Wer immer nur fordert, der kriegt Probleme

Foto: APA
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Der Einstand für den neuen Teamchef Franco Foda ist mit einem Sieg gegen Uruguay positiv verlaufen. alles-roger?-Kolumnist Peter Linden zählt die Spieler- und Trainerstars auf, mit denen Foda schon gearbeitet hat, und erklärt seine Prinzipien.


Zum Einstand machte es der neue Fußballteamchef Franco Foda besser als Marcel Koller sechs Jahre zuvor, der damals 1:2 in der Ukraine verlor. 2:1 gegen Uruguay, wenn auch nur vor 11.700 Zuschauern im Happel-Stadion, was an eine Kulisse bei Heimspielen der Austria erinnerte. Weniger Zuschauer zum Team kamen in Wien zuletzt am 1. März 2006 beim 0:2 gegen Kanada mit 9.000 beim Beginn der zweiten Ära von Josef Hickersberger. Sah jedenfalls nicht nach großer Zustimmung zum neuen Teamchef oder gar einem Vertrauensvorschuss aus. Trotzdem absolvierte Foda den Interviewmarathon vor und nach seinem Debüt. Für nur acht Tage gemeinsame Arbeit müsse er mit einem Sieg gegen einen WM-Teilnehmer zufrieden sein, so glücklich dieser auch war. Aber er wisse, dass noch vieles besser werden muss. Darüber wird beim Wiedersehen im März 2018 geredet. Der Trainer von Sturm Graz weiß, was er wann sagen muss.

 Beckenbauer, Schuster, Löw

Erfahrung konnte Franco Foda schon in der aktiven Karriere sammeln, bei über 300 Matches in der deutschen Bundesliga. Er erlebte als Mitspieler Paradiesvögel wie Mario Basler und Wolfram Wuttke bei Kaiserslautern, bei Leverkusen Brasiliens späteren Teamkapitän Jorginho, den späteren Bayern-Star Paulo Sergio, die deutschen Stars Bernd Schuster, Ulf Kirsten, Andreas Thom, beim VfB Stuttgart Carlos Dunga, den späteren Teamchef Brasiliens, dessen auf Tore spezialisierten Landsmann Giovane Elber, den genialen Bulgaren Krassimir Balakov, Fredi Bobic, jetzt Sportchef bei Eintracht Frankfurt, und Weltmeister Thomas Berthold. Der Teamchef bei Fodas zwei Länderspielen für Deutschland hieß Franz Beckenbauer. Foda trainierte unter schillernden Persönlichkeiten wie Dragoslav Stepanovic in Leverkusen, gestandenen Persönlichkeiten wie Karlheinz Feldkamp in Kaiserslautern, lernte in Leverkusen als Co-Trainer den jetzigen Assistenten von Jupp Heynckes bei Bayern München, Peter Hermann, kennen, in Stuttgart Weltmeisterteamchef Jogi Löw.

 Drei Mal Meister mit Sturm

Zum Abschluss der Spielerkarriere in Graz bei Sturm dann den bewunderten Guru Ivica Osim. Fodas Erinnerungen an ihn lassen darauf schließen, wie Österreichs erster Teamchef aus Deutschland tickt: "Osim hat im Training extrem viel von uns verlangt, uns aber im Spiel vertraut und viele Freiheiten gewährt. Seine größte Stärke war es, uns machen zu lassen, was wir für richtig hielten." Er war ja auch Co-Trainer unter Osim, später dessen Nachfolger. Foda kann für sich in Anspruch nehmen, bei allen drei Meistertiteln von Sturm dabei gewesen zu sein: Bei zwei als Spieler, beim dritten vor sechs Jahren als Trainer.

So wie Osim damals hat Foda jetzt auch genug Spieler, die im Ausland Erfahrungen sammeln konnten. So wie Osim gilt der 51-jährige Mainzer als akribischer Arbeiter, der im Training kein Pardon kennt, unangenehm werden kann, wenn er merkt, dass einer nicht richtig mitzieht. Weil er der Meinung ist, dass man nur Tempo spielen kann, wenn man Tempo trainiert. Foda ist einer, der auf Seriosität großen Wert legt. Verhandlungen mit anderen Vereinen verriet er nie, schon gar nicht die Inhalte. Das empfindet er als stillos. Er ist keiner, der unbedingt moderne Trends mitmachen muss. Der es als "Energieraub" bezeichnet, sich mit den sozialen Medien zu beschäftigen.

 Prinzipien: Respekt und klare Linie

Foda wirkt durchaus sympathisch und gewinnend, wenn er seine Prinzipien erklärt:

> "Um einen Spieler zu verstehen, muss ich auch zuhören können. Psychologie ist wichtig. Man muss erkennen, wie man an Spieler herankommt. "

> "Mein Anspruch ist es, jedem zu erklären, warum er nicht spielt. Die sogenannten Ergänzungsspieler sind enorm wichtig. Ein respektvoller Umgang zählt bei mir zur Tagesordnung."

> "Taktisch variieren ist Pflicht. Scha­blone raubt Kreativität. Bei mir geht es zu 95 Prozent um die eigene Philosophie, fünf Prozent sind die Orientierung am Gegner."

> "Es wäre fahrlässig, nicht auf alle individuell einzugehen. Ein Kader besteht ja aus vielen verschiedenen Charakteren. Vom Satz, jeden Spieler gleich zu behandeln, halte ich nichts. Es gibt  Regeln, an die sich alle halten müssen. Aber jeder tickt anders, der eine braucht mitunter Gegenwind, der andere Zuspruch. Wer immer nur fordert, nie kommuniziert, der kriegt irgendwann Probleme."

> "Ich will alle von meiner Spielidee überzeugen, sie im Training dafür begeistern. Eine klare Linie ist wichtig, die sollte der Trainer mit Argumenten, Belegen und auch Überzeugung präsentieren."

> "Die Spieler dürfen während der Partie die Taktik ändern, sofern sie nicht die Grundordnung über den Haufen werfen, sondern lediglich Details ändern, wie die Interpretation einer Position. Ein Trainer kann ihnen nicht für jede Situation die passende Lösung liefern. Ich erwarte von ihnen, dass sie mitdenken. Offensivspieler müssen mehrere Positionen übernehmen können."

 Gerüchte

Variabel war dann Foda auch bei seinem Debüt. Was auffiel? Er stand vorne in der Coaching Zone "zentraler" als der Vorgänger aus der Schweiz. Die Aufstellung, die am Abend vor dem Match kursierte, unterschied sich von der tatsächlichen an drei Positionen. Und er bewies, das zu sein, was er von seinen Spielern fordert: variabel. Indem er zur Pause in der Kabine das System von 4-4-2 auf 4-2-3-1 änderte. Das Happy End gab ihm recht. Vorerst bis März. Gestandene Teamspieler irritierte Foda bei den Einzelgesprächen im Trainingslager Marbella, die rund 20 Minuten oder länger dauerten, doch einigermaßen. Indem er den Small Talk etwa gleich mit nicht gerade vorteilhaften Gerüchten eröffnete, die er über sie hörte. Die kursieren aber auch über den Teamchef.

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