Neue Regierung - Wende in Italien

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Zuerst sah es so aus, als ob der sozialdemokratische Staatspräsident Italiens die Wenderegierung im eigenen Land verhindern würde. Nun ist die Koalition aus der "linkspopulistischen" 5-Sterne-Bewegung unter Luigi di Maio und der "rechten" Lega doch im Amt. Sie setzt stark auf Selbstbestimmung und direkte Demokratie. Auch beim Thema Südtirol könnten verkrustete Strukturen aufbrechen.


Text: Klaus Faißner

Es sind Töne des Selbstbewusstseins, wie sie schon lange nicht aus Italien zu hören waren. "Die Party ist vorbei", erklärte Matteo Salvini, Italiens neuer Innenminister und Parteichef der Lega (bis vor wenigen Monaten Lega Nord), in Richtung der zahllosen illegalen Einwanderer. Italien werde nicht länger "das Flüchtlingslager Europas" sein. Ab nun werde sein Land gegen Schlepper und "Vize-Schlepper" - NGOs, die Illegale mit Schiffen nach Italien bringen - vorgehen und 500.000 illegale Einwanderer "einen um den anderen zurückspedieren". Um dies möglich zu machen, will Salvini mit einer ganzen Reihe an Ländern, aus denen viele Asylanten kommen, Rückführungsabkommen abschließen. 

Allerdings will Italien auch eine verstärkte Umverteilung von Asylanten über die gesamte EU, was in Österreich auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte. Schon wenige Tage nach ihrer Angelobung setzte die neue Regierung ein klares Zeichen: Sie sperrte die italienischen Häfen für ein Schiff mit 629 Asylanten. Dieses musste letztlich nach Spanien weiterfahren - unter heftigem Protest der EU-Kommission.

Doch nicht nur die Hoffnung auf Beendigung der Massenansiedlung durch vorwiegend Afrikaner erzeugt bei vielen Italienern Euphorie. Viele weitere Punkte im Koalitionsabkommen sind tatsächlich ein Bruch mit der bisherigen "Mainstream-Politik":

> Abschaffung der Russland-Sanktionen:Hier will Italien in der EU ein Umdenken erwirken. Generell soll eine Außenpolitik gemacht werden, die "die Interessen Italiens in Europa besser schützt". Die Lega Nord hat wie die FPÖ im Vorjahr eine Kooperation mit Wladimir Putins Partei Einiges Russland geschlossen. Salvini hatte im Vorfeld erklärt, dass auf der Krim 2014 ein "ganz normales Referendum" stattgefunden habe und die darauffolgende Eingliederung in die Russische Föderation völkerrechtskonform erfolgt sei.

>Durchbruch bei direkter Demokratie: Künftig sollen Bürger wie in der Schweiz Gesetzesinitiativen ergreifen können - und damit das Recht haben, neue Gesetze vorzulegen und darüber abzustimmen. Weiters fällt die bisher bestehende Mindestbeteiligung von 50 Prozent der Wahlberechtigten an Volksabstimmungen. Mit Riccardo Fraccaro sitzt erstmals ein eigener Minister für direkte Demokratie im Parlament. Die deutsche Organisation Mehr Demokratie, nach eigenen Angaben weltweit die größte Nichtregierungsorganisation für direkte Demokratie, meinte, dass die Reformen "zum Leuchtturmprojekt für andere Länder Europas werden" könnten. 

> Chance für Südtirol:Die Autonomie aller Regionen soll gestärkt werden. Mitte Juni unterstützte Salvini den Vorschlag von Vizekanzler Heinz-Christian Strache für eine Volksabstimmung über den Verbleib von Südtirol bei Italien beziehungsweise die Rückkehr zu Österreich. Auch sei man offen für Gespräche über eine doppelte Staatsbürgerschaft für deutsche und ladinische Südtiroler - ebenfalls eine alte Forderung der FPÖ.

> Ende des Impfzwanges: Die Einführung von Zwangsimpfungen im Vorjahr hat in ganz Italien zu heftigen Protesten geführt. Die neue Gesundheitsministerin Giulia Grillo - sie ist nicht mit dem 5-Sterne-Gründer und ihrem Parteikollegen Beppe Grillo verwandt - kündigte an, das Impf-Dekret ihrer Vorgängerin aufzuheben.

> Widerstand gegen Diktate der EU:Italien will EU-Verträge ändern, insbesondere den Fiskalpakt, "damit Italien seine Souveränität zurückerlangt". Der Fiskalpakt forderte Sparmaßnahmen ein, bremste aber die Wirtschaft. Obwohl beide Koalitionsparteien Kritiker des Euro sind, scheint eine Rückkehr zur Lira kein Thema zu sein.

> Kampf den Politikerprivilegien:Dienstautos, Staatsflüge sowie Polizeieskorten sollen weit seltener genutzt und Politikerpensionen auf maximal 5.000 Euro monatlich beschränkt werden.

> Steuersenkungen:Diese sind zuerst für Unternehmen (auf 15 Prozent) und frühestens 2020 für Privatpersonen und Familien (auf zwei Steuersätze von 15 und 20 Prozent) geplant. Die von der alten Regierung angestrebte Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt nicht. Parallel dazu ist die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und Schattenwirtschaft geplant.

Ende des Artikelauszugs.

Lesen Sie außerdem in der aktuellen Juliausgabe (österreichweit in den Trafiken erhältlich) zum Thema:
- Wie die italienische Regierung die Mindestsicherung einführen, die Landwirtschaft stärken und die Pensionen reformieren will
- Wie hart beide Koalitionsparteien George Soros kritisieren
- Der steinige Weg zur Wende-Regierung

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