Ärzte handeln immer zum Wohl ihrer Patienten. Der Staat weiß, was gut ist für uns. Die Pharmaindustrie will nur unser Bestes. Das ist unsere heile Welt. Die nichts mit der Realität zu tun hat. Denn: Das Gesundheitswesen ist eine gewaltige Industrie. Und sie ist krankhaft auf Profit aus. Zehn moderne Märchen aus dem Gesundheitsbusiness.
Text: Bianca Winkler
Umsätze und Gewinne. Und dann einmal lang gar nichts. Das ist es, was das Gesundheitsbusiness in einer neokapitalistischen Welt machen muss. Es ist ein Milliardengeschäft. Weil so viele Menschen mitspielen, ohne zu hinterfragen. Dabei gibt es in der Medizin keine unumstrittenen und keine absolut beweisbaren Tatsachen. Hier die Top Ten.
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1.
Wir sind heute viel gesünder als früher
Sicher ist dabei nur: Wir wissen es nicht, und wir werden es niemals wissen können. Wissenschaftliche Daten zur Gesundheit, wie man sie heute erhebt, sind an die Technologie gebunden. Die ist neu und wird stetig neuer. Die Statistik ist eine junge Wissenschaft, nach modernen Standards kaum mehr als 100 Jahre alt. Statistische Daten zu Vitalfunktionen aus der Vergangenheit zu generieren, ist kaum möglich. Wir wissen nur: Infektionskrankheiten sind seltener und verlaufen glimpflicher als früher. Was aber nicht (nur) der Medizin zu danken ist, dazu tragen auch bessere Ernährung und saubereres Trinkwasser bei. Dafür sind Autoimmunerkrankungen im Vormarsch. Was bedeutet: Die Krankheitsbilder haben nicht abgenommen, sie haben sich nur verändert.
2.
Wir leben viel länger als früher
Das statistische durchschnittliche Sterbealter ist gestiegen, aber im Vergleich wozu? Daten aus der Vergangenheit sind auch hier mehr Wunschdenken als vorhanden. Wir wissen, dass Menschen schon in der Antike sehr alt werden konnten. Der griechische Staatsmann Solon benennt die Lebenserwartung eines Erwachsenen mit sieben Jahrzehnten. Die Bibel erzählt von mehreren Hundertjährigen. Menschen in heutigen Jäger- und Sammlerkulturen werden genauso alt wie wir, und das ganz ohne medizinisches System. Man starb früher nicht grundsätzlich jünger, es war nur wesentlich schwieriger, das Erwachsenenalter zu erreichen. Gelang einem das trotz Kindersterblichkeit, Infektionskrankheiten, Mangelernährung oder dass einem ein unnatürlicher Tod dazwischenkam, wurde man meistens genauso alt wie die Menschen heutzutage.
3.
Medikamente gut - Drogen böse
Drogen waren nicht immer gleichgesetzt mit Kriminalität. Es gab Läden, in denen man sie legal kaufen konnte. In den, genau, Drogerien. Der Unterschied zwischen natürlichen Drogen und Medikamenten ist ausschließlich Gesetzgebern und Pharmaindustrie zu verdanken. Es ist eine willkürliche Grenze, dort gezogen, wo sich mit Pillen und Patenten Geld verdienen lässt.
Die Pharmaindustrie hat die Drogen entwickelt und erfunden. Morphium war im 19. Jahrhundert ein Medikament, großflächig eingesetzt bei Kriegsveteranen. Heroin wurde erfunden, um Morphiumsucht zu heilen. Heute gibt es Substitol, um Heroinsüchtige zu entwöhnen. Alle Produkte sind Opiate und werden aus Schlafmohn gewonnen, den die Menschen seit der Steinzeit kultivieren. Morphium blieb das einzige medizinisch anerkannte Opiat, das auch heute noch therapeutisch eingesetzt werden darf. In Canada, den USA, den Niederlanden, Spanien, Finnland wird auch Cannabis medizinisch verwendet. Österreich sperrt sich trotz unzähliger Studien besonders hartnäckig. Dabei hat die Pflanze, selbst wenn sie missbraucht wird, kaum nennenswerte Nebenwirkungen. Der Grund des Widerstandes ist ein anderer: Cannabis könnte jeder am Fensterbrett züchten, und so was dämpft den großen Profit. Wenn der Staat über eine Zulassung überhaupt nachdenkt, dann nur über eine von der Pharmaindustrie synthetisch veränderte Form. In Österreich gibt es bisher ein einziges zugelassenes Medikament auf Cannabisbasis.
Die Patentwirtschaft habe längst alle guten Absichten der Pharmaindustrie korrumpiert, ist der dänische Arzt und Pharmazeut Peter Gøtzsche überzeugt. Seit Jahren reist er um die Welt, um Schmerzmittelmissbrauch und Korruption in der Pharmaindustrie aufzuzeigen. Tatsächlich ist die Liste der natürlichen Wirkstoffe, die auch unverändert effizient sind, lang. Wir sind aber daran gewöhnt, Pillen zu schlucken und halten alles andere für Humbug. Es gibt ja auch mehr als genug - direkt oder indirekt - von der Pharmaindustrie gesponserte Ärzte, die uns das erzählen. Danke.
4.
Das Geschäft mit der Vorsorge
Vorsorgeuntersuchungen im großen Stil sind vor allem eines: ein gutes Geschäft. Schließlich wird jeder zum Patienten. Auch der, der keine Symptome hat. Universitätsprofessor Dr. Gerald Gartlehner, Direktor der österreichischen Cochrane-Zweigstelle bezeichnet zum Beispiel Ganzkörper CTs an gesunden Patienten als "Abzocke." Sie sind ein Geschäft bei dem "Millionen-Umsätze" erzielt werden, während es "keinen wissenschaftlich nachgewiesenen Nutzen für die Patienten gibt."
Ein anderes international heiß diskutiertes Beispiel ist die Mammographie, die nach Gartlehner in Österreich "zu häufig und mit zu wenig ausgewogener Information", vielfach an "zu jungen Patientinnen" durchgeführt wird. Internationale Kritiker gehen da manchmal sogar noch weiter. Sitchwort: falsch-positives Ergebnis, also eine Tumordiagnose, obwohl kein Krebs vorhanden ist.
Fakt ist: Falsch-positive Ergebnisse kommen in neun von zehn Fällen, also sehr häufig vor. Dabei leben Frauen erst einmal mit der Angst und weiteren Untersuchungen, bis sie die Entwarnung bekommen.
Auch Überdiagnosen sind ein großes Problem. Dabei werden Karzinome operiert, an denen die Frauen niemals erkrankt wären. Frauen werden so zur Angst vor ihrem Körper erzogen, dass sie dann auch noch froh sind, wenn sich nach Falschdiagnose, Biopsie oder gar Operation herausstellt, dass sie keinen Krebs haben. Erschreckenderweise ist es dann kein Thema, dass sie schreckliche Erlebnisse und unangeheme Prozduren umsonst durchgemacht haben. Besser gesagt: sinnlos, weil umsonst ist nichts davon. Mit einer Mammographie-Empfehlung ab 45 liegt Österreich fünf Jahre unterhalb des Alters, das von der WHO empfohlen wird. Führende Medien und Ärzte überall auf der Welt sprechen sich gegen flächendeckende Mammographien bei Frauen unter 50 aus, weil sie viel mehr Schaden anrichten, als Nutzen bringen. In Österreich dagegen beschweren sich Radiologen ständig in Mainstreammedien darüber, dass zu wenige Frauen zur Mammographie gehen.
5.
Ansteckungsgefahr
Die Vorstellung, dass überall böse Bakterien lauern, die uns sofort krank machen und töten, sobald wir einmal mit ihnen in Berührung kommen, ist hysterische Hypochondrie. Wäre das so, wäre die Menschheit längst ausgestorben. Bis jetzt hat sie auch die schlimmsten Seuchen aber ganz offensichtlich überlebt. Alle paar Jahre wird eine neue hochansteckende Krankheit gehypt, gegen die sich jeder schützen muss. BSE, Vogel- und Schweinegrippe, Ebola, neuerdings Zika. Im Idealfall steht dann schon ein Produkt parat, das zu einem Milliardengeschäft wird. Man denke an den Skandal um Tamiflu.
Ohne Krankheiten verharmlosen zu wollen: Es braucht den realistischen Blick, dass niemand weiß, wieso manche Menschen krank werden und andere nicht. Die Vorstellung, jeder wäre ständig in Gefahr, ist ein modernes Märchen. Die Panik vor Krankheiten lenkt uns von den wahren Gefahren unseres Daseins sehr gut ab. Durch unseren massenhaften Einsatz von Antibiotika sind wir viel eher auf dem besten Weg, medizinische Errungenschaften zu zerstören und neue globale Seuchen zu schaffen, gegen die die Medizin dann machtlos wäre.
6.
Impfwahn
Eines vorweg: Impfen ist an sich eine tolle Sache. Impfen hat die Pocken ausgerottet und die Kinderlähmung eingedämmt. Heute impft man aber nicht nur gegen Epidemien, sondern gegen jede erdenkliche Krankheit. Es herrscht ein regelrechter Impfkrieg zwischen Befürwortern, den selbsternannten Wissenschaftlern, und Gegnern, den sogenannten esoterischen Idioten. Kleinkinder werden mittlerweile systematisch und noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres geimpft. Zehn Spritzen bekommen sie in der Regel mit Stoffen gegen elf verschiedene Krankheiten. Das sind 36 Fremdkörperinjektionen in die Allerkleinsten, die weder laufen noch sprechen und sich schon gar nicht wehren können. Ab der Schulreife geht's dann weiter, und wenn man auf Urlaub fährt sowieso. Kritische Fragen sind total unerwünscht. Wer da nicht mitspielen will ist ein Asozialer, ein Mörder, ein Fortschrittsverweigerer. Alles schon gehört.
Dabei wurden diese Impfprogramme von einer Generation beschlossen, die selbst im ersten Lebensjahr, wenn überhaupt, nur gegen Tuberkulose geimpft wurde. Seltsam, nicht? Der Kinderarzt Dr. Reinhard Mitter gehört zu den wenigen Ärzten, die sich trauen, öffentlich Stellung zu nehmen und dabei nicht alles Schwarzweiß zu malen: "Impfen ist ein Eingriff in ein Ökosystem und kann langfristig schwere Folgen haben. Aufklärung der Kunden ist ein Muss und Verantwortung des Arztes."
Ärztekammer und Gesundheitsministerium hingegen kennen keine kritische Seite und lobpreisen Impfungen als beste Errungenschaft der modernen Medizin. Dabei gibt es in Österreich keine Meldestelle für Impfschäden. Und die Wirksamkeit von Impfungen wird in Studien erbracht, die genau die Pharmafirmen finanzieren, die sie herstellen. So ist das übrigens bei fast jedem Medikament.
7.
Wir brauchen Vitamine
Die westliche Welt geht unter in Nahrung. Es gab noch nie so viel zu essen. So viel, dass die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig ist, mindestens. Trotzdem brauchen wir künstliche Vitamine. Wir ernähren uns von synthetisch hergestellten Lebensmitteln, die mit Vitaminen aus dem Reagenzglas angereichert werden. Und weil nicht einmal das reicht, schlucken viele zusätzlich Vitamintabletten. Das ist ein Milliardengeschäft, auf kaum einem anderen Gebiet wird so viel manipuliert und gelogen. Der renommierte amerikanische Onkologe David Agus führt seit Jahren ein erbittertes Plädoyer gegen jegliche hochdosierte Vitamingaben, auch überdimensionierte Smoothies hält er für kompletten Unsinn. Er stützt sich dabei auf etliche Studien, die nicht nur belegen, dass die Einnahme von Vitamintabletten sinnlos ist, sondern sogar schädlich sein kann.
8.
Die Sache mit den Genen
Jahrhundertelang haben die Ärzte geglaubt, dass der Körper aus vier verschiedenen Flüssigkeiten besteht: Blut, gelbe Galle, schwarze Galle, Wasser. Jede Krankheit sei einem Ungleichgewicht dieser Säfte zu verdanken. Die Säfte waren die Basislogik alles medizinischen Handelns, man nennt das auch Prämisse. Seit der Entdeckung der Gene ist die Medizin geneigt, aus ihnen die neuen Säfte, also die neue Prämisse zu machen. Alles wird über die Gene erklärt. Ein prominentes Beispiel sind die Brustkrebsgene: BRCA 1 und BRCA 2 und die Auslösermutation RAD51C oder BRCA 3.
Der medizinische Laie denkt: Habe ich dieses Gen, werde ich Brustkrebs bekommen, also vorsorglich amputieren. Wir erinnern uns noch an die Ärzte, die Angelina Jolie zu ihrem mutigen Schritt gratuliert haben. Aber Achtung: Es ist von einem "erhöhten Risikofaktor" die Rede, nicht von einem Determinismus. Die Annahme, Träger dieser Gene bekämen automatisch Brustkrebs ist schlichtweg falsch. Nur bei fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebspatientinnen kann überhaupt ein genetischer Faktor als Auslöser bestimmt werden. Heißt: Nur fünf bis zehn Prozent der echten Brustkrebsfälle haben ein Brustkrebsgen. Im Umkehrschluss muss man darauf hinweisen, dass bei weitem nicht alle, die ein Brustkrebsgen haben, dann auch an Brustkrebs erkranken. Was erklärt das Brustkrebsgen also? Tja.
9.
"Wissenschaftlich erwiesen..."
Der Mensch stellt sich das so vor: Die Wissenschaft entdeckt unumstößliche Gesetze, die dann für immer Gültigkeit haben. Der Wissenschaftshistoriker weiß dagegen: Auch die Wissenschaft ist voller Fehler. Schlussendlich geht es darum, dass sich die Wissenschaftler mit den besten Methoden und nach besten Wissen und Gewissen an die Wahrheit herantasten wollen. Das ist aber nur die Theorie. In der Praxis sind auch Wissenschaftler Menschen, die Fehler machen und zur Selbstüberschätzung neigen. Darüber hinaus ist Wissenschaft nicht gleich Wissenschaft. Der Mensch ist kein technisches Gerät, man kann ihn nicht einfach bauen und Experimente mit ihm durchführen. Daher haben es die Mediziner so viel schwerer als ihre Kollegen in der Chemie oder Physik.
Medizinische Forschung ist aufwändig und teuer. Deshalb gibt es eine strenge Vorauswahl für die Dinge, die überhaupt bis zur wissenschaftlichen Studie kommen. Für viele Bereiche gibt es gar keine Untersuchungen, keine Quellen und keine finanziellen Mittel. Sie kommen dann in der Medizin halt auch einfach nicht vor. Wissenschaftlich erwiesen ist, was sich in der Mehrheit einer Community durchsetzt und dann vertreten wird. Die Praxis zeigt: Es ist auch in der Wissenschaft eine reine Glaubensfrage, was ich als Beweis anerkenne und was nicht. Wer querdenkt und gegen den Strom schwimmt, wird von der Mehrheit verachtet, diskreditiert und gar nicht ernst genommen. Zum Beispiel wurde Ignaz Semmelweiß, der berühmte Kinderarzt, gemobbed und ausgeschlossen, bis er in einer Irrenanstalt starb. Nur weil er forderte, dass sich Ärzte die Hände mit Chlorkalk waschen sollen, bevor sie Hand an gebärende Mütter legen. Dass er damit richtig lag, und die hohe Sterblichkeit in Geburtshäusern des 19. Jahrhunderts auf eine Schlamperei der Ärzte zurückzuführen war, weiß man heute. Das hilft aber den Toten von damals nicht mehr. Heute wäscht man sich die Hände in Unschuld. Und schweigt weiter tot, dass die Medizin ein fehlbares soziales System ist.
10.
Gewissheit
Ärzte fordern mehr Studien, mehr Geld und mehr Forschung. Es gibt zu viel, was wir nicht wissen. Es gibt zu wenige, die sich damit zufriedenstellen lassen. Sie wollen Gewissheit, eine definitive Antwort. Dabei gibt es Fragen, die sich nicht beantworten lassen. Und die eine tatsächliche Gewissheit, die sich nie ändern wird, schieben wir heute von uns fort: Wir werden sterben, alle und ohne Ausnahme. Auch die Medizin kann das nicht verhindern. Menschen haben in der Vergangenheit im Angesicht ihrer Ohnmacht diese Tatsache anerkannt und versucht das beste aus ihrer Zeit auf Erden zu machen. Viele Menschen und Mediziner führen heute einen aussichtslosen Kampf, der unendlich viele Ressourcen verschlingt, die Lebensqualität einschränkt und die Lebenszeit der Menschen vermutlich nicht einmal verlängert - auch das kann man dann einfach nicht wissen. Der Kampf kann den Tod nicht verhindern. Aber er ist ein ausgesprochen gutes Geschäft.