Meine sehr geehrten Leserinnen und Leser, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir wird die Welt langsam zu sicher.
alles roger?-Kolumne von Gabriela Benesch
Egal wo ich hingehe, egal wo ich anrufe, egal was ich mache, überall muss ich mich ausweisen, einen Pin-Code eingeben, mein Passwort wissen, den Benutzernamen eintippen, mein Geburtsdatum nennen, den ledigen Namen meiner Großmutter angeben und das Lieblingsfutter meiner Katze verraten.
Aber was soll's, es dient ja alles meiner Sicherheit!
Wenn ich am Bankschalter einen 100-Euro-Schein in zwei Fünfziger wechseln will: Nummer ziehen, anstellen, Pass-Kontrolle, Kopie der Transaktion mit Unterschrift. Dauer: 15 Minuten.
Wenn ich am selben Schalter eine Bar-Einzahlung ins Ausland tätigen will: Nummer ziehen, anstellen, Passkontrolle, Kopie der Transaktion und eine Spesenzahlung für die Bareinzahlung der Einzahlung in bar. Dauer: 30 Minuten, Kosten: zehn Euro.
Wenn ich umgekehrt am selben Schalter Bargeld beziehe, zeigt der Angestellte mir weder seinen Pass, noch erfahre ich den Namen seiner Großmutter, geschweige denn, was seine Katze zum Frühstück frisst. Ich überlege mir, ob ich das nächste Mal nicht gleich die Bank überfalle. Da krieg ich mein Geld schneller und mit dem Strumpf überm Kopf bleibe ich anonym.
Neuer Schlüssel, altes Auto
Apropos Überfall: Ich hab' jetzt einen neuen Hausschlüssel. Ein absolut einbruchsicheres Schließsystem. Wohnungstür, Haustür, Kellertür, Haustor, Garagentor, Briefkasten - alles mit einem einzigen Schlüssel. Hat mich ein Vermögen gekostet. Wenn ich den verliere, muss ich einen Kleinkredit aufnehmen und der ganze 14. Bezirk muss die Schlösser austauschen! Sicherheit hat ihren Preis.
Einzig meine Agenda und mein Auto geben mir noch ein wenig das Gefühl von Freiheit und Risiko. Ich fahre einen 25 Jahre alten Mercedes 180 C-Klasse. Null Elektronik und keine Warnsignale. Und ob ich mal angegurtet bin oder nicht, der Tank fast leer oder nicht, der Kofferraum und die Beifahrertür offen oder nicht und ob überhaupt jemand drinnen sitzt oder nicht, ist meinem Mercedes völlig wurscht - er quietscht zwar, aber er piepst nicht!
Einladung
Und falls Sie nicht mehr wissen, wie eine von Hand geschriebene Agenda mit Terminen und Notizen ausschaut, kommen Sie auf einen Kaffee vorbei. Aber Achtung! Wenn Sie bei mir klingeln, geben Sie bitte Ihr Kennwort ein, nennen Sie den ledigen Namen Ihrer Katze und verraten Sie mir, was die Großmutter zum Frühstück isst. Treten Sie dann zwei Schritte zurück und machen Sie ein neutrales Gesicht, denn da ist so eine Lichtschranke, kombiniert mit einer Gesichtserkennung. Die Tür geht erst auf, wenn ... Piiiiiiiep!
Alles zu Ihrer Sicherheit!