In den vergangenen Jahrzehnten sind den Altparteien SPÖ und ÖVP die Wähler in Scharen davongelaufen. Erklärungen dafür gibt es viele, hier sind drei davon.
Kommentar: Karl Wiener
1.) Die Mehrheit der roten und schwarzen Abgeordneten vertreten nur mehr Funktionärsinteressen. Die Anliegen ihrer Wähler sind ihnen egal. Schaut man sich die Lebensläufe und die Karrierewege der einzelnen Abgeordneten an, so fällt auf, dass die wenigsten von ihren Wählern abhängig sind. Die überwiegende Anzahl der im Parlament sitzenden Volksvertreter der SP/ÖVP kommen aus "geschützten Werkstätten". Damit bezeichne ich die Kammern mit Zwangsmitgliedschaft, die Gebietskörperschaften, Sozialversicherungen und Krankenkassen, Gewerkschaften und staatsnahe Unternehmungen.
Viele Kammerfunktionäre machen Politik für sich selbst und ihre Haberer, bevor sie auch nur irgendetwas für ihre Zwangsmitglieder machen, - weil es derselbe Aufwand ist, aber das eigene Hemd ihnen näher ist als der Rock des Zwangsmitgliedes. Das Zwangsmitglied kann nicht aus der Kammer austreten. Wenn der Parlamentarier das einmal kapiert hat, ist diesem das "Land, in dem Milch und Honig fließen" gewiss. Drastisch drückte es Anfang Juni der ehemalige Vizekanzler und Finanzminister und heutige Industrielle Hannes Androsch in der Tageszeitung Die Presse aus: "Die Gravitationszentren der Entscheidungen liegen längst nicht mehr in der Regierung und dem Parlament sondern bei Ländern und Sozialpartnern." Letztere bezeichnete er als "Sozialverhinderungspartner".
2.) Die Verfassung ist ausgehebelt: Die Idee Hans Kelsens - dem Vater der österreichischen Verfassung -, eine Verfassung einer parlamentarischen Präsidentschaftsrepublik zu schaffen, ist ad absurdum geführt. Und das nicht nur wegen der drolligen, aber dafür völlig unnötigen Wortspenden des erst seit kurzem amtierenden Vertreters der Gutmenschen in der Hofburg. Der einfältige Wähler kann wählen wie er will, wenn SP/ÖVP draufsteht, ist "Kammern- oder Institutionsdiktat" drinnen. Es bestimmen jene, die gar nicht zur Wahl standen.
3.) Saftige Erhöhung der Parteienförderung: Eher still und leise, dafür so sicher wie das Amen im Gebet, wird auf ein Gesetz niemals vergessen: Die jährliche Indexanpassung der seit langem viel zu hohen Parteiförderungen. Klar, die Parteien spüren, wie jeder Österreicher, wie das Geld jedes Jahr an Kaufkraft verliert. Und zwar nicht nur die wenigen 1,2 oder 1,4 Prozent, die die staatsnahen Institutionen politwirksam verkünden. Es sind Steigerungen bei Lebensmitteln oder Gebühren der Länder und Gemeinden von eher fünf Prozent oder mehr, die jedes Jahr den Wert unseres schwer verdienten Geldes vermindern. Daher erhöht Rot-Schwarz die Parteienförderung jedes Jahr saftig. Und wie schaut's beim Wähler aus? Eine Inflationsabgeltung bei der Lohn- und Einkommensteuer wird uns schon seit Monaten und Jahren in Aussicht gestellt. Aber leider, geht nicht: Einmal ist die ÖVP dagegen, weil die Reichen nicht so behandelt werden wie die Armen. Dann die SPÖ, weil die Armen so behandelt werden wie die Reichen. Das ist kein Zufall. Da steckt "Funktionärsdiktat" dahinter. So funktioniert Demokratie der SPÖ und ÖVP.