Kärntner Abwehrkampf Heldengedenken am 10. Oktober

Foto: KAB-or
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Mit dem Ende der Habsburger-Monarchie 1918 brach für Kärnten bis 1920 eine sehr leidvolle und opferreiche, aber auch heldenhafte Zeit an. Erfolgreicher Abschluss war die Volksabstimmung, als sich die Mehrheit zu Österreich und gegen Jugoslawien bekannte. Dementsprechend gedenken die Kärntner am Tag der Volksabstimmung, dem 10. Oktober, ihrer Vorfahren.


Text: Helmut Neuhold

 Kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs drangen am 5. November 1918 slowenische Truppen und jugoslawische Gendarmen in Kärnten ein. Die Jugoslawen beanspruchten große Gebiete Kärntens, inklusive Klagenfurt und Villach, für ihren neuen SHS-Staat, dem Staat der Slowenen, Kroaten (Kroatien = Hrvatska) und Serben. Die slowenischen Einheiten besetzten Teile Südostkärntens, während die jugoslawische Gendarmerie in das Rosen- und das untere Gailtal einrückte.

Unter anderem wurden die wichtigen Orte Ferlach und Völkermarkt sowie Lavamünd und St. Paul im Lavanttal

besetzt. Die Kärntner Landesregierung sah sich in Klagenfurt gefährdet und flüchtete nach Spittal an der Drau. Die Aufregung und die Angst vor den jugoslawischen Truppen waren groß, zumal man ihnen wenig entgegenzusetzen hatte. Große Teile der Kärntner Bevölkerung waren aber rasch bereit, Widerstand zu leisten.

 Von Wien im Stich gelassen

Als die provisorische Landesversammlung Kärntens über den bewaffneten Widerstand beriet, kam aus Wien der dringende Rat, diesen zu unterlassen. Immerhin lieferte der SHS-Staat Lebensmittel an die hungernde Hauptstadt. In Wien hatte man große Angst, dass ein Wegfall dieser Lieferungen die allgemeine Not nur noch verschlimmern würde. Letztlich beschloss die von "Landesverweser" Arthur Lemisch geleitete provisorische Landesregierung Kärntens am 5. Dezember 1918 den bewaffneten Widerstand, um einem weiteren Vormarsch der an Zahl und Ausrüstung weit überlegenen Gegner Einhalt zu gebieten. Militärischer Führer des Abwehrkampfes war Oberstleutnant Ludwig Hülgerth, der die Funktion eines Landesbefehlshabers innehatte, während Oberleutnant Hans Steinacher als Truppenführer agierte. Besonders in den gefährdeten Gebieten bildeten sich sogenannte "Heimwehren", die zu einem großen Teil aus altgedienten Weltkriegssoldaten bestanden. Große Teile der Kärntner Slowenen standen an der Seite der Österreicher und viele beteiligten sich auch am bewaffneten Widerstand. An das Wirken Ludwig Hülgerths, der

später Landeshauptmann und österreichischer Vizekanzler wurde, erinnern heute in Kärnten unter anderem Straßenbenennungen und Denkmäler.

 Jugoslawen überrascht

Nach Beginn der Kämpfe im Gailtal konnte am 5. Januar 1919 Arnoldstein zurückerobert werden. Die Abwehrkämpfer drangen auch ins besetzte Rosental ein und nahmen Ferlach in ihren Besitz. Die Jugoslawen waren überrascht über den kämpferischen Elan der Kärntner, die nun nach und nach auch etwas Unterstützung aus Wien erhielten. Nachdem die in Bedrängnis geratenen SHS-Truppen am 14. Januar einem Waffenstillstand zustimmten, beschäftigte sich eine Kommission der Siegermacht USA vor Ort mit den Gebietsansprüchen der Jugo-slawen. Ihr Verhandlungspartner war der den Österreichern feindlich gesinnte slowenische General Rudolf Maister, ein ehemaliger k. u. k. Hauptmann. Er entstammte einer deutschsprachigen Familie und brachte es dann zum slowenischen Nationalhelden. Die Kommission anerkannte letztlich die Karawanken als Südgrenze Kärntens.

 Weitere Kämpfe

Das missfiel Jugoslawien, weshalb SHS-Truppen am 29. April 1919 den Waffenstillstand brachen. Aber die Kärntner waren gut vorbereitet und blieben erfolgreich. Dieser militärische Triumph sollte jedoch nicht von langer Dauer sein. Der fanatische General Maister, der auch für das Massaker am "Marburger Blutsonntag" mit 13 toten und 60 verletzten deutschen Demonstranten verantwortlich war, hatte in der Untersteiermark eine brutale und kompromisslose Slawisierung betrieben und hatte mit Kärnten dasselbe vor.

Am 28. Mai marschierte er, verstärkt durch serbische Truppen, in Kärnten ein. Durch die nunmehr überlegene Streitmacht konnte er am 6. Juni Klagenfurt besetzen und die Landesregierung musste wieder nach Spittal an der Drau flüchten. Diese Aktion rief nun doch großen Unmut bei den Alliierten hervor, weshalb Maister seine "Eroberung" am 18. September 1919 wieder aufgeben musste.

Besonders erbost zeigten sich Maister und seine Gefährten über die durch den Vertrag von Saint-Germain bestimmte Volksabstimmung. Diese wurde für den 10. Oktober 1920 anberaumt. Südkärnten blieb weiter von SHS-Truppen besetzt. Beide Parteien zogen bei der Propaganda für die Abstimmung alle Register. So war auf einem jugoslawischen Plakat zu lesen: "In Jugosla-wien hat der Bauer das Sagen, in Deutschösterreich haben es die Juden und die Barone!"

 Kärntner Slowenen für Österreich

In der "Zone A", die immerhin einen slowenischen Bevölkerungsanteil von etwa 70 Prozent aufwies, stimmten 59 Prozent für den Verbleib bei Österreich. Damit hatte sich auch etwa jeder zweite Kärntner Slowene in diesem Gebiet für Österreich ausgesprochen. Die Slowenen sahen sich in ihren kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen voll in Kärnten integriert. Auch spielten Unterschiede in religiöser Hinsicht, der Mentalität und die eindeutig offenere demokratische Staatsform Deutschösterreichs eine Rolle für ihre Wahl.

Durch dieses Ergebnis entfiel die Abstimmung in der sogenannten "Zone B", die auch Klagenfurt umfasste. Trotz der Volksabstimmung war einiger diplomatischer Druck notwendig, um die SHS-Truppen zum Abzug aus den jetzt festgelegten Grenzen Österreichs zu bewegen. Dies geschah dann bis zum 22. November 1920, nachdem die "Zone A" schon am 18. November unter österreichische Verwaltung gelangt war. Erst ab diesem Zeitpunkt kann man wieder von der Souveränität Österreichs im gesamten Kärnten sprechen. Unter Betrachtung dieser geschichtlichen Ereignisse sind gewisse antislowenische Vorbehalte auch im heutigen Kärnten wohl eher verständlich.

 Selbstbestimmungsrecht

Letztlich blieb die Kärntner Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 einer der wenigen Fälle des "Selbstbestimmungsrechts der Völker", das der amerikanische Präsident Woodrow Wilson 1918 eigentlich für alle verkündet hatte und das heute im Völkerrecht verankert ist. Zwei Wochen vor der Volksabstimmung hatte übrigens die Kärntner Landesversammlung verkündet, dass sie die "sprachliche und ihre nationale Eigenart [der Slowenen] jetzt und alle Zeit wahren" wolle, was auch heute noch zu Kontroversen führt.

Ohne Volksabstimmung fiel laut dem Vertrag von Saint-Germain das Kanaltal an Italien und das Mießtal, Unter-drauburg sowie die Ortschaft Seeland an das SHS-Königreich. Sie sind heute Bestandteil Sloweniens. Der Kärntner Abwehrkampf ist heute ein wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses und des Stolzes der Kärntner. Ohne den entschlossenen Widerstand gegen die jugoslawischen Truppen wäre heute ein großer Teil des Kärntner Territoriums slawisiert und dessen deutschsprachige Volksgruppe hätte wahrscheinlich ein genauso schlimmes Ende genommen wie die Sudetendeutschen oder gar die 500.000 "Jugoslawiendeutschen" (Donauschwaben), von denen viele nach 1945 abgeschlachtet wurden.

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