Wissenschaftler wollen Schwefelsäure in die Stratosphäre bringen, um weniger Sonnenlicht zur Erde kommen zu lassen - so soll die "Klimaerwärmung" eingedämmt werden. Den Startschuss soll das Forschungsprojekt Scopex geben. Dann könnten alle Dämme brechen, fürchten Kritiker. Einer der führenden Vertreter dieses Geo-Engineerings warnte davor, dass es mit solchen Techniken möglich ist, "das Leben auf dem Planeten Erde auszulöschen".
Text: Klaus Flaißner
Gefällt das Leben nicht mehr Dir, so trinke H2SO4. So lautet ein Spruch, der die Gefährlichkeit von Schwefelsäure (H2SO4) verdeutlicht. Ein paar Schluck und weg ist man. Jetzt wollen Wissenschaftler in einem nie da gewesenen Feldversuch hoch über unseren Köpfen gigantische Mengen Sulfat beziehungsweise Schwefelsäure und anderer problematischer Substanzen freisetzen.
Als Grund wird der Kampf gegen die sogenannte Klimaerwärmung genannt. Ein Schleier in der Stratosphäre würde das Sonnenlicht teilweise reflektieren. Weniger Licht würde zum Boden, zu uns dringen - das Pflanzen fürs Wachstum und Menschen für die Gesundheit dringend benötigen. Es würde finsterer und kälter. Der weltweit prominenteste Vertreter der "Klimaklempner" ist der US-Amerikaner David Keith. Selbst er gibt zu, dass dieser massive Eingriff sehr gefährlich ist. Die Technik sei geeignet, "das Leben auf dem Planeten Erde auszulöschen", zitierte ihn 2014 der Spiegel, der sich auf das Magazin New Yorker berief.
Einfallstor für "Großangriff"
Viele Anzeichen sprechen dafür, dass Wissenschaftler in Kürze offiziell mit dem Geo-Engineering - also technischen Eingriffen gegen den sogenannten Klimawandel - starten wollen. Scopex heißt das Projekt, bei dem ein Ballon einen "Stratosphärenkreuzer" (Stratocruiser) in die Stratosphäre in rund 25 Kilometern Höhe bringt. Dieser Cruiser versprüht dann die Partikel und führt im Anschluss Messungen durch. Nur ein Versuch, wollen Wissenschaftler beruhigen. Das ist das Einfallstor, um alle Hemmungen beim Versprühen eines Chemiecocktails fallen zu lassen, warnen Kritiker des Projekts.
Seit rund einem Jahrzehnt ist Scopex in Planung. Der Vordenker, Nobelpreisträger Paul Crutzen, hielt im Oktober 2006 auf Einladung des Institutes für Ionenphysik und Angewandte Physik einen Vortrag an der Uni Innsbruck, wo er für die großflächige Ausbringung von Schwefelpartikeln, die zu Schwefelsäure werden, warb. Die Innsbrucker Ionenphysiker kooperierten mit Crutzen laut eigenen Angaben seit 1996.
"Wir wissen es nicht"
Der Start für Scopex war ursprünglich für 2015 geplant, zuletzt wurde der Termin mit Dezember 2017 angegeben. Auch dieser Termin wird nicht halten, wie aus dem Gespräch von alles roger? mit dem gebürtigen Niederösterreicher Gernot Wagner hervorgeht. Er arbeitet mit David Keith an der Harvard-Universität zusammen und ist hier stellvertretender Direktor des seit April dieses Jahres existierenden Solar Geo-Engineering Research Program. Unter diesem Programm werde es bald einige Forschungsschwerpunkte geben, unter anderem auch höchstwahrscheinlich Scopex.
Ein Budget gibt es laut Wagner jedoch noch nicht. Zur Aussage seines Chefs David Keith, dass Geo-Engineering "das Leben auf dem Planeten Erde auslöschen" könnte, erklärt er: "Ich würde glauben, dass David Keith mit seiner Aussage nicht meinte, dass jegliche Art von Geo-Engineering zur Auslöschung des Lebens führt, vor allem nicht in kleinen Dosen." Und Scopex sei nur eine kleine Dosis und bekanntlich mache die Dosis das Gift. Auf die Frage, wie sich großflächige Ausbringungen etwa auf die Gesundheit der Menschen auswirken, antwortet er: "Wir wissen dies einfach noch nicht." Dass Scopex ein Türöffner für gigantische, gefährliche Geo-Engineering-Projekte sein könnte, verneint er: Es gehe darum, bestimmte Risiken besser zu quantifizieren.
Gefährlich und unumkehrbar
Dem widerspricht der aus Tirol stammende ehemalige Entwicklungsingenieur aus der Luft- und Raumfahrt, Franz Miller, heftig. Er hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Thema Wettermanipulation auseinandergesetzt und ist einer der eindringlichsten Warner der nicht absehbaren Folgen: "Scopex und andere Geo-Engineering-Programme müssen sofort gestoppt werden und das um jeden Preis", fordert er.
Derartige Eingriffe seien
> eine Gefahr für die gesamte Menschheit
> unumkehrbar,
> undemokratisch: die Bürger werden nicht gefragt,
> unwissenschaftlich: kein Wissenschaftler wisse die optimale Temperatur für den Planeten Erde.
Außerdem würde schon die angeblich winzig kleine Ausbringungsmenge von einem Kilogramm Schwefelsäure in Nanoform - wie bei Scopex vorgesehen - eine enorme Menge an Stratosphären-Atmosphäre kontaminieren. "Die Wissenschaftler spielen hier ganz bewusst mit dem Planeten und dem darauf befindlichen Leben", erklärt Miller. Für ihn hat der Wahnsinn einen Namen: "Suizidialer Umweltschutz im Namen des Klimawandels."
Naturkatastrophe als Vorbild
Geo-Engineering-Wissenschaftler nennen als Vorbild für ihre Vorhaben den verheerenden Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991, der zehn Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die Stratosphäre beförderte, woraufhin die Temperatur im darauffolgenden Jahr um 0,5 Grad Celsius abnahm. Doch eine künstliche Flutung der Stratosphäre mit Sulfaten beziehungsweise Schwefelsäure hätte fatale Folgen für die schützende Ozonschicht, wie 2008 Wissenschaftler des Jülicher Forschungszentrums im Magazin Science publizierten: "So könnte zwischen einem Drittel und der Hälfte der Ozonschicht über der Arktis zerstört werden", hieß es in einer Erklärung. Über der Antarktis sei bereits das gesamte Ozon in der Stratosphäre zerstört - ausgebrachte Schwefelsäure- beziehungsweise Sulfatpartikel würden aber die Regenerierung der Ozonschicht "um weitere 30 bis 70 Jahre verzögern". Kurz: Es wäre eine von Menschen gemachte Katastrophe.
Im Mai 2016 hielt der Scopex-Mitarbeiter und Harvard-Professor Frank Keutsch wieder einen Vortrag an der Uni Innsbruck. Keutsch ist auch auf der Mitarbeiterliste des Instituts für Ionenphysik und Angewandte Physik zu finden. Laut einem Informanten von alles roger? erklärte er dabei, welche Stoffe in großem Stil ausgebracht werden sollen:
> Aluminium-Partikel (Al2O3) in Nanoform und zwar in der Größe von 80 bis 240 Nanometer.
> Calcit-Partikel (CaCO3) in Nanoform
> Kunstdiamant-Partikel, die mit Schwefelsäure bedampft werden.
Die Gefahren für Mensch, Tier und Pflanze seien schwer bis gar nicht einzuschätzen. Scopex diene als Erforschung von Technologien wie das Versprühen der Schwefelsäure.
Nanopartikel am gefährlichsten
Das Besondere und Gefährliche an Nanopartikeln ist - wie der Name schon sagt - deren Kleinheit: Ein rotes Blutkörperchen ist fast 100 Mal größer als ein Nanoteilchen. Laut Forschungen, können diese Kleinstpartikel
> direkt in den Zellkern vordringen und den Träger der Erbinformation (DNA) schädigen,
> die Hirnentwicklung von Föten beeinflussen und sich im Gehirn von Kindern und Erwachsenen anlagern, weil Nanopartikel die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen,
> zu schweren Lungenkrankheiten bis hin zum Ausfall des lebenswichtigen Organs führen.
Besonders die Auswirkungen von schwefelsäurebedampften Nanoteilchen wären fatal: Sie würden die Lunge von innen heraus verätzen.
Regierung könnte Gefahr bannen
Die neue Bundesregierung hätte es in der Hand, mit einem Gesetz jeglicher Wetterbeeinflussung in großem Stil den Riegel vorzuschieben. Sie könnte dabei auf einen UNO-Beschluss von 1977 zurückgreifen: die sogenannte ENMOD-Konvention, die die großflächige Wetterbeeinflussung verbietet.
Internettipp: www.franzmiller.at