Zwei Tage vor dem WM-Finale im Luschniki-Stadion von Moskau beginnt am Favoritner Verteilerkreis eine neue Zeitrechnung in Violett. Eine neue Ära der Austria. Mit der Eröffnung der neuen Generali-Arena gegen Borussia Dortmund.
alles fußball? von Peter Linden
Leider verabschiedete sich bei Borussia Dortmund nach der Qualifikation zur Champions League mit Peter Stöger der letzte violette Meistertrainer. Der als Gegner hätte die Eröffnung der neuen Austria-Arena noch attraktiver gemacht. In einem Viersterne-Stadion, in dem am 27. September die Zwölferliga mit dem Heimspiel gegen Wacker Innsbruck beginnen, am 6. September Österreichs erstes Herbst-Länderspiel gegen den WM-Teilnehmer Schweden über die Bühne gehen wird, in dem die Endspiele im Uniqa-Cup von 2019 bis 2021 stattfinden werden und für 2020 auch ein Highlight im Frauenfußball bereits Ende Mai fix vergeben wurde. Das Endspiel in der Champions League der Damen.
Ausverkauft
Die Generali-Arena bietet 17.500 Zuschauern Platz, verspricht laut Austrias AG-Vorstand Markus Kraetschmer durch Skyboxen, Logen, insgesamt 1.300 VIP-Plätze, Mehreinnahmen um die vier Millionen Euro pro Saison. Die Bilanz, die Kraetschmer zieht, klingt sehr positiv: Praktisch alle Boxen sind für einen Zeitraum zwischen drei und zehn Jahren bereits verkauft! Mit Preisen, die höher sind als beim grün-weißen Erzrivalen, seit zwei Jahren im Hütteldorfer Allianz-Stadion. Bei Austria kostet eine Skybox 127.000 Euro netto pro Saison, eine Loge ab 70.000 netto, ein Business-VIP-Abo 9.000, ein Arena-VIP-Abo 2.600. Alles exklusive 20 Prozent Umsatzsteuer. Das sorgt abgesehen vom Umstieg auf Sonnenergie im neuen Stadion auch für neue violette Power in Sachen Finanzen. Oder wie es Kraetschmer ausdrückt: "Das bringt Planungssicherheit, die man absolut braucht."
So viele Abos wie für das neue Stadion verkaufte Austria noch nie: Mitte Juni waren es 5.000!
Auch neue Mannschaft
Aber vor der Eröffnung gab es auch sportlich einen der größten Umbaue in der Klubgeschichte bei der Mannschaft. Als Konsequenz auf den Absturz der letzten Saison bis auf Rang sieben, die verpasste Qualifikation für einen internationalen Bewerb, mussten zwölf Spieler gehen. Einen Monat und einen Tag vor der Eröffnung auch Sportchef Franz Wohlfahrt, trotz im Jänner verlängerten Vertrags bis 2021. Kraetschmer kannte keine Gnade, gewann auch Präsident Wolfgang Katzian für den großen Umsturz, bevor der auch offiziell die Nummer eins im ÖGB wurde. Auch im Aufsichtsrat, in dem unter anderem der ehemalige Vizekanzler Josef Pröll sitzt, fand Kraetschmer die Mehrheit. Austria-Kenner sprechen von einer Machtfülle, wie sie zuletzt der 1992 verstorbene "Mister Austria" Joschi Walter hatte. Als neuen technischen Direktor installierte Kraetschmer den bisherigen Akademieleiter Ralf Muhr, den "Erfinder" von Trainer Thomas Letsch. Dass Muhr aber in sportlichen Belangen etwas zu entscheiden hat, das kann sich keiner vorstellen. Kraetschmer sieht das alles als professionelle Neuaufstellung.
Nobelessen, gute Lage
Die Unterschiede der Generali-Arena zum Allianz-Stadion Rapids, das 10.000 Zuschauer mehr fasst? Im Austria-Stadion hat jede Tribüne ihr Innenleben. Die im Westen ist für die Familien samt Kindergarten et cetera vorgesehen, der Osten gehört den Fans und dem Viola-Pub, dort entstanden auch Aufenthaltsräume für die Spieler. In der neuen Nordtribüne gibt's eine Tiefgarage, die VIP-Räumlichkeiten und die neue Geschäftsstelle. Im Süden bleiben die Mannschaftskabinen und Medieneinrichtungen. Was kriegt man bei der sechsstelligen Investition in eine private Skybox? Platz für zehn Personen mit direktem Zugang zu eigenen Sitzplätzen, Nutzungsmöglichkeit auch abseits des Spieltags für Schulungen, Feiern, Seminare oder Produktpräsentationen, fünf Parkplätze in der Tiefgarage mit direktem Zugang, sprich Lift, in den VIP-Bereich. Gourmet-Verköstigung vom Nobelcaterer Do & Co, der eine individuelle Menügestaltung ermöglicht. In die Logen haben acht Personen Zugang. Die Lage der Generali-Arena bringt auch Vorteile: Neben der Südosttangente, in 30 Minuten kann man am Flughafen sein. Dank der neuen U-Bahn-Anbindung von der Station Altes Landgut vor dem Stadion, dauert es nur 20 Minuten bis ins Stadtzentrum. Rundherum ist die Stadtentwicklung unübersehbar: Ein Viola-Park mit Wohnungen, einem Ballsportgymnasium und Geschäften für Nahversorgung.
Kürzere Wege
"Jedes Heimspiel muss Eventcharakter haben", fordert Kraetschmer. Aber die Erwartungen bleiben in realistischem Rahmen. Zumal die 42 Millionen Euro, die das Stadion kostete, zurückgezahlt werden müssen. Die Kosten stemmte die Austria teils durch Kredite, 1,5 Millionen brachte das sogenannte Crowd Investing innerhalb von 28 Stunden. Der Vorstand erwartet im neuen Stadion, das auch durch einen violetten Kunstrasen um das Spielfeld auffällt, einen besseren Zusammenhalt: "Es gibt kürzere Wege. Die Mannschaft trainiert nicht mehr im Burgenland, sondern vor dem Stadion. Da kann man von der Geschäftsstelle zusehen, dadurch gibt's kürzere Wege, um sich mit technischem Direktor, Trainern, Scouting-Abteilung zusammenzusetzen und abzustimmen. Davon erwarte ich mir einiges." Von den Mehreinnahmen lässt Kraetschmer pro Saison eineinhalb bis zwei Millionen in den Sport fließen.
Titel 2020 im Visier
Wird die Austria im neuen Stadion zum neuen großen Jäger von Serienmeister Red Bull Salzburg? "In der ersten Saison noch nicht", weiß Kraetschmer. Denn so schön das Stadion auch sein wird, es spielt nicht Fußball. Aber mittelfristig müsse sich etwas zum Besseren ändern: "2019/20 darf nicht mehr die Devise gelten, dass mit Platz zwei das Maximum erreicht wurde." Die Sehnsucht nach dem Titel ist bei Austria sehr groß. Auch wenn der letzte mit fünf Jahren nur halb so lang zurückliegt wie der von Rapid.