Keiner sollte mehr auf die Nazikeule reagieren

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Peter Cornelius hat mit Unverwüstlich ein neues Album auf den Markt gebracht. Im Interview mit alles roger? erläutert er seine kraftvollen Botschaften und erklärt, wie wichtig Bewusstsein und Widerstand heute sind. Er nimmt sich über die EU, Sprechverbote sowie Einwanderung kein Blatt vor den Mund - und warnt, dass es eine halbe Sekunde vor zwölf ist.


Interview: Martina Bauer

 Ihr neues Album "Unverwüstlich" ist richtig stark. Fühlen Sie sich auch so?

Ja, ich fühle mich so kraftvoll. Durchaus. Ein paar Tage vor der Tour, die ich jetzt spiele, fühle ich mich sehr gut.

 Wie viel Biografie steckt zum Beispiel im Song "Selbstverwirklichung"? Wie weit haben Sie sich schon selbstverwirklicht? Und ist dieses Album Zeugnis davon?

Das Album ist auf jeden Fall Zeugnis davon. Meine Lieder kommen immer aus dem Gefühlsleben oder von Beobachtungen. Die Selbstverwirklichung steht bei vielen Menschen oft einfach vor der Tür. Dann ist sie überfällig. Meist sind es künstlerische Betätigungen, zu denen man nie gekommen ist, weil das praktische Leben immer im Vordergrund stand. Ich kann nur jedem raten, es zu tun. Das Versinken in diesem Tun kann schon ein sehr bereichernder Zustand sein, den man so vorher nicht kannte.

 Ist "Kinder spüren" nun mit 66 eine Aufarbeitung Ihrer eigenen Kindheit?

Das ist eine Aufarbeitung. Das hat mein ganzes Leben immer eine Rolle gespielt. Ich wollte das Stück nicht veröffentlichen, solange meine Eltern noch gelebt haben. Jetzt sind sie gegangen und ich hab' es mir von der Seele geschrieben. Ich hatte Glück, war als Kind viel bei meiner Großmutter. Die Frau hat mich gerettet. Vielleicht bewirkt der Song, dass sich Elternteile zurücknehmen und Rücksicht nehmen auf die Kinder. In Zuständen von Bitterkeit und Hass kann sich der Mensch dann sehr in intensivem Egoismus einkrampfen und alles rundherum gar nicht mehr wahrnehmen. Vielen ist das nicht bewusst und sie geben es dann auch an ihre Kinder weiter.

 Ebenfalls eine starke Botschaft hat die Nummer "Raue Händ" ...

Ja, das ist auch eine ganz kraftvolle Botschaft: Bist du zum Widerstand fähig, heut? Das Leben hat raue Händ, lass dir jo net ins Gsicht greifen! Die beiden Lieder spiele ich auch bei meinen Konzerten.

 Bei "Innere Stimm'" erzählen Sie, wie wichtig es wäre, mehr auf die innere Stimme zu hören. Was sagt die Ihre zur derzeitigen politischen Situation in Österreich und in Europa?

Ich glaube, der Auslöser für dieses immense dumpfwabernde Unwohlsein ist die Migration. Auch die EU mit immer mehr Fremdbestimmung. Was unser Land betrifft, bin ich für eine Re-Republikanisierung unseres Bewusstseins für das, was wir an dem Land haben. Ich bin der Ansicht, dass wir hier als Gemeinschaft in erster Linie Österreich sind und dann Teil Europas. Nicht umgekehrt. Die Leute sollten sich angewöhnen, das laut zu sagen. Das ist so ein dumpfer Zustand, dass sich niemand mehr äußert. Wir haben ein Meinungsdiktat und kollektives Verbot, sich über die Dinge zu äußern. Wir können uns unser Land nicht von der EU auflösen und zu einem insgesamt europäischen Matsch machen lassen. Den dann noch dazu der Juncker regiert. Wenn die Leute auf die EU keinen Löffel mehr haben, werden die uns noch immer sagen, wie wir diesen Löffel zu halten haben.

 Wenn man sich äußert, trifft einen die Nazikeule.

Darauf sollte niemand mehr reagieren. Das ist ja ein Irrsinn. Da war ich doch noch gar nicht auf der Welt.

 Dann kommt die Empfehlung, dass man Geschichtsbücher lesen soll.

Ich habe viel über ganz schreckliche Dinge gelesen. Dennoch war ich nicht dabei und kann auch nichts dafür. Davon sollten sich die Leute endlich mal abnabeln. Verschwörungstheoretiker, Rassist und Nazi - darauf sollte niemand mehr reagieren. Das sind ja ganz infantile Begriffe, mit denen man auf die Leute hinschlägt, die sich Gedanken und Sorgen über die Entwicklung machen.

 Aber das ist der Ausschaltknopf.

Ich sehe ja, was in Deutschland passiert. Die Menschen wissen gar nichts von den Plänen zur Umstrukturierung der Zusammensetzung der Bevölkerung. Nach dem Wunsch der Leute, die das vorantreiben, geht das im steigenden Tempo. Seit 2015 ist da viel Unruhe ausgebrochen. Wenn sich die Leute informieren würden, was in Frankreich, Schweden, Deutschland oder auch in Belgien los ist. Dieser Macron will uns erzählen, was mit uns zu passieren hat, redet von einem gemeinsamen EU-Migrations- und Finanzministerium. Die Republiken sollen entmündigt werden. Dabei hat Frankreich 750 No-go-Areas. 750! Schweden hat auch schon 60. Die Deutschen haben ebenfalls einige, aber sie vermeiden um jeden Preis diesen Begriff. Wenn sich die Leute nicht bald mal für diese Entwicklung interessieren und so tun, als wäre das alles nicht, dann ist es halt so. Ich hoffe, dass Österreich diese Entwicklung nicht nimmt. Dass wir dem noch knapp entkommen können. Bei uns ist es im günstigsten Fall eine halbe Sekunde vor Zwölf und ich hoffe sehr, dass der neue Kanzler das noch schnell herumreißt. Wir können diese Hoffnung noch haben.

 Sie sind bekannt als kritischer Singer-Songwriter, denn schon "Reif für die Insel" war ja mehr systemkritisch als dem Wunsch nach Urlaub geschuldet. So ist es auch mit dem Lied "Süden" auf dem neuen Album, oder?

Ja. Süden ist die Geschichte der gesamteuropäischen Situation. Die Menschen sind je nach Wetterlage völlig verschieden drauf. Die Nordeuropäer mussten sich schon im Sommer um den Winter kümmern. Das haben die Südeuropäer nicht. Die ticken ganz anders. Im Fall von Griechenland wird die Hilfe gar nicht möglich sein. Das ist ein völliger Irrsinn. Denen würde es mit der Drachme besser gehen. Die Geschichte wird das der EU vorhalten. Der Juncker ist ja so widerlich, begrüßt seine Kollegen mit der freundschaftlichen Watschn, und im EU-Parlament tummeln sich 20.000 Lobbyisten. Europa ist eine schwer kranke Angelegenheit. Alles, was Juncker will, ist auch noch die anderen reinzuziehen. Die Länder zum Beispiel, die noch keinen Euro haben. Er will, dass die EU so aufgeblasen ist, dass sie too big to fail ist. Die Geschichte wird aufzeigen, dass die Visegrád-Staaten die vernünftigsten sind im derzeitigen Europa. Die Neigung dorthin sollte sichtbar und spürbar werden. Wir sind ja neutral und können das gut, uns neutraler zu verhalten. Durch eine Anbindung dort könnten wir uns einen Bürgerkrieg ersparen. Denn wenn man das Wort Nation nicht mehr aussprechen darf, dann explodiert die Blödheit ja wirklich aus sich heraus. Es gibt auch den Nationalfeiertag oder das Nationalteam.

 Apropos too big to fail. Sie haben ja Bankkaufmann gelernt ...

Aber geh, ich bin da nur hingegangen, um die Eltern zu beruhigen. Ich war da nur anwesend. Das war verlorene Lebenszeit. Ich wusste nicht mal, dass man einen Scheck hinten unterschreiben muss. In der Mittagspause habe ich Gitarre gespielt. Die Kollegen wussten nichts mit mir anzufangen und umgekehrt auch nicht.

 Vieles hat sich geändert, seit "I leb' in ana Wolkn". Ihre Frisur aber nicht. Sind die wilden Locken ein Statement?

(Lacht). Ich hab keine andere Frisur. Es lässt sich nichts anderes daraus machen.

 Wie halten Sie sich fit? Yoga, Meditation?

Ich halte mich geistig sehr fit und das wirkt sich auch auf den Organismus aus. Dass mich Dinge interessieren, die für mein Überleben unbedeutend, aber hochinteressant sind.

 Was machen Sie am liebsten, wenn Sie nicht an Ihren Songs arbeiten?

Ich verbringe sehr gerne völlig unverplante Freizeit. Da treffe ich dann Freunde oder bin mit meiner Frau unterwegs. Ein großer Teil meines Lebens war ständig verplant, Album, Tour, Interviewtermine und all das. Ich habe viel Zeit meines Lebens damit verbracht, Entfernungen zu überwinden. Wir sind sehr gerne in New York. Viel von dem Album ist dort entstanden.

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