Hasenhüttl sucht ständig nach seinem Limit

Foto: Thomas Rodenbücher

Ich bin kein Wunderwuzzi, sondern Teamplayer


Text: Peter Linden

Eigentlich müsste Ralph Hasenhüttl jetzt nicht einer der erfolgreichsten Trainer in der deutschen Fußballszene sein, der Werbung für seine Heimat Österreich macht, sondern Förster. Denn das war das Ergebnis eines Berufseignungstests, zu dem ihn seine Eltern, die Tanz-Staatsmeister aus dem Jahr 1965, als Kind in Graz schickten. Als er mitunter auch ein fauler Kerl war, der dem Herrn Papa Sorgen machte. Aber so schlecht konnten die Noten gar nicht sein, der Fußball baute ihn immer auf. Bereits mit sechs Jahren ging es zum GAK. Dort blieb er bis 22, bis die Austria den 1,91 Meter großen Mittelstürmer, der es insgesamt auf acht Länderspiele brachte, nach Wien lotste. Dort war er fünf Jahre, unter anderem gemeinsam mit Köln-Trainer Peter Stöger Meister und Cupsieger. Zwei kritische Zeitgeister, die beim Trainer immer nachhakten und fragten, warum sie das denn jetzt machen sollten. Dann verbrachte er zwei Jahre bei Austria Salzburg und Otto Baric, und ging über Belgien (Mechelen, Lierse) nach Deutschland: 1. FC Köln, Fürth und Bayern Münchens Amateure, wo er mit 35 sich noch den Methoden eines Hermann Gerland, der als Trainer eine hohe Laufleistung verlangt, unterzog. Dort spielte er mit Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zusammen. 2004 war Schluss. In der Saison ermöglichte ihm Uli Hoeneß, damals Manager, jetzt Präsident, die Teilnahme an seinem ersten Trainerkurs. 2004 begann er in den Nachwuchsteams des Münchner Vororts Unterhaching, wo er noch immer wohnt, wohin er an freien Tagen noch immer die drei Autostunden zu Gattin Sandra fährt, die ihm immer prophezeit hatte: "Du wirst ein viel besserer Trainer werden als Spieler." 13 Jahre später schreibt der Steirer mit RB Leipzig Geschichte. Weil er mit dem Aufsteiger mehr Siege feierte als je zuvor einer in der Geschichte der deutschen Bundesliga, was ihn auch direkt in die Champions League führte. Das schaffte vor ihm nur ein ganz renommierter, berühmter Name: Otto Rehhagel 1998 mit Kaiserslautern. 

Vor Leipzig holte er beim VfR Aalen, wo in seiner Ära die Karriere von Kevin Kampl über Salzburg begann, und Ingolstadt aus wenig das Maximum heraus. Mit Aalen stieg er in die zweite Liga auf, mit Ingolstadt, das er als Letzten der zweiten Liga übernahm, in die erste. Die Erinnerung an Aalen ist noch eine andere: Der Hanta-Virus mit Fieberschüben, der seinen Körper auch im Krankenhaus verrücktspielen ließ. Zehn Kilo zugenommen, 15 Kilo weg, ein Monat außer Gefecht, Trainerkarriere in Gefahr. Nach Ingolstadts Aufstieg meldete sich erstmals Leipzigs Sportchef Ralf Rangnick bei ihm. Da wollte er den Klub nicht im Stich lassen. Nach dem souverän geschafften Klassenerhalt orientierte sich der 49-Jährige neu: Ein Treffen mit Rangnick am Ostersamstag im Gasthaus "Am Platzl" des Tiroler Grenzorts Lofer zahlte sich am Ende auch für Ingolstadt aus: 1,5 Millionen Euro für die Freigabe Hasenhüttls aus dem laufenden Vertrag, 750.000 Euro Nachschlag mit dem Sprung in die Champions League. Rangnick jubelt über den Glücksgriff Hasenhüttl.

"Man hat vom ersten Tag an gemerkt, dass es funktioniert" schwärmen Leipzigs Spieler von ihrem Trainer. Der für die kurzen Dienstwege von der Leipziger Wohnung ins 13.500 Quadratmeter große Trainingszentrum, zur wuchtigen RB-Akademie, die 33 Millionen Euro kostete, ein schwarzes Mountainbike bevorzugt. RB steht offiziell für RasenBallsport, gemeint ist Red Bull. Chef Didi Mateschitz bot Rahmenbedingungen, die es dem ehrgeizigen Hasenhüttl ermöglichten, in neue Dimensionen vorzustoßen. Er proklamierte sein Pressing- und Umschaltspiel, macht den nächsten Schritt: zum Coach eines Topteams. Er sieht es bescheiden: "Viele Dinge, die wir uns in Ingolstadt in zweieinhalb Jahren hart erarbeiten mussten, waren in Leipzig schon vorhanden. Mein Job war es, bestehende Automatismen mitzunehmen und sie zu verfeinern." Es gelang, womit er bewies, dass er es auch bei einem größeren Verein schaffen kann. Die Suche nach dem Limit, die Hasenhüttl nach Leipzig trieb, geht aber weiter: Champions League, erstmals Doppelbelas-tung: "Ich sehe meine Limits als Trainer noch nicht." Was er jetzt ist, sieht er als Produkt aller Erfahrungen, die er bisher als Spieler und Trainer machte: "Ich bin kein Wunderwuzzi, ich war immer ein Team-player". Der als Trainer immer allein zu seinen Klubs kam und dort das bestehende Trainerteam bald für sich gewann: "Vielleicht ist das auch eine Art von Qualität."

Die Befürchtungen, mit Hasenhüttl und Rangnick könnte ein Alphatier zu viel an Bord sein, bewahrheiteten sich nicht: "Mein Ziel war es immer, mit ihm ein Erfolgsduo zu bilden, das den Verein weiterbringt." Das gelang. Beide besprechen fast täglich alle Details, Hasenhüttl legt aber Wert auf klare Hierarchien, will bei sportlichen Fragen das letzte Wort haben. Keine Spur von Rangnicks Marionette, viel eher eine wichtige Ergänzung. Und so sagt Hasenhüttl über seinen Klub: "RB ist innovativ, bodenständig, modern und nachhaltig. Der Klub ist einfach sexy." Trotzdem blieb das Lieblingsgetränk das, mit dem er in Graz aufwuchs: Milch! Die verleiht ihm offenbar Flügel.

Hasenhüttl hat sein Glück in Leipzig gefunden, hat so viel Spaß, dass er sich im Moment keinen anderen Verein vorstellen kann. Obwohl er weiß, dass die Bayern auch in den nächsten Jahren Meister werden, wenn sie nicht etwas entscheidendes falsch machen werden. "Leipzig hat mich als Trainer besser gemacht. Hier ist jeder Tag spannend. Keiner weiß, wohin die Entwicklung führt." Entspannung vom aufreibenden Job findet er am Klavier, indem er auf den Tasten herumklimpert. Als Kind faszinierte ihn das Klavier der Oma. Jetzt hat er eines daheim in Unterhaching und eines in Leipzig. Schön, um abzuschalten. Mit einer Leise-Spiel-Funktion, um die Nachbarn nicht zu stören: "Ein Virtuose bin sicher nicht." Eher auf der Bank als Trainer.

 

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