Wiener Frauen zeigen gerne mal ihre Brüste

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Bela B von der Kultband Die Ärzte im Exklusiv-interview mit alles roger? Sein neues Album heißt Bastard.


Text: Roland Hofbauer

Sie gelten als Urgestein des deutschen Punk. Sehen Sie sich selber nach wie vor als Rebell, und wenn ja, gegen was rebellieren Sie noch?

Ehrlich gesagt geht es mir eigentlich wirklich gut. Die Leute lieben mich, wie ich bin, also gibt es wenig, gegen das ich rebellieren könnte. Anders ist es, wenn es gegen Rechtsradikalismus und Neonazis geht. Das wird für mich immer ein Grund sein, um dagegen aufzustehen. So wie jetzt gerade, wenn die AfD bei uns in Deutschland an Macht gewinnt.

 Wie schafft man den Spagat zwischen überzeugtem Punk und Kommerz?

Wenn eine Band ihr eigenes Ding gefunden hat und sich immer wiederholt, um lediglich Dienst am Kunden zu machen, und immer wieder das Gleiche tut, um Kohle zu kassieren, das ist Kommerz. Davon kann man ja bei mir nicht sprechen. Ich mache ja keinesfalls das, was von mir erwartet wird. Auf der anderen Seite haben Bands wie AC/DC, Motörhead oder die Ramones immer dasselbe gemacht und sind grade deshalb geil. Schwierig, aber ich würde mich definitiv nicht als Kommerzkünstler bezeichnen.

 Vermissen Sie die Zeit, als Sie es mit Ihren Liedern durchaus auf den Index schafften?

Das ist ja eine Weile her, und das war ja nicht beabsichtigt. Wir haben einfach gegen Straftatbestände verstoßen. Das ist ja heute nicht mehr so einfach. Heute stehen Aggro-Rapper mit irgendwelchen Arschfick-Songs auf dem Index. Wir haben immer wieder Leute vor den Kopf gestoßen und gerne provoziert, aber es war nie geplant, auf dem Index zu landen. Heute wird das mit Gewaltverherrlichung oder mit Nazi-Themen geschafft, da muss man nicht unbedingt mitziehen.

 Ihr neues Album Bastard ist eine Hommage an die Spaghetti-Western der 60er und 70er. Wie kam es dazu?

Wir haben ein Hörspiel gemacht auf der Basis eines Spaghetti-Western, und dazu habe ich mit Peta Devlin und Smokestack Lightnin' einige Songs geschrieben. Das Ergebnis gefiel uns so gut, dass wir noch ein paar Songs hinzufügten, und fertig war das neue Bela-B-Album, passenderweise Bastard genannt.

 Hörspiele, Augsburger Puppenkiste, Filme, Comic, Sprecher der Elvis-Biografie, unglaublicher Musiker - was kann ein Bela eigentlich nicht?

(lacht) Da muss ich ernsthaft überlegen, eventuell werd' ich kein Trapezkünstler mehr. Ich kann sogar ein wenig Westernreiten, da war ich früher einmal ganz gut, da fehlt mir nur ein bisschen die Übung. Aber es gibt einen Haufen Dinge, die ich nicht kann.

 Wann wird es das nächste Album der Ärzte geben oder konzentrieren Sie sich auf die Schauspielerei?

Wir haben uns getroffen und viel über die Vergangenheit geredet. Im Moment ist das Bedürfnis wieder loszulegen noch nicht so groß, aber wir sind wieder einmal gemeinsam rumgehangen. Das haben wir die letzten beiden Jahre nicht so häufig gemacht. Wir haben zwar ständig telefonischen Kontakt, aber sehen uns nicht so oft. Außer im letzten August bei einem Überraschungsauftritt. Da gibt es in Deutschland ein Nazidorf. In dem wohnen bis auf ein Ehepaar nur Neonazis. Und dieses eine Ehepaar macht in ihrem Garten jedes Jahr ein Festival gegen Rechts, das heißt Rock den Förster. Dort habe ich letztes Jahr mit der Band Danubes Banks gespielt und hab Rob und Farin gefragt, ob sie dort getarnt hinkommen und sie mit mir dann als Überraschung Schrei nach Liebe spielen würden. Ich bin ganz stolz auf die beiden, dass sie sofort zugesagt haben, und die Nazis haben sich schätzungsweise etwas geärgert.

 Sie engagieren sich seit jeher für Tiere und gegen Nazis. Wie politisch aktiv sind Sie aktuell?

Das ist immer ein Balanceakt als Musiker, denn ich möchte nicht den Eindruck erwecken, über mein Engagement mein neues Album zu promoten. Ich bin Mitbegründer der Viva_con_Agua-Stiftung. Den VcA-Verein gibt es übrigens auch in Österreich. Wir setzen uns für freies Trinkwasser auf der ganzen Welt ein. Ich unterstütze gerade ein mobiles Krankenhaus, das in Syrien und im Nordirak aktiv sein wird. In Zeiten wie diesen muss man Positives tun und nicht nur gelähmt auf den Zustand der Welt und besonders gerade auf Amerika schauen und sich denken: Wie kann so ein Typ mit so einer Frisur Präsident werden, haha.

 

Wie sehen Sie die politische Entwicklung in Europa, Deutschland und Amerika?

Wichtig ist, man darf nicht zusehen, man muss wählen gehen und sich möglichst auch engagieren. Was passiert, wenn man sein Wahlrecht nicht in Anspruch nimmt, sieht man ja jetzt in den USA, wo ein Irrer mit gerade mal 25 Prozent der Stimmen Präsident geworden ist. Ein positives Beispiel war die Wahl des österreichischen Bundespräsidenten. Da waren wir alle sehr überrascht und froh, dass sich so viele am Riemen gerissen haben und zur Wahl gegangen sind, um den FPÖ-Kandidaten zu verhindern.

 Als Comicfan bin ich auch ein Sammler von Deathdealer, Faust und Satanika gewesen, es war sehr schade dass Sie EEE Comics geschlossen haben. Sind Sie selber noch aktiv als Autor und Sammler?

Meinen Verlag habe ich schon 2007 geschlossen, das war ein reines Minusgeschäft, das ich immerhin 10 Jahre durchgezogen habe. Leider bin ich damals innerhalb der Comicszene angefeindet worden als der Typ mit seinem Steuerabschreibungsprojekt. Heute bin ich nur noch Leser und Sammler.

 Sie gelten als sehr charismatischer Schauspieler, wie schaut es aktuell mit großen Filmen oder Rollen aus?

Ende letzten Jahres habe ich eine große Nebenrolle in einem Kinofilm gespielt. Außerdem habe ich noch einen Rabbi in einem Film über die Machtergreifung Hitlers gegeben. Beide Projekte werden nächstes Jahr erscheinen. Ich würde gerne mal wieder in einem richtigen Horrorfilm mitspielen, aber davon werden in Deutschland kaum welche gedreht, und wenn, meist in der Undergroundszene.

 Von Ihren Bandkollegen sind Sie laut einer Umfrage unter unseren weiblichen Redakteurinnen der mit Abstand damengängigste. Wie sieht es denn mit weiblichen Fans und eindeutigen Angeboten auf Tour aus?

(lacht) Das ist eine sehr indiskrete Frage, aber gut. Ich habe das Gefühl, wenn ich solo unterwegs bin, habe ich einen doch sehr hohen weiblichen Publikumsanteil. So Blicke und Flirtereien erreichen mich dann schon, mehr aber nicht. Ich verbringe die Zeit nach den Konzerten meist mit meiner Band, weil wir mit dem Nightliner schon unterwegs in die nächste Stadt sind. Ich bin da eigentlich für die Damen nicht so einfach zu erreichen. Ich bin auch nicht viel privat unterwegs. Das liegt aber auch daran, dass ich sehr viel erkannt werde und selten mal in Ruhe einen trinken gehen kann. Aber die Mädchen aus deiner Redaktion können gerne einmal bei einem Konzert vorbeischauen. Wien hat sehr schöne Frauen, die seltsamerweise der Band auf der Bühne gern mal ihre Brüste zeigen.(lacht) Das wird Peta weniger erfreuen.

 Sie haben einen achtjährigen Sohn, aber viel mehr ist von Ihrem Privatleben nicht bekannt. Wie wichtig ist Ihnen Ihre Privatsphäre?

Was ich zu sagen habe, sage ich auf der Bühne und in meinen Songs. Ich brauche einen Rückzugsort, der ist mein Privatleben.

 In den Liedern "Männer sind Schweine" und "Manchmal haben Frauen ..." kriegen die Männer eins übergezogen. Wann gibt's endlich einmal einen Song über den Wahnsinn und die Bösartigkeit, die in so vielen Frauen schlummert?

Gute Idee eigentlich (lacht). Aber das überlasse ich anderen, mit dem Finger auf das schöne Geschlecht zu zeigen. Wir hatten mit den Ärzten in den 80ern einmal das Image, wir würden frauenfeindlich sein, aber der Eindruck hat sich ja Gott sei Dank verflüchtigt.

 Stimmt es eigentlich, dass Sie Polizist werden wollten? Haben Punks nicht eher ein angespanntes Verhältnis zur Polizei?

Ich war 15, Punk gab's noch nicht in meinem Leben. Ich musste mich für einen Beruf entscheiden. Ich hatte meine Punk-Epiphanie und nach zwei Wochen habe ich gekündigt. Viele meiner Freunde waren dann Hausbesetzer und ich war blöderweise zwei Wochen Polizist. Das war aber aus heutiger Sicht eine gute Erfahrung für mich und ich gehe sehr offen damit um.

 Was sind die nächsten Pläne, und ganz wichtig: Wann sind Sie in Österreich mit Bastard auf Tour?

Das weiß ich noch nicht, aber spätestens im Herbst will ich auf Tour gehen. Aktuell sind wir mit dem Hörbuch unterwegs. Aber ich komme definitiv nach Wien und dann in deine Redaktion, um mit euren Damen einen Tee zu trinken.

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