Kurt Russell reitet wieder

Foto: Constantin/Scott Everett White

Der Mann mit dem Hut ist der Inbegriff des Actiondarstellers. Privat bezeichnet er sich als Spießer. Gerade feierte er sein Comeback in Quentin Tarantinos "The Hateful Eight". Demnächst brilliert er in der Westernserie "The Barbary Coast" mit Tochter und Sohn an seiner Seite. Interview mit einer Legende. Text: Roland Hofbauer

Sie gelten seit den 80ern als einer der coolsten Schauspieler Hollywoods, fühlen Sie sich auch so?

Nein, jetzt nicht, damals nicht und auch in Zukunft nicht. Ich bin privat eher der besonnene Spießer und eigentlich sehr langweilig. Nach ein paar Gläsern Wein kann ich ganz witzig sein, aber da wird man in meinem Alter auch ganz schnell müde. Ich bin ja schon Opa, das darf man nicht vergessen. Ich habe mir früher bei meinen taffen Rollen oft gedacht, ob man mir das auch wirklich abnimmt. Gerade bei der Klapperschlange war ich oft am Zweifeln, ob ich hart genug bin, da habe ich mir bei ein bisschen ironischeren Rollen wie in Tango & Cash ein wenig leichter getan.

Trotz Ihrer 65 Jahre werden Sie noch immer für Blockbuster gebucht, Topregisseure wie Quentin Tarantino sind Fans von Ihnen. Können Sie sich das erklären?

Ehrlich gesagt, nein. Es grenzt an ein kleines Wunder. In den letzten Jahren war ich nicht so gut gebucht, aber wenn dich Quentin wiederentdeckt, verhilft das deiner Karriere zu einem neuen Boom. Man sieht ja, dass manche ältere Kollegen nicht mehr die Zugkraft an den Kinokassen haben wie früher. Ich glaube, die Leute wollen keine Großväter in harten Actionrollen sehen, das ist dann irgendwann nur mehr peinlich, nicht cool. Bei Quentins Filmen ist das anders, da bekommst du Charakterrollen mit tollen Dialogen, Monologen und dann die nötige Portion Action und Brutalität. Da bist du auch mit 90 noch glaubwürdig.

Woran merken Sie denn, dass Sie wirklich alt sind?

Wenn ich morgens aufstehe, und mir alles wehtut. Wenn ich nach 15 Minuten Workout keine Luft mehr bekomme. Wenn ich mittags ohne ein Schläfchen grantig werde oder abends lieber vor dem Fernseher liege, anstatt mit Freunden auszugehen oder ein Event zu besuchen. Aber dass ich wirklich sehr alt bin, wusste ich, als ich von den Disney Studios zur Disneylegende ernannt wurde. Was natürlich eine große Ehre ist.

Sie sind seit 1983 mit Ihrer Kollegin Goldie Hawn liiert, es gab keine Skandale, und Sie gelten als monogam. Wie ist das in Hollywood möglich?

Da kommt wieder meine Langweiligkeit ins Spiel, und ich bin wahrscheinlich auch nicht der größte Frauenheld. Aber einmal ganz ehrlich, ich habe mir eine der schönsten Schauspielerinnen geangelt, mit einem Herz aus Gold und einer Seelenverwandtschaft. Was soll man sich denn noch viel mehr wünschen, besser geht es doch gar nicht. Wir führen eine glückliche Ehe, ich finde sie nach wie vor sehr attraktiv, und Gott weiß wieso, sie erträgt mich nach all den Jahren immer noch. Ich bin ein sehr komplizierter und anstrengender Mensch. Ich habe drei wunderbare Kinder mit ihr und bin für diese Frau täglich dankbar.

Mit Ihrer Tochter Kate Hudson werden Sie demnächst in einer Serie gemeinsam spielen, was können Sie uns darüber erzählen?

Die Serie "The Barbary Coast" ist eigentlich Familienangelegenheit, denn neben mir und Kate wird auch mein Sohn Oliver in der Serie zu sehen sein - und mein Kumpel Mel Gibson, der auch Regie führen wird. Die Serie beruht auf dem gleichnamigen Buch von Herbert Asbury? er ist bereits durch "Gangs of New York" sehr bekannt. "The Barbary Coast" spielt im Jahre 1849 zur Zeit des Goldrausches, der zahlreiche Diebe, Gauner und Prostituierte unter anderem nach San Francisco führte. Die Serie wird ein Knaller, so viel kann ich Ihnen versprechen. Ich bin sehr stolz, mit meiner gesamten Familie dort zusammenarbeiten zu dürfen. Nur Goldie würde noch fehlen, aber wer weiß, eventuell bekommt Sie ja einen Gastauftritt.

In Ihrer Karriere hatten Sie auch viele Downs, gingen durch die eine oder andere Krise. Wie geht man damit um, ohne an sich selbst zu zweifeln?

Oh mein Gott, ich zweifle jeden Tag an mir! Das habe ich schon immer gemacht. Ich hatte zuerst die Erfolge mit den Disney-Produktionen, dann hievte mich John Carpenter in die Actionschiene. Doch danach kam der erste Karriereknick, dem immer wieder kleine Comebacks folgten. Ich habe dazwischen auch wirklich schlechte Filme gemacht, teilweise sogar sehr schlechte. In Hollywood kannst du heute gefragt sein, und morgen interessiert sich kein Mensch mehr für dich. Aber immer wieder kamen großartige Leute auf mich zu und haben wieder an mich geglaubt, wie eben Quentin. Mir ist bewusst, dass nichts selbstverständlich ist und dass eine Karriere wirklich harte Arbeit ist. Gerade den Nachwuchsstars sollten wir alten Haudegen die Köpfe waschen und ihnen den ein oder anderen Tipp geben. Das Problem ist nur, sie wollen es nicht hören und denken sich: Was will der alte Sack mir schon beibringen, seine Zeit ist lange vorbei. Bis sie dann auf die Nase fallen.

Sie gelten als außergewöhnlicher Darsteller, trotzdem haben Sie nie eine Auszeichnung gewonnen. Würden Sie sich das noch wünschen?

Ich war einmal für den Golden Globe nominiert, aber ich habe nicht gewonnen, und Sie müssen mir glauben, das war mir ziemlich egal. Ich habe kaum in Rollen gespielt, die für einen Oscar relevant sind, und muss sagen, das wollte ich auch teilweise nicht. Ich bin mit dem zufrieden, was ich erreicht habe. Ich bin gesund, habe ein gutes Leben und eine Arbeit, die ich liebe, was sollte ich mehr verlangen.

Sie haben in unzähligen Western mitgespielt, ist das Ihr Paradegenre?

Nicht unbedingt. Aber ich muss zugeben, es liegt mir einfach. Ich liebe die Thematik, Duelle, Schießereien. Auch bin ich ein leidenschaftlicher Reiter, also würde ich sagen, in einem Western fühle ich mich sehr gut aufgehoben. Für das kommende Jahr stehen auch zwei Produktionen an, mindestens eine davon ist ein Western. Eventuell ist es auch nicht unbedingt der Western, weil ich gerne eine Waffe in der Hand halte, oder wie John Carpenter es einmal formuliert hat: Kurt hält sich gerne an einer Knarre fest, um seine Nervosität zu überspielen.

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