6.000 harte Männer sowie auch einige Frauen werden von 12. bis 13. Mai beim Spartan Race in Wiener Neustadt ihre Muskeln spielen lassen. Auf dem Campus der Theresianischen Militärakademie wird es mit dem Spartan Night Sprint sogar eine Weltpremiere geben. Immer mehr stellen sich den Qualen dieser harten Rennen. Warum? alles roger? bat einen Spartaner zum Interview.
Text: Martina Bauer
Die Athleten, die beim Spartan Race mitmachen, gehen an ihre Grenzen. Gar keine Frage. Die Willenskraft, über sich hinauszuwachsen, muss stark ausgeprägt sein. So wie bei Robert Reisner. Der 1,87 Meter große und 95 Kilo schwere Hüne aus der Obersteiermark hat sein erstes Spartan Race im Vorjahr in Kitzbühel absolviert. Auch in Wiener Neustadt wird der 36-Jährige wieder am Start stehen. "Aroo! Aroo! Aroo! Das brüllen wir vor dem Start, und dabei wird schon jede Menge Adrenalin ausgeschüttet", so Reisner.
Der einstige Schlachtruf der Spartiaten hat noch heute eine ganz spezielle Wirkung. Allerdings müssen sich die Kämpfer mit ganz anderen Gegnern herumschlagen als die antiken Krieger. Matsch, Feuer und Hindernisse aller Art lauern bis ins Ziel. Kraft, Ausdauer, Geschicklichkeit und Schnelligkeit - all das sollte ein erfolgreicher Spartaner in sich vereinen.
Strafübung gehört dazu
Vor allem das Einteilen der Kräfte ist ein wichtiger Aspekt. Die Spartaner wissen ja nicht, welche Hindernisse auf sie zukommen. Außerdem gibt es Strafsätze, wenn ein Parcours nicht ordnungsgemäß absolviert wurde. "30 Strecksprünge mit Liegestütz muss man dann machen. Vor einem Course Marshall, der darauf achtet, dass man nicht schummelt. Mich hat es in Kitzbühel bei der Strohpuppe erwischt. Lächerlich, bei so einem leichten Hindernis, aber die Puppe war schon so zerschossen, dass mein Pfeil nicht steckenblieb sondern zurückfederte", erzählt Reisner. Man muss kein Couch-Potato sein, um sich vorzustellen, dass das frustrierend ist. Nicht aber für einen Spartaner. "Das gehört einfach dazu. Da muss man durch und weiter geht's. Mit so etwas darf man sich nicht aufhalten", sagt der Mürzsteger. Die Anforderungen erklären von selbst, warum die Athleten nicht viel zum Nachdenken kommen.
Stacheldraht und Schlamm
Kaum sind die Teilnehmer durch einen kalten Fluss geschwommen, schleppen sie Kübel mit Kies oder Eisenketten durch die Botanik. Danach robben sie unter einem Stacheldraht durch, laufen auf einen Berg, durchwaten ein Schlammbecken, hanteln sich über Holzgerüste, balancieren über Slacklines, klettern auf Seile, werfen mit Speeren oder tun sonst etwas völlig Abartiges - aus der Sicht von weniger sportlichen Menschen. Das Ganze passiert nämlich auch noch unter Zeitdruck.
"Ich habe insgesamt zweieinhalb Stunden gebraucht, und das ist für das erste Rennen gar nicht so schlecht", blickt Reisner zufrieden auf seine Leistung zurück. Bei den Männern wurde er 49. in seiner Klasse. Gesamt ergab das Rang 52. Und das bei mehr als 1.000 Startern. Das ist wirklich keine schlechte Leistung für einen "Absolute Beginner", der seiner Meinung nach für diesen Spaß eigentlich viel zu schwer ist. Die schlanken Athleten mögen tatsächlich einen Vorteil haben, weil sie weniger Eigengewicht durchs Gelände wuchten müssen. Und trotzdem hat Reisner super abgeschnitten. Ähnliches hat er sich auch für Wiener Neustadt vorgenommen. Eigens trainiert hat er für das Rennen aber nicht.
Braucht er auch nicht, weil sich seine Freizeitgestaltung ohnehin wie das Workout eines Spitzensportlers liest. "Jede freie Minute, die ich nicht mit meinem Sohn verbringe, gehe ich Skitouren, Ski fahren, laufen, schwimmen und bergklettern. Letzteres bringt die meiste Kraft. Ich mache in den Bergen alles, was man dort machen kann, außer Paragleiten", lacht der steirische Landesbeamte im Straßendienst, der früher mit dem Vater auch viel Holz gemacht hat. Mit dem Nieder-alpl und der Veitsch vor der Haustür hat er im Naturpark Mürzer Oberland auch die idealen Trainingsbedingungen.
US-Marine ist bester Spartaner
Noch ein bisschen besser vorbereitet war der Sieger dieser Klasse in Kitzbühel: Robert Killian, seines Zeichens US-Marine und absoluter Vorzeigeathlet, mit vermutlich rund 30 Kilo weniger als Reisner. Genau eine Stunde war der US-Amerikaner schneller als der Obersteirer. Killian ist auch amtierender Weltmeister im Spartan Race.
Dieser Titel ist etwas ganz Besonderes, weil er nicht nur unter einer Handvoll Athleten ausgemacht wird. An den 200 Rennen in 30 Ländern nehmen rund eine Million Sportler teil. Spartan Race ist weltweit mittlerweile der prominenteste Veranstalter von Hindernisläufen. Auf Facebook erfreuen sich die Organisatoren an mehr als fünf Millionen Follower. Es ist also keine Übertreibung, wenn man von einem Hype spricht.
Das mag auch an der Inszenierung liegen. Bereits beim Start kreisen Hubschrauber. Riesige Fackeln speien Feuer in die Luft. Die Athleten fühlen sich wie Krieger im großen Kampf gegen die Hindernisse und sich selbst. Jeder für sich denkt wohl, etwas ganz Besonderes zu sein, wenn er hier durchkommt, und so ist es auch. Irgendwie zumindest. "Es ist super, gar keine Frage, und auch spektakulär, wenn man sich durch den Schlamm kämpft, aber es ist nichts, was nicht jeder kann, wenn er es möchte. Angst vor Dreck und Schweiß darf man halt nicht haben", erklärt Reisner.
Sport statt Tschick
Er selbst hat ein halbes Jahr vor dem Start in Kitzbühel im September 2016 am Tag noch mindestens eine Schachtel Zigaretten verputzt. "Da ist es mir mental nicht so gut gegangen, aber dann habe ich mich mit dem Sport aus dem Tief gezogen. Das hat mir richtig Kraft gegeben und getaugt. Durch ein Flugblatt bin ich dann auf das Spartan Race gestoßen und da hab' ich mir gedacht, dass das jetzt genau das Richtige für mich ist", erzählt der Naturbursch über seine Motivation an der Teilnahme.
Motivation ist generell etwas, das jeder mit an den Start bringen sollte. "Klar möchte man gut sein, aber gleich alles niederreißen zu wollen, das kann auch nach hinten losgehen. Ich bin von den letzten Reihen aus gestartet und habe dann meine Motivation daraus bezogen, als ich Teilnehmer um Teilnehmer überholt habe, und das ging relativ schnell", so Reisner, dessen absolutes Highlight die letzten Hindernisse vor dem Ziel waren. "Das waren die, die am meisten Kraft gekostet haben. Ich habe alle auf Anhieb geschafft. Da hört man dann auch schon die Anfeuerungsrufe vom Publikum aus dem Zielgelände. Das pusht noch mal zusätzlich und ist richtig geil", erklärt der Neo-Spartaner. Seine ersten Gedanken nach dem Zieleinlauf waren dann: "Gut ist es gegangen, unverletzt angekommen, passt!" So soll es auch in Wiener Neustadt sein.