Sätzen zu beseitigen sein, so es denn welche sind. Anscheinend weiß man damit im ORF aber nicht umzugehen.
Wir haben uns mit ein paar Mitarbeitern unterhalten, und auch beim Stiftungsrat ist man mittlerweile wesentlich auskunftsfreudiger als noch vor einem Jahr. Dabei haben wir einige Zahlen erfahren, diese auch geprüft und waren erstaunt. Als Mitarbeiter beim ORF verdient man im Schnitt 5.400 Euro brutto, zumindest im Angestelltenverhältnis. Ein bisserl besser hat es da der Herr Generaldirektor. Der verdient nämlich 400.000 Euro im Jahr. Das ist mehr, als Bundespräsident oder Bundeskanzler verdienen. Die anderen Direktoren bekommen bis zu 300.000 und die kleinen Landesdirektoren müssen gar "nur" mit rund 200.000 Euro auskommen. Die GIS-Geschäftsführer müssen sich im Monat mit schlappen 12.000 Euro begnügen.
"Noch immer 20 - 25 weiße Elefanten"
Ein Mitarbeiter bringt es auf den Punkt und spricht mit uns Klartext, will aber anonym bleiben: "Die weißen Elefanten gibt es nach wie vor. Bis 2009 waren sie in der Entwicklungsabteilung untergebracht, die ja offenkundig nicht wirklich viel zustande gebracht hat. Zwar gab es ein paar schöne Erfolge wie Taxi Orange oder Starmania, aber in Wahrheit war diese Abteilung ein Auffangbecken für unkündbare Topverdiener. Als sie aufgelöst wurde, versetzte man die Leute in verschiedene Ressorts, eingegliedert in den Programm- und Informationsbereich. In den letzten 15 Jahren wurden zwar viele nach Hause geschickt und bekamen hohe Abfertigungen, aber es gibt nach wie vor so um die 20 bis 25 weiße Elefanten. Die frühere Finanzchefin ist so ein Beispiel. Sie ist zwar sehr nett, aber nicht wirklich fähig. Die kann einen Bock nach dem anderen schießen und es wird immer wieder ein neuer Posten für sie erfunden. Um die 2,3 Millionen Euro wandern jedes Jahr an Gebührengeld in die Taschen solcher nicht wirklich gebrauchten Topverdiener."
Ständig neue Infos
Bereits vor einigen Monaten brachte alles roger? einen Aufdeckerbericht über den ORF. Darin warf ein Mitarbeiter dem Sender sehr konkret vor, dass die beliebte Sendung heute leben unter sehr fragwürdigen Umständen abgesetzt wurde. Roland Brunhofer, kolportierter Channel-Manager von ORF 2 und hauptverantwortlich für die Einstellung des Formats, wurde durch ein Mail eines ORF-Mitarbeiters an alles roger? detailgenau beschuldigt, bei einer Produktionsfirma finanziell beteiligt zu sein und sich möglicherweise auch anderweitig bereichert zu haben, oder sich zumindest persönliche Vorteile verschafft zu haben. Obwohl wir den ORF auch damals damit konfrontiert haben, bekamen wir ebenfalls keine Antwort und es soll auch keine Untersuchungen in der Causa gegeben haben. Auch andere Medien in Österreich haben bei Interviews mit führenden ORF-Mitarbeitern kein Wort über dieses Thema verloren. Klingt komisch, ist aber so. Seit dieser Berichterstattung wird alles roger? ständig mit neuen Nachrichten und teils sehr fundierten Vorwürfen in Bezug auf den ORF konfrontiert. Als unabhängiges Magazin sind wir es unseren Lesern natürlich schuldig, dem nachzugehen.
Wrabetz-Rücktritt gefordert?
Aber nicht nur, was die weißen Elefanten betrifft. Zusätzlich geht es um den angeblich in den vergangenen drei Monaten geforderten vorzeitigen Rücktritt von ORF-Intendant Alexander Wrabetz, den der Stiftungsrat gewollt haben soll. Auch von einer hohen Abfindung, einem Golden Handshake, ist die Rede. Also fragten wir hier ebenfalls nach:
} Stimmt es, dass Herrn Wrabetz ein vorzeitiger Abschied von Rot/Schwarz angeboten beziehungsweise sogar nahegelegt wurde?
} Stimmt es, dass Herrn Wrabetz ein Golden Handshake angeboten wurde?
Auch auf diese Fragen erhielten wir keine Reaktion. Seit 2007 wurschtelt Alexander Wrabetz nun als Generaldirektor des ORF herum, viel weitergebracht hat er ja leider nicht. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit inszenierte er die größte Programmreform in der Geschichte des Unternehmens. Er versenkte Millionen in Doku-Soaps, neuen kurzlebigen Talksendungen und schmiss Lindner-Produktionen aus dem Programm, nur um sie kurz darauf wieder unter anderem Namen on air gehen zu lassen. Zwei Amtszeiten ohne nennenswerte Erfolge, aber mit viel Bauchweh folgten. Wrabetz bewarb sich im Sommer 2016 um eine dritte Amtszeit und wurde schließlich auch wiederbestellt. Er kündigt an, ORF 1 und ORF 2 würden künftig von ihm unterstellten Channel-Managern, also Senderchefs, geleitet werden.
Nun kommt eben Roland Brunhofer ins Spiel. Er war einst Betriebsrat im Landesstudio Oberösterreich und später Direktor des Landesstudios Salzburg, solange dieses rot war. Mit Jänner 2017 wechselte er in die ORF-Generaldirektion nach Wien und sollte den ORF 2 übernehmen. Die Folge war ein Machtkampf auf den unteren Ebenen, der mittels Intrigen und Interviews gleichermaßen heftig wie öffentlich geführt wurde. Das beliebte Format heute leben wurde - wie erwähnt - eingestellt und Brunhofer von Mitarbeitern beschuldigt, sich an der neuen Sendung Unterwegs in Österreich durch Teilhaberschaft an der ausführenden Produktionsfirma zu bereichern (alles roger? berichtete ausführlich).
Reibereien und schlechte Quoten
Laut unserem Informanten hatte der Stiftungsrat nach diesen Vorkommnissen endgültig genug von dem Chaos und legte Wrabetz den Rücktritt nahe. Dieser Rücktritt hätte durch einen möglichen Golden Handshake versüßt werden sollen, wie es in dem an uns gegangenen Schreiben hieß. Den soll Alexander Wrabetz allerdings abgelehnt haben. Auch Rot und Schwarz sind mit der Leistung des Generaldirektors offenbar nicht mehr wirklich glücklich. Zu viele interne Reibereien, zu wenig Durchsetzungsvermögen von Wrabetz bei schwierigen ORF-Mitarbeitern wie Armin Wolf. Und die Quoten sind ganz nebenbei auch nicht der Hit.
Eigenwerbung und hohe Abfertigungen
Ein Mitglied des Stiftungsrates gibt uns beschränkt Auskunft: "Ich werde keine Details ausplaudern, aber Sie können sich doch denken, dass die Gesamtsituation beim ORF nicht zufriedenstellend ist. Wenn Sie Informationen über Alexander Wrabetz wollen, dann fragen sie ihn einfach selber, viel sagen wird er dazu aber nicht. Hier müsste man vieles ändern. Wir warten jetzt einmal die Wahl ab und auch das geplante Volksbegehren sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich weiß, hier werden Probleme gerne ausgesessen, aber das ist eben nicht mehr möglich. Es gibt auch andere Dinge, die generell nicht in Ordnung sind. Wir stecken jedes Jahr an die 18 Millionen Euro in Eigenwerbung, die vollkommen unnötig sind. Die Seher und Gebührenzahler bekommen das ja auch mit, die sind ja nicht blöd. Wir müssen hier eine drastische Veränderung herbeiführen, mit oder ohne Wrabetz."
Allein 2010 und 2011 hat der ORF laut Rechnungshof insgesamt 62,3 Millionen Euro an Abfertigungen bezahlt. Diese Summe teilten sich 413 Personen. Das ergibt pro Kopf eine Summe von 150.000 Euro. Bis 2015 sollen hier noch einmal kolportierte 45 Millionen Euro an Abfertigungen dazugekommen sein, das behauptet zumindest unser Informant. Mit diesen Hochrechnungen und Zahlen könnte auch die mögliche Summe von über zwei Millionen Euro stimmen, die jährlich an nutzlose Mitarbeiter verpulvert werden. Da der ORF diese Anschuldigungen nicht entkräften will, lassen wir die Zahlen einfach einmal im Raum stehen.
"Oben müssen Leute gehen"
Doch Sparen, außer bei den kleinen Mitarbeitern, fällt dem ORF sichtlich schwer. Bis 2021 soll der Küniglberg in ganz neuem Glanz erstrahlen. Auch hier wird mit zweierlei Maß gemessen, erzählt uns ein Mitarbeiter: "Ganz unten, in den Redaktionen, wird gespart. Immer weniger Gehalt und schlechtere Arbeitsverträge, aber oben geben sie für Konferenztische schon einmal um die 80.000 Euro aus. Da gehören Strukturen aufgerissen. In Wahrheit müssten ein paar von ganz oben gehen, nicht viele Kleine. Ich hoffe, dass es nach der Wahl eine Reform geben wird."
Wie könnte die Reform aussehen? Ohne neues ORF-Gesetz, das den Stiftungsrat in Fragen der Zusammensetzung, der Rechte und der Haftungen zu einem echten Aufsichtsrat macht, der sich in erster Linie dem Unternehmen verpflichtet fühlt, wird es nicht gehen. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger hätte seit einem Jahr ein Konzept in der Lade, welches in diese Richtung geht. Er will nicht nur den Betriebsräten das Recht nehmen, ihren Chef zu wählen, sondern die Beteiligung der Länder im Stiftungsrat auf maximal eine Stimme reduzieren. alles roger? hält das für einen hervorragenden Ansatz. Mit oder ohne Wrabetz.
Haarig wäre es für den ORF schon bald geworden, wenn das Volksbegehren "ORF - ohne Gebühren und ohne Politik" (alles roger? berichtete ebenfalls) an den Start gehen hätte können. Allerdings hat dem VP-noch-Innenminister Sobotka vorerst einen Riegel vorgeschoben. Er hat die Einreichung (und damit 23.503 Wählerstimmen) wegen eines Formalfehlers der Kurzbezeichnung abgelehnt. Der Einspruch des Betreibers CPÖ ist am Weg. alles roger? bleibt dran.