Vergesst Nostradamus. Andere sind besser!

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Die Zukunft ist noch nicht geschrieben? So kann man sich täuschen. Denn wie die Vergangenheit zeigt, haben einige Fantasie begabte Menschen vorausgesehen, was die Zukunft bringt. Und damit sind nicht etwa Hellseher gemeint. Sondern ganz gewöhnliche Romanautoren. Text: Ernst Georg Berger

"Heute könnte oder dürfte ich dieses Buch nicht mehr publizieren.“ Sagt der französische Autor Jean Raspail im Interview über sein schon 1973 erschienenes Buch Das Heerlager der Heiligen. Mehr als 40 Jahre lang verstaubte das Werk in den Regalen der Buchhändler, weil der Inhalt von niemandem ernst genommen wurde. Ja gar völlig absurd erschien. Bis vor einem Jahr, als das Heerlager der Heiligen einen unglaublichen Hype erlebte. Das lag am Inhalt, der schnell erklärt ist.

Millionen verarmte und bildungsferne Inder machen sich plötzlich auf den Weg in ein besseres Leben. In Länder, in denen, so erzählt man ihnen, Milch und Honig fließen. Eine Flotte von 100 Seelenverkäufern soll sie in das gelobte Land bringen.Allein Australien, das nahe liegendste Ziel, weigert sich unter Verweis auf seine Einwanderungsgesetze, die Notleidenden aufzunehmen und wird international schnell geächtet. So wird aus Gründen, die im Roman nicht näher ausgeführt sind, Europa das Ziel des Exodus. Eine ungewöhnlich gute Wetterlage lässt die geheime Hoffnung der Regierenden, dass sich das Problem von selber löst, rasch schwinden. Während die „Armada der letzten Chance“, wie ein linker Aktivist die Flotte medial sehr erfolgreich nennt, immer näher kommt, erfasst die Regierungen Europas auf Druck der moralisch Aufrechten ein wahrer Willkommens-Tsunami. Medienkampagnen und eine landesweite Indoktrination der politischen Eliten verhindern jede sachliche Auseinandersetzung und gipfelt im Slogan „Wir sind alle Kinder des Ganges“. Doch dann erreichen diese Kinder die Küste Südfrankreichs – und nichts ist mehr so, wie es war.

Wie der Roman endet, sei an dieser Stelle verschwiegen. Denn noch besteht die Hoffnung, dass der visionäre Autor vielleicht doch irrt und wir das alles schaffen. Utopische Romane, die von der Realität eingeholt wurden, sind im Laufe der Literaturgeschichte gar nicht so selten, wie man denkt. Allen voran steht da Jules Verne, der mit seinen mehr als 60 Romanen einen unglaublichen Weitblick bewies. So sah er in 20.000 Meilen unter dem Meer die Entwicklung von U-Booten voraus, in Die geheimnisvolle Insel kommen Laserwaffen zum Einsatz, und das verblüffendste Buch aus heutiger Sicht ist Die Reise um den Mond. Darin lässt Jules Verne sein Raumschiff im südlichen Florida starten – ziemlich genau dort wo heute Cape Canaveral steht – und nur drei Meilen von dem Punkt landen, an dem Apollo II 1969 bei seiner Rückkehr vom Mond wasserte. Ebenso zutreffend sind seine Beschreibungen über die Geschwindigkeit, die es braucht, um das Schwerefeld der Erde zu überwinden, über die Auswirkungen der Schwerelosigkeit, und er wusste, dass es beim Wiedereintritt in die Atmosphäre ziemlich warm werden dürfte.

Als einer der wenigen Autoren glaubte Jules Verne an das Gute im Menschen, an die sinnvolle Verwendung technischer Möglichkeiten. Ganz anders George Orwell, dessen legendäres Werk 1984 mit seinem allüberwachenden „großen Bruder“ den bekennenden Verschwörungstheoretiker aus heutiger Sicht sehr vernünftig erscheinen lässt. Selbsterfüllende Prophezeiungen. Waren die Ideen der Autoren vielleicht erst der Grund für ihre Realisierung? Mit diesem Vorwurf musste sich auch Tom Clancy auseinandersetzen. Im Roman Ehrenschuld, der 1994 erschien, lässt der Autor einen Selbstmord-Piloten seinen Jumbo Jet ins Kapitol steuern und löscht damit nicht nur die gesamte Regierung der Vereinigten Staaten aus, sondern sorgt auch für einen radikalen Kurswechsel in der amerikanischen Außenpolitik. Nun, heute wissen wir, was sieben Jahre später in New York geschehen ist und die amerikanische Außenpolitik bis heute prägt. Das war aber nicht der einzige Treffer, den der amerikanische Autor landete. Sein Roman Roter Oktober entlockte einem US-Admiral die Aussage: „Woher zum Teufel weiß er das?“ Die Replik des Autors: „Die Zeichen sind alle da. Man muss sie nur sehen“. Sagte er und schrieb Command Authority, ein eigentlich unsäglich patriotisches Machwerk in dem die bösen Russen in die Ukraine einmarschieren und die Krim besetzen.Wie richtig er damit lag, erlebte Tom Clancy nicht mehr. Er starb 2013.

Wer also sagt, dass die Zukunft noch nicht geschrieben ist, der hat vielleicht nur die falschen Bücher gelesen. Den Optimisten bleibt wenigstens das Fernsehen und Raumschiff Enterprise. Gene Roddenberry sah das Handy voraus und die Zeit, in der Bargeld abgeschafft wurde. Volle Kraft voraus!

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