Die österreichische Politiklandschaft ist in Unruhe wie schon lange nicht mehr: ÖVP und Grüne wechselten ihre Spitzen aus, am 15. Oktober gibt es Neuwahlen. Die Frage ist, ob die Österreicher wieder auf Rot-Schwarz und damit auf eine EU- und einwanderungsfreundliche Politik ohne direkte Mitbestimmung setzen. Wahlkampftricks sind vorprogrammiert. Ob die FPÖ wirklich dagegenhalten kann, wird sich zeigen.
Text: Klaus Faißner
Der Heilsbringer ist da. Zumindest, wenn man den regierungstreuen Medien glauben darf. Denn laut diesen ist vor wenigen Wochen der "schwarze Messias" erschienen. Mit bürgerlichem Namen heißt er Sebastian Kurz. So wie der "rote Messias" exakt ein Jahr zuvor Christian Kern hieß. Lebenserfahrung braucht man keine mehr, um mit dem Heiligsten der Christen gleichgestellt zu werden. Gute Taten fürs Land auch nicht. Von Wundern ganz zu schweigen. "Smart, elegant und eloquent", so bezeichnete die Deutsche Presseagentur (dpa) Kern. G'scheit, fesch und g'wappelt muss man also sein. Für das deutsche Handelsblatt ist Kurz schlicht "ein Kommunikationstalent".
Inhalte? Die stören da nur. "95 Prozent der Politik besteht aus Inszenierung", sagte Kern vor einigen Monaten im ORF-Radio. Dass der Staat über beide Ohren verschuldet ist, sich Österreich trotz latenter Kriegsgefahr von der Neutralität verabschiedet hat, einige Asylanten Mädchen und Frauen als Freiwild betrachten, das Brüsseler Diktat für viele unerträglich oder die Arbeitslosigkeit anhaltend hoch ist, scheint kein Thema zu sein. Soll es auch nicht. Denn sonst würde offensichtlich, dass Rot und Schwarz am Ende sind.
Grün ebenso. Auch hier wurde ein Gesicht ausgetauscht, das in der Bevölkerung unbeliebt war. Laut einer Umfrage von April hätten nur drei Prozent der Wähler bei einer fiktiven Direktwahl zum Bundeskanzler bei Eva Glawischnig das Kreuz gemacht. Mit ihr war die Partei zuletzt auf unter zehn Prozent abgestürzt. Glawischnig nannte vor allem gesundheitliche Gründe für den Rückzug. Bei der Aufzählung der Erfolge erklärte sie, dass nun "der erste grüne Präsident Europas" im Amt sei. Bei der Kandidatur hatte Van der Bellen noch als unabhängig gegolten. Eine Kurskorrektur ist jedoch auch bei der neuen Parteispitze nicht in Sicht. Gender- und Verbotswahn werden weiter auf der Agenda bleiben, ebenso wie die Zustimmung zur Masseneinwanderung und Ablehnung der direkten Demokratie. Und die Neos? "Sein oder Nichtsein?", lautet hier die Frage. Eine Frage, die sich beim Team Stronach laut Umfragen gar nicht mehr stellt.
Liste Kurz lange geplant
Über wirklich hohe Beliebtheitswerte in der Bevölkerung verfügt bei den "Systempolitikern" nur Sebastian Kurz. Das will dieser nun für sich - und seine ÖVP - nutzen und brach nach langer Vorbereitungszeit Neuwahlen vom Zaun. Als "Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei" wird er antreten. "Österreich" hat er dabei weggelassen. Der Mief der Verliererpartei, die bei der Bundespräsidentschaftswahl nur elf Prozent der Stimmen bekam, soll weg. Schon im September des Vorjahres verhandelte Kurz mit den Neos über die Gründung einer gemeinsamen Plattform für die nächste Wahl. Mit an Bord hätte auch die Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss sein sollen, wie die Tageszeitung Die Presse berichtete. Demnach wären die Neos bereit gewesen, auf eine eigenständige Kandidatur zu verzichten und mit Kurz gemeinsame Sache zu machen - allerdings hätte nicht ÖVP draufstehen sollen. Der Plan zerschlug sich, doch Kurz sagte damals schon in einem Fernsehinterview eine Neuwahl "möglicherweise im Herbst 2017" voraus.
Die Internetadressen für die "Liste Kurz" wurden schon am 20. März dieses Jahres regis-triert. Aber nicht aus dem ÖVP-Umfeld von Kurz, sondern von Douglas Hoyos, dem Chef der Neos-Jugendorganisation Junos. Überhaupt ist das Interesse von Kurz an den Neos - die laut Umfragen bei der kommenden Wahl ums Überleben ringen könnten - groß. Was Neos-Parteiobmann Matthias Strolz veranlasste, wütend zu twittern: "Und Sebastian Kurz, hör endlich auf unsere Leute durchzutelefonieren." Dies sei "schamlos & intrigant, wie gegen Mitterlehner". Kurz schaffte es in den sechs Jahren als Regierungsmitglied, "seine" Junge Volkspartei (JVP) als sehr starken Rückhalt aufzubauen. Wie groß das Selbstvertrauen ist, zeigten die sieben Forderungen, die Kurz als Voraussetzung für die Übernahme der Obmannschaft vorlegte: Sie sollten ihm fast diktatorische Freiheiten geben, wie Kritiker meinen. Es ging ausschließlich um Kompetenzen, Themen oder Inhalte führte Kurz keine an.
ÖVP gegen Kurz-Ideen
Kurz schafft es wie kein zweiter, seine wirklichen Inhalte und Ziele zu vernebeln. Vielen potenziellen FPÖ-Wählern erscheint er als "sanfte Alternative" zu den Freiheitlichen - auch, weil er ein Thema nach dem anderen übernahm. "Früher wollten Kern, Kurz und Co. möglichst weit weg von mir sein. Jetzt wollen sie so sein wie ich", erklärte FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache Ende März. SPÖ und vor allem Kurz und die ÖVP würden als "falsche, billige Kopie" der Freiheitlichen agieren.
Um dies zu beweisen, ließ die FPÖ daraufhin im Parlament über zahlreiche mediale Ankündigungen von Außenminister Kurz abstimmen, die ursprünglich FPÖ-Forderungen waren: vom Kopftuchverbot, eigenen Deutschklassen für Flüchtlinge, Kürzung der Kinderbeihilfe für manche Ausländer, Abbruch der Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei oder die Ablehnung von höheren EU-Beitragszahlungen nach dem Austritt Großbritanniens. Und tatsächlich: Die ÖVP lehnte geschlossen die Forderungen des nunmehrigen ÖVP-Chefs ab.
"An den Früchten werdet ihr sie erkennen", heißt es schon in der Bibel. Kurz ist wie Bundeskanzler Kern ein Globalist, der sich besonders über den Wahlsieg des Globalisten Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten freute und laut einem APA-Interview eine "ausgezeichnete Zusammenarbeit" erwartete. Die Übereinstimmung in der Frage der Rolle Österreichs in der EU betrage "100 Prozent". 100 Prozent? Van der Bellen tritt für einen EU-Zentralstaat in Form der Vereinigten Staaten von Europa ein - und damit für die Auflösung Österreichs als selbstständiger Staat.
Macron ja, Osteuropa nein
Da verwundert auch die Zufriedenheit nicht, die Kurz bei der Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Staatschef an den Tag legte: "Wichtig, dass Frankreich nun umfassende Reformen angeht", twitterte er. Auch Rothschild-Agent Macron tritt für einen EU-Zentralstaat ein (siehe Artikel in diesem Heft). Kurz weiter: "Brauchen ein proeuropäisches Frankreich, das an den notwendigen Veränderungen in der EU mitwirkt." Wirkliche EU-Kritik wird es unter Kurz also nicht geben, von einer Option auf einen EU-Austritt ganz zu schweigen. Auch ein Bündnis mit den Visegrád-Nachbarn Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen - etwa für eine gemeinsame Strategie bei der Einwanderung - kommt für ihn nicht in Frage.
Wie alles roger? berichtete, steht Kurz gerade bei der Zuwanderungsfrage für eine gänzlich andere Politik, als er sie verkündet, denn er ist Mitglied der einflussreichen Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR). Diese wurde 2007 von George Soros gegründet, einem der Lenker der Masseneinwanderung nach Europa, und Soros zieht bis heute im ECFR die Fäden.
Kern empfing Soros junior
Ebenso enge Banden mit Soros verbinden offenbar SPÖ-Chef Christian Kern. Schon kurz nach Übernahme der Kanzlerschaft empfing er in seinen Räumlichkeiten Alexander Soros, Sohn und einer der engsten Mitarbeiter von George Soros. "Der Hauptgrund für meinen kleinen Umweg nach Wien: ein sehr produktives Treffen mit dem sehr beeindruckenden und relativ neuen Kopf der österreichischen Regierung: Kanzler Christian Kern", postete dieser euphorisch auf Instagram. Vor wenigen Wochen erklärte Kern, die in Ungarn umstrittene Soros-Privatuniversität nach Wien holen zu wollen. Freunde lässt man nicht im Stich.
Doch auch bei ihm und der SPÖ ist angesichts der bevorstehenden Wahl die Verzweiflung groß. So hoffte Kern, als Pizzabote bei den Wählern punkten zu können. Aber anstatt einfacher Leute besuchte er auch Parteigenossen, wie die alternative Zeitschrift Info-direkt auf ihrer Internetseite aufdeckte. Das Werbevideo trage die Handschrift des israelischen Kanzler-Beraters Tal Silberstein, berichtete die Kronen Zeitung. "Denn von der Idee her ähnliche Kurzfilme gab es schon mit Israels Präsidenten-Legende Schimon Peres und Premierminister Benjamin Netanjahu."
Derselbe Tal Silberstein hatte laut Medienberichten auch die Idee gehabt, die SPÖ-Mitglieder im Herbst 2016 über das umstrittene EU-Kanada-Abkommen CETA abstimmen zu lassen. Nachdem 88 Prozent der Genossen Nein sagten, stimmte Kern in Brüssel dafür. Ob es auch Silbersteins Idee war, Kern als ÖBB-Chef zu raten, von September bis Dezember 2015 rund 300.000 großteils illegal eingereiste Asylanten zu transportieren und Quasi-Schlepperdienste zu leisten, ist nicht bekannt.
Alle Ankündigungen Kerns, eine neue Art der Politik zu produzieren, erwiesen sich als "Luftblasen", wie es Friedrich Rödler, ehemaliger Präsident des Österreichischen Patentamtes, ausdrückte. Einer der Einflüsterer Kerns ist Robert Misik von der Tageszeitung Der Standard. "Wenn die ultralinken Ideen von Misik Mainstream in der SPÖ werden, dann fällt die Partei auf zehn Prozent", zitierte der Kurier einen SPÖ-Funktionär aus einem Arbeiterbezirk. Jedenfalls führte Kern im Großen und Ganzen nicht nur die Politik seines Vorgängers Werner Faymann weiter, sondern auch die Medienmanipulation über Regierungsinserate: "Im Kanzleramt hat Christian Kern sogar die Bestechungsfreude seines Vorgängers noch übertroffen", hieß es beispielsweise im März in der Österreichausgabe der Neuen Zürcher Zeitung.
Würde Blau wieder einknicken?
Von Rot, Schwarz, Grün und Pink sind kaum Signale zu erwarten, dass es mit Österreich aufwärts gehen könnte - Vorschläge dazu liefert der Ressourcenökonom Heinrich Wohlmeyer nebenstehend. Ob die FPÖ große Versprechen wie die Umsetzung der direkten Demokratie nach schweizerischem Vorbild verwirklichen kann, bleibt abzuwarten. Schon vor knapp 20 Jahren lagen große Hoffnungen auf der Partei. Doch die Haider-FPÖ übernahm im Jahr 2000 weitgehend das fix-fertig ausverhandelte Regierungsabkommen von Rot und Schwarz, sodass sich im Land kaum etwas änderte. Schon zwei Jahre später war die FPÖ zu einer Zehn-Prozent-Partei geschrumpft, so sehr hatte sie die eigenen Wähler vergrault. Auch bleibt abzuwarten, welche neuen Parteien in den Ring steigen. Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient, heißt es. Die Österreicher haben es in der Hand zu zeigen, ob sie etwas Besseres verdienen oder nicht.