Bei den meisten Österreichern ist das Gendern ähnlich beliebt wie eine Sommergrippe. Auch die Mehrheit der Frauen lehnen durchs Binnen-I unleserlich gewordene Texte ab. Dementsprechend großen Zuspruch erntete Verteidigungsminister Mario Kunasek, als er in seinem Ressort das Binnen-I kurzerhand entsorgte. Doch hinter der vermeintlichen Spinnerei von Feministinnen steckt eine gefährliche, teure und von oben aufgezwungene Ideologie.
Text: Klaus Faißner
Die Aufregung war groß, als Mario Kunasek (FPÖ) Ende Mai in seinem Verteidigungsministerium das Gendern per Erlass beendete. "Besonders wird darauf hingewiesen, dass das große I im Wortinneren (z.B. "StudentInnen") oder eine abgekürzte Nennung beider Geschlechter (z. B. "der/die Studierende") jedenfalls nicht anzuwenden sind!", hieß es darin. Gegenüber der Kronen Zeitung erklärte Kunasek: "Feministische Sprachvorgaben zerstören die gewachsene Struktur unserer Muttersprache bis hin zur Unlesbarkeit und Unverständlichkeit." Die Reaktionen seien unterschiedlich gewesen, erklärt Michael Bauer, Pressesprecher des Verteidigungsministeriums, gegenüber alles roger?: Auf Twitter mehrheitlich negativ, "bei den Leserbriefen ausschließlich positiv". Von den Frauen beim Bundesheer sei ihm keine einzige negative Reaktion zu Ohren gekommen. Das sogenannte Frauennetzwerk Medien verlieh hingegen Verteidigungsminister Kunasek das "Rosa Handtaschl", einen Schmähpreis: Es ortete einen "bewussten Backlash in der Frauenpolitik" - und das, obwohl das Verteidigungsministerium in Schriften weiter in erster Linie geschlechtsneu-trale Bezeichnungen vorsieht.
Wer kennt sie nicht, die kruden Ausdrücke der Gender-Sprache? Da ist von BürgerInnenmeisterInnen die Rede, sprach Eva Glawischnig von "Elterinnen und Eltern" oder heißt es in einem Deutschbuch (!) (Treffpunkt Deutsch) für die dritte Klasse AHS und Neue Mittelschule: "Arbeitet nun zu zweit. (...) Eine/r ist Zuhörer/in, der/die andere ist Vorleser/in. Eine/r liest den Abschnitt vor, der/die Zuhörer/in fasst das Gehörte zusammen. Der/die Vorleser/in muss angeben, ob die Zusammenfassung richtig war."
"Frauen sollen in der Sprache sichtbar gemacht werden", sagen GenderistInnen. Doch gerade mit diesem Argument vermitteln sie nicht viel Intelligenz, wie Kritiker feststellen: Denn sie zeigen dadurch, dass sie den Unterschied zwischen biologischem und grammatikalischem Geschlecht nicht kennen wollen. Der Mond ist kein Mann und die Sonne ist keine Frau. Niemanden störte es, dass Frauen bei der grammatikalisch männlichen Bezeichnung "Lehrer" ebenso miteingeschlossen sind wie Männer bei der grammatikalisch weiblichen Form "Person".
Mehrheit gegen das Gendern
Laut Umfragen wird das Gendern bei den Österreichern auch immer unbeliebter: Das Linzer Marktforschungsinstitut Spectra erhob im August 2017, dass nur sechs Prozent Binnen-I, Sternchen und Unterstrich ("Gender-Gap") als einen wichtigen Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau sehen - obwohl gerade das immer behauptet wird. 55 Prozent der Österreicher sieht im "Gendern" keinen einzigen sinnvollen Anwendungsbereich - das waren um acht Prozentpunkte mehr als 2015. Frauen und Männer hatten hier eine ähnliche Einstellung.
Doch die Meinung der Bürger stört die Vertreter des Gender-Mainstreaming kaum. Denn bei dieser Ideologie geht es auch um die Umerziehung der Menschen, wobei die Umgestaltung und Zerstörung der Sprache nur die Spitze des Eisbergs ist. Erstmals in der Geschichte der Menschheit soll das Geschlecht nicht mehr auf Grundlage objektiver Biologie (Mann und Frau) definiert werden, sondern als subjektives Gefühl.
Zerstörung als Ziel
Ziel des Gender-Mainstrea-ming ist somit die Dekonstruktion (= Auflösung) der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen in Mann und Frau, wie es die Erfinderin dieser Entwicklung, Judith Butler, formulierte. Je nach sexueller Orientierung - die veränderbar sei - gäbe es nicht zwei, sondern viele Geschlechter. Erst durch die Auflösung der Geschlechtsidentität emanzipiere sich das Individuum von der "Diktatur der Natur". Im Zentrum steht hier nicht die Mehrheit der Heterosexuellen, sondern Lesben, Schwule (englisch: Gays), Bisexuelle, Transsexuelle "Conchitas" und Intersexuelle ("Zwitter"), abgekürzt: LGBTI. Generell gilt: Es geht nicht um die Unterstützung von Frauen, sondern um die Zerstörung der Natur von Mann und Frau.
"Gender" war ursprünglich die englische Bezeichnung für das grammatikalische Geschlecht. In Bezug auf den Menschen wird "Gender" als "soziales" beziehungsweise "anerzogenes" Geschlecht und damit unabhängig vom biologischen Geschlecht gesehen. "Mainstreaming" heißt "in den Hauptstrom bringen". So soll das "Gender-Thema" bei allen politischen Entscheidungen und darüber hinaus zentral berücksichtigt werden. Still und heimlich trat es so den Siegeszug zuerst durch UNO sowie EU und dann durch nationale Gesetze an, ohne dass "normale Menschen" davon etwas mitbekamen.
Ehe und Familie als Feinde
Die Ideen eines Perspektivenwechsels, auch durch eine drastische Veränderung der Sprache, stammen ursprünglich aus der berüchtigten "Frankfurter Schule". Ihren Führern wie Herbert Marcuse ging es darum, sämtliche Schranken des sexuellen Triebes niederzureißen und die traditionelle Familie, die Ehe und letztlich auch das Geschlecht zu bekämpfen. Ganz nach diesem Motto befindet sich auch die gesetzliche Bedeutung biologischer Elternschaft in Erosion. Familien konstruieren sich demnach nicht mehr durch Ehe und Abstammung, sondern durch willkürliche Akte vorübergehender Zugehörigkeit. So gibt es in vielen Ländern Bestrebungen, im Pass der Kinder nicht mehr "Vater" und "Mutter" einzutragen, sondern beispielsweise "Elter 1" und "Elter 2" - als ob nicht jeder Mensch von Vater und Mutter abstammen würde. Kinder könnten im Extremfall mit Samen- und Eizellenspende im Reagenzglas gezüchtet, von einer Leihmutter ausgetragen und von Lesben, Schwulen oder Transsexuellen adoptiert werden. Ein Schritt in diese Richtung ist die Einführung der Homo-Ehe, auch in Österreich, wie es der Verfassungsgerichtshof der Regierung verordnet hat.
Unter dem Gesichtspunkt ist es auch kein Wunder, dass Personen wie Conchita Wurst die unumschränkte Unterstützung des Mainstreams haben. Ein Mann mit Vollbart in Frauenkleidern sollte - vor allem nach dem Sieg beim Song Contest 2015 - zum Superstar der Massen aufgebaut werden. Das ging in die Hose: Als Wurst im Vorjahr bei der Beachvolleyball-WM die neue, gegenderte Strophe der Bundeshymne "Heimat großer Söhne und Töchter" sang, wurde er/sie vom Publikum auf der Wiener Donauinsel gnadenlos ausgepfiffen.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder?
Eine zentrale Rolle in der "Genderisierung" spielt die Früh- und Totalsexualisierung von Kindern. Schon im Kindergarten scheinen die Kleinen ungeschützt zu sein. Im Bildungsplan der Stadt Wien heißt es: "Mädchen und Buben sind sexuelle Wesen. (...) Was wir unter Weiblichkeit oder Männlichkeit verstehen, also das soziale Geschlecht (gender), ist gesellschaftlich kon-struiert und nicht biologisch festgeschrieben, es ist erlernt und damit veränderbar." Der katholische Theologe und Philosoph Wolfram Schrems protestierte heftig: "Es ist unfassbar, welche Idiotien heute offizielle Kindergartenpolitik darstellen!" Dies erinnere an die "Phantasie pädophiler deutscher Grüner der 80er-Jahre", so Schrems.
Die Buchautorin Gabriele Kuby zeigt auf, dass mehrere Pioniere der Sexualpädagogik nicht nur homosexuell waren, sondern sich wie Helmut Kentler oder Rüdiger Lautmann auch für die Legalisierung von Sex zwischen Erwachsenen und Kindern einsetzten. Sie zitiert auch aus dem Aufklärungsbuch Lisa und Jan von Uwe Sielert, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Sozialpädagogik, das zur sexuellen Stimulation der Kleinsten auffordert: "Kinder entdecken diese Lust selbstverständlich an sich selbst, wenn sie auch zuvor von den Eltern lustvoll gestreichelt wurden; wenn sie gar nicht wissen, was Lust ist, werden auch die sexuellen Spielereien fehlen."
Steuer-Abzocke
Die unwissenschaftliche und gesellschaftszerstörende Theorie des Gender-Mainstreaming hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten - ausgehend vor allem durch EU-Beschlüsse - auch in Österreich einen Siegeszug durch alle Institutionen angetreten. Interessanterweise war es die erste schwarz-blaue Koalition unter Wolfgang Schüssel, die hierzulande 2001 den "geschlechtergerechten Sprachgebrauch in der gesamten Bundesverwaltung" gesetzlich fixierte. Es folgten sogenannte Gleichstellungsgesetze für Bund, Länder sowie Gemeinden.
Dieses Bürokratiegebilde schuf jede Menge neuer Arbeitsplätze, die der Steuerzahler teuer tragen muss:
> Alleine im Bereich Gender Studies sowie Frauen- und Geschlechterforschung gibt es in Österreich 23 Einrichtungen: Von der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung bis zum Referat Genderforschung an der Uni Wien.
> In der österreichischen Regierung besteht eine Interministerielle Arbeitsgruppe für Gender Mainstreaming und Budgeting, die über 40 Mitglieder umfasst: Hier treffen sich Vertreter aller Ministerien, der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofs, des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofs, der Volksanwaltschaft, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sowie der Länder. Den Vorsitz führt Familienministerin Juliane Bogner-Strauß. Diese Arbeitsgruppe wurde von den Vorgängerregierungen übernommen. Ob sie beschnitten wird, bleibt abzuwarten.
> An den Neuen Mittelschulen gibt es insgesamt weit über 1.000 Gender-Beauftragte. Ihre Aufgabe ist es, Entwicklungsprozesse im Bereich "geschlechtergerechte Schule / geschlechtergerechter Unterricht" anzustoßen. Oft erfolgt für ihre Tätigkeit - zusätzlich zum Lehrergehalt - eine Leistungsabdeckung.
> In Wien, Graz, Klagenfurt, Linz und Innsbruck sind insgesamt mehr als 20 Gleichbehandlungsanwältinnen (es sind ausschließlich Frauen) tätig. Unter anderem durchforsten sie Stelleninserate auf eventuelle Diskriminierungen. Im Sommer 2016 reichte es mehreren Unternehmern aus dem Linzer Raum: Sie waren angezeigt worden, weil sie in Stelleninseraten nur das Kürzel "(m/w)" verwendet und nicht mit Binnen-Is oder Ähnlichem gegendert hatten. Sie legten Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein - und bekamen Recht.
Unis als Kampfstätten
Nicht minder drangsaliert werden Schüler, Fachhochschüler und Studenten. An manchen Fachhochschulen ist das Gendern generell Pflicht, an vielen Unis bestehen Lehrende auf gegenderte Texte und auch viele Maturanten werden zu Binnen-I & Co. gezwungen. Dass dies ungesetzlich ist, brachte der langjährige Vorstand für Finanzrecht an der Uni Wien, Werner Doralt, ans Licht. "Das Gendern wird zur Machtdemonstration gegen den Schwächeren, der sich nicht wehren kann. Nach Rechtsgrundlagen dafür sucht man freilich vergeblich." Im März dieses Jahres stellte die Volksanwaltschaft fest: " (...) ?gegenderte Ausdrucksformen?, wie etwa das ?Binnen-I? oder die Verwendung von Sternchen, Linien u. ä., dürfen nicht als Voraussetzung für eine positive bzw. bessere Bewertung von wissenschaftlichen Arbeiten vorgegeben werden." Grund: Deutsch ist Staatssprache und daher muss auch die "geschlechtsneutrale Ausdrucksweise" grammatikalisch korrekt sein.
Doch die Uni-Verantwortlichen drängen in die entgegengesetzte Richtung: In einem Gender-Leitfaden der Musik-Uni Wien wird empfohlen, statt dem Binnen-I ein wellenartiges Sonderzeichen zu verwenden: Damit "soll verdeutlicht werden, dass die Übergänge zwischen den Geschlechtern fließend sein können". Beispiel: Wissenschaftler~innen.
"Genderwahn muss aufhören"
Kritiker weisen darauf hin, dass mit dem Gendern eine dunkle Ideologie durchgesetzt werden soll. Im Buch Das Kommunistische Manifest von Marx und Engels heißt es nämlich, dass die Zwecke der Kommunisten "nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnungen". Doch es regt sich zunehmend Widerstand. So forderte Alpenrocker Andreas Gabalier: "Der Gender-Wahnsinn, der in den letzten Jahren entstanden ist, muss wieder aufhören!"