Wiener Linien: 140 Millionen Euro Schaden verursacht?

Foto: Gugerell
Foto: Gugerell

So gut wie jeder Stromkunde muss pro Stromzähler eine Ökostrompauschale bezahlen. Laut alles roger? vorliegenden Informationen drückten sich die stadteigenen Wiener Linien davor: Demnach soll ein Schaden von etwa 140 Millionen Euro entstanden sein - was den Strom für alle anderen teurer macht. Doch die Sache könnte noch kostspieliger werden.


Text: Klaus Faißner

 Wer aus Photovoltaik, Wind, Biogas oder Kleinwasserkraft Ökostrom herstellt, wird oft gefördert. Das Geld dafür stammt von fast allen Stromverbrauchern: Sie müssen für jeden Stromzähler (= Zählpunkt) eine Ökostrompauschale berappen. Wie alles roger? über einen Informanten erfuhr, müssten auch die Wiener Linien für zahlreiche Stromzähler diese Ökostrompauschale zahlen. Sie sollen es aber nur für einen tun.

Demnach hätten die Wiener Linien für den Betrieb ihre Straßen- und U-Bahnen etwa elf bis zwölf Millionen Euro pro Jahr nicht bezahlt. Rechnet man seit der Gültigkeit des Ökostromgesetzes 2006, so sei ein Schaden von rund 140 Millionen Euro entstanden. Bezahlen müsse das der Konsument mit höheren Ökostromabgaben als notwendig und damit mit höheren Stromkosten. alles roger? konfrontierte den Pressesprecher der Wiener Linien, Michael Unger, mit diesen Vorwürfen.

 Weiters fragten wir,

> ob es für diesen etwaigen Schaden Verantwortliche in der Wiener Landesregierung gebe und

> ob der Netzbetreiber Wienstrom wie vorgeschrieben eine Rechnung an die Wiener Linien gestellt habe.

Unger ging nicht auf die Fragen ein und erklärte: "Es gab diesen Sommer einen einstimmigen Parlamentsbeschluss, der unter anderem die Handhabe der Ökostrompauschale seitens der Wiener Linien eindeutig bestätigt und das auch rückwirkend klargestellt hat." Auf die Frage, um welchen Gesetzesbeschluss es sich handelt, bekamen wir keine Antwort mehr.

 "Wiener Netze sind schuldig"

Dass alles rückwirkend erledigt und damit alles in Butter sei, ist für den alles roger?-Informanten "vollkommener Quatsch". Schuldig seien aber nicht die Wiener Linien, sondern die Wiener Netze. Denn diese hätten den Betrag einkassieren müssen. Wir fragten bei Wiener-Netze-Unternehmenssprecherin Alexandra Melik Merkumians nach, warum das nicht geschehen ist. Antwort kam keine - was auch eine Antwort ist.

Und die Wiener Netze hätten das kassierte Geld an die OeMAG - die österreichische Abwicklungsstelle für Ökostrom - abliefern müssen, wissen wir wieder über den anonymen Szenekenner. Da dies nicht der Fall gewesen sei, hätte die OeMAG die Wiener Netze klagen müssen, wurde uns zugetragen. Außerdem wisse die OeMAG genau die Zahl der Zählpunkte der Wiener Linien.

Die Antwort der OeMAG: Ihr seien diesbezüglich keine Daten bekannt. Es gebe auch keinen Nachweis, dass die Wiener Netze zu wenig Geld abgeliefert hätten: "Auf Basis der erfolgten Meldungen ergeben sich aus Sicht der OeMAG keine Fehlbeträge." Bei Fehlern aber sei der Netzbetreiber verpflichtet, "Korrekturmeldungen zu erstellen, die umgehend zu einer Nachverrechnung führen". Auf Nachfrage erklärte unser Informant, dass neben der OeMAG auch der Stromregulator E-Control die Zahl der Zählpunkte wisse. Da könne die OeMAG nachfragen.

 Noch mehr Kosten für Stromzahler?

Sind die Wiener Linien und Wiener Netze jetzt aus dem Schneider? Nein, ist sich der Informant sicher. Denn wenn die Forderung tatsächlich nicht mehr offen wäre und ein Gesetzesbeschluss rückwirkend die Wiener Linien von der Zahlung der etwa 140 Millionen Euro befreit hätte, droht offensichtlich neues Ungemach: Andere Städte mit Straßenbahnen wie Linz, Graz und Innsbruck haben sehr wohl seit 2006 ordnungsgemäß für die Zählpunkte gezahlt. Und die würden dann ihre Millionen zurückverlangen. Zahlen müssten auch das die Stromkunden. Und das wäre wohl die teuerste Lösung.

Das alles roger? Abo

Jetzt zum Vorteilspreis bestellen und das Querformat für Querdenker wird monatlich bequem zu Ihnen nach Hause geliefert.

Bestellen Sie alles roger? für ein Jahr, und Sie bekommen uns zum vergünstigten Paketpreis monatlich nach Hause geliefert. Bestellen Sie mittels Online-Formular bequem von Ihrem Computer aus.


Aktuelle Ausgabe

Auch diese Ausgabe wird begleitet von einer Episode "Die Meinungsmacher". Klicken Sie auf das Cover um das Video zu starten.

Klicken zum Abspielen

Aktuelle Ausgabe ab jetzt im Handel erhältlich

» Jetzt abonnieren
Zum Sonderpreis von nur 17€ pro Jahr!