Held aus der zweiten Reihe

Foto: Getty Images

Egal, ob er die Mafia jagt oder selbst den Mafiosi gibt: Andy Garcìa zählt zu den eingängigsten Schauspielern der Traumfabrik. Auch wenn er selten in ganz großen Blockbustern zu sehen ist, gehört er zu den Besten seines Fachs. Wir hatten die Ehre mit dem gebürtigen Kubaner einen Talk über Vorurteile, Sean Connery und das Hollywood von heute zu führen.

Interview: Roland Hofbauer

In einem Interview sagten Sie einmal: Die besten Geschichten und Tragödien schreibt das Leben selbst und sicher kein Drehbuchautor. Trifft das auch auf Ihr Leben zu?
Definitiv ja, man muss sich meine Vita nur ansehen. Ich bin der überlebende Part eines siamesischen Zwillingspaares, mein Bruder oder meine Schwester war nur so groß wie ein Tennisball und wurden weggeschnitten. Ich war schon im Bauch ein Kämpfer, danach floh meine Familie aus Kuba und mein Vater machte sehr viel Geld mit Parfum. Ich wollte aber nicht in sein Geschäft einsteigen und hielt mich in LA mit schlimmen Jobs über Wasser. Ich habe alles gemacht, vom Kellnern bis zum Kloputzen. Ich wusste damals schon ich will nur eines werden: Schauspieler. Deshalb schloss ich mich einer Theatergruppe an und bald bekam ich auch erste Fernsehrollen.

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Woran liegt es, dass es manche in Hollywood schaffen, aber so unglaublich viele Schauspieler scheitern?
Es ist ein Zusammenspiel mehrerer Dinge, man braucht das notwendige Quäntchen Glück, muss permanent an sich arbeiten, muss Kritik annehmen und positiv verarbeiten, Rückschläge müssen dir einen Motivationsschub geben und dürfen dich nicht runterziehen. Aber das wichtigste sind Talent und Kampfgeist, denn wenn du schwaches Selbstvertrauen hast, bist du auch ein Schwächling im Leben, und glaub mir, dann frisst dich Hollywood mit Haut und Haaren.

Sie gelten als ein großer Charakterdarsteller, überzeugen in Thrillern und Gewaltmovies genauso wie in Komödien oder Romanzen. Was ist Ihr Geheimnis oder das Rezept, um glaubhaft rüberzukommen?
Ich lebe meine Rollen, ich schlüpfe in den Charakter und bin nicht mehr Andy. Ich spüre den Schmerz bei gewissen Szenen, die Wut, die Freude, und ich spiele mit meinem ganzen Körper. Eine Geste oder ein Blick kann oft mehr wiedergeben als ein ganzer Dialog. Wenn meine Fans und die Kritiker das sehen und mich deshalb lieben, dann habe ich schon alles erreicht, was ich will. Diese Anerkennung ist mir weit wichtiger als irgendwelche Auszeichnungen.

Sagen Sie das deshalb, weil Sie noch keine wichtigen Preise gewonnen haben?
Ob sie es glauben oder nicht, auch ich habe schon zahlreiche Preise bei Filmfestivals gewonnen und war auch schon für den Golden Globe und einen Oscar nominiert. Es lebt sich aber auch ohne große Auszeichnungen gut, das war nie mein Bestreben. Teilweise musst du dich dafür in gewissen Kreisen anbiedern und zu Kreuze kriechen und das überlasse ich gerne anderen. Ich habe mich selber immer ein wenig als Held aus der zweiten Reihe gesehen.

Die Zuseher lieben Sie, egal ob Sie einen Cop oder Mafiosi geben, Sie schaffen es immer die Sympathien auf Ihre Seite zu ziehen. Als Sie in Black Rain umgebracht wurden weinte und stöhnte doch jeder Kinobesucher weltweit auf, viele hätten es sogar lieber gesehen, wenn Michael Douglas ins Gras gebissen hätte. Ist so eine Reaktion eine Bestätigung Ihrer Arbeit?
Also erstens glaube ich nicht, dass irgendwer wollte, dass Michael in Black Rain draufgeht. Zweitens habe ich das Glück, dass meine Rollen immer sehr charismatisch angelegt sind, und ich dadurch sogar als mordender Pate gemocht werde. Und drittens gibt es nur eine Sterbeszene, die das Publikum wirklich erschütterte: als Sean Connery in Die Unbestechlichen brutal ermordet wurde. Da musste sogar ich fast heulen, als ich die fertige Szene das erste Mal sah. Mit ihm und Kevin Kostner zu spielen ist pures Dynamit, Leidenschaft, Hingabe und für jeden Actor ein ganz besonderes Privileg.

Was halten Sie von den aktuellen Filmen und Hollywood generell?
Die ganz großen Schauspieler gibt es nicht mehr, die richtig guten Filme werden immer seltener. So geniale Mimen wie Christopher Walken, Al Pacino, Robert De Niro oder Sean Connery gibt es einfach nicht mehr. Die meisten Typen haben
einen stählernen Body und den Rest erledigt die Technik und Darstellerinnen mit großen Brüsten. Das ist einfach keine Kunst, sondern kurzweilige Unterhaltung ohne Inhalt. Früher ist man nach einem Kinobesuch noch wachgelegen und hat über Dialoge und Wendungen im Film nachgedacht, heute hat man den Inhalt schon beim Aufstehen aus dem Kinosessel schon wieder vergessen, maximal die computergesteuerte Action bleibt kurzfristig im Gedächtnis. Wenn du heute fünf Leute fragst worum es im dritten Teil von Fluch der Karibik überhaupt gegangen ist weiß das keiner.

Letzte Frage: stimmt es eigentlich, dass Sie immer ein bisschen schummeln wenn es um Ihre Körpergröße geht?
Jeder schummelt doch bei irgendwelchen Angaben, bei Frauen ist es das Alter und das Gewicht, bei Männern der Kontostand und die Länge gewisser Teile. Aber ich mache so was nicht, ich bin 1,76 und damit basta. (lacht)

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