Text: Roland Hofbauer

Das erste angeklickte Video im Netz beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Vier vermummte Personen warten hinter einer Ecke auf einen herannahenden Einsatzwagen der Polizei. Als der in unmittelbarer Nähe ist, wirft einer der Hools einen Kanister mit Diesel, ein anderer schmeißt fast simultan einen Molotowcocktail, und so geht das Polizeiauto in Flammen auf. So oder so ähnlich sehen alle Bilder und Videos auf facebook von Athens Finest aus, hier wird die Gewalt gegen die Polizei geliebt und gelebt. Die Seite hat knapp 45.000 Fans und wird täglich bis zu 1000 Mal angeklickt.
Athens Finest ist eine Hooligantruppe der anderen Art, in der Szene wird sie auch als Vorreiter einer neuen Ära der Gewalt bezeichnet. Waren es früher gegnerische Hools mit denen sich die Firmen prügelten, so ist für Athens Finest die Auseinandersetzung mit anderen Gewaltfans maximal zweitrangig. Hier gibt es nur einen Feind, und das ist der Staat und die Polizei als sein verlängerte Arm, und der Feind wird bekämpft, wann und wo es nur geht. Bei einer Arbeitslosigkeit von 50,4 Prozent der 15- bis 24-Jährigen ist der Hass auf den Staat sogar irgendwie nachvollziehbar, das Ausmaß der Gewalt gegen die Polizei definitiv nicht.
Allein im Jahr 2015 forderte der Hooligankrieg mehr als 2200 Opfer, fast 360 davon waren Schwerverletzte. alles roger? sprach mit einem hochrangigen Mitglied von Athens Finest, Xanumitu S., über die Hintergründe, mögliche Ziele und ob es eine Grenze in der Gewaltspirale gibt.

Erklären Sie uns einmal die Logik hinter derartigen Gewaltakten?
Das ist ganz einfach, der Staat hier regiert nicht für das Volk, sondern für ein paar reiche Milliardäre und in die eigene Tasche. Hier werden arme Familien enteignet, wenn sie ihren Verpflichtungen dem Staat gegenüber nicht nachkommen und reiche Unternehmer, die dem Staat Millionen schulden, werden nicht angetastet. Wir von Athens Finest haben uns immer gerne geprügelt, vorzugsweise mit anderen Fans von verfeindeten Vereinen und nur im schlimmsten Fall mit der Polizei. Doch dann haben wir kapiert, dass der Staat der Feind ist und somit auch die Polizei. Sich gegen diese Schweine aufzulehnen, war die beste Idee, die wir je hatten.

Aber muss es denn diese unglaubliche Brutalität sein, steht das in einem Verhältnis?
Sie haben keine Ahnung mit welcher Brutalität die griechische Polizei gegen das Volk vorgeht. Da werden friedliche, gegen den Staat demonstrierende Menschen zusammengeschlagen, auch Frauen oder ganze Familien. Da verschwinden Regimegegner einfach für mehrere Wochen in Gefängnissen und werden dort gefoltert. Auch wenn wir viele dieser Bastarde verletzen, es werden immer zu wenige sein, verdient hätte es jeder einzelne Polizist.

Es ist Ihnen egal, ob dort Familienväter durch Ihre Brandanschläge fast verbrennen?
Glauben Sie, die kümmern sich darum, ob sie einem Familienvater bei einer gewaltsam aufgelösten Demo den Kopf einschlagen oder ihn arbeitsunfähig prügeln? Hier gilt nur ein Grundsatz: Das Polizistenschwein oder ich.

Aus welchen Menschen besteht die Gruppe, und was bezweckt sie eigentlich?
Wir sind eine Mischung aus alteingesessenen Ultras und aus sehr viel jungen Menschen, die vom Staat um ihre Zukunft betrogen werden. Wir Älteren hatten schon immer ein Problem mit der Polizei, auch von beiden Seiten sehr gewalttätig, aber das war Nebensache. Die Jungen hegen einen richtiggehenden Hass auf die Cops, das ist ein ganz anderer Level. Und das ist erst der Anfang. Unser Land wird ausgeblutet und scheibchenweise an China und sonst wen verkauft. Aber wir werden weiterkämpfen, solange auch nur einer von uns steht. Wir halten es nach dem Motto der Serie Narcos: Plata O Plomo, Silber oder Blei.