Österreich ist regierungslos

Foto: Gerald Grosz
Foto: Gerald Grosz

Bundeskanzler Sebastian Kurz nahm die zweifelsohne moralisch verwerfliche Verfehlung zweier Einzelpersonen zum Anlass, um knapp neun Millionen Österreicher über die nächsten sechs Monate mit Streit, Stillstand und Neuwahl zu bestrafen, sie für parteipolitische Spielchen in Geiselhaft zu nehmen.


alles roger?-Gast-Kommentar von Gerald Grosz

Denn solange wird es dauern, bis Ende des Jahres 2019 überhaupt eine neue und handlungsfähige Regierung die Arbeit wieder aufnehmen kann. Und Gott möge davor behüten, dass es wieder eine Neuauflage des schwarz/roten Stillstands wird. Denn wie heißt es so schön: Es kommt nichts Besseres nach! 

Statt in einer Regierungskrise staatspolitisch verantwortungsvoll und souverän zu agieren, das große Ganze im Auge zu behalten, wurde parteipolitisch taktiert, machiavellistisch intrigiert. Mit Hilfe des grünen Gerontokraten, des willfährigen Steigbügelhalters Kurz', des sprechenden Aschenbechers in der Hofburg, hat Kurz die Mehrheitsverhältnisse im Land negiert, das Wahlergebnis aus dem Jahr 2017 getilgt. Eine lumpige Regierungskrise hat sich zu einer gewaltigen Staatskrise ausgewachsen. Die Betroffenheit der Bürger unseres Landes ist groß, denn die nunmehr mutwillig geputschte Regierung hatte eine satte Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Die Menschen konnten sich mit den Initiativen identifizieren, empfanden die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kurz und Strache nach Jahrzehnten der Lähmung als wohltuende und erfrischende Abwechslung. 

Familienbonus, Deutschförderklassen, strengere Asylgesetze, eine Lehrlingsoffensive, die Abschaffung des Pflegeregresses, 4.100 Polizisten für mehr Sicherheit, ein Maßnahmenpaket gegen den politischen Islam, Kopftuchverbot, Sozialversicherungsreform und so weiter. Österreich galt als Modellprojekt Europas, denn der große Nachbar Deutschland versank im "Wir schaffen das"-Chaos von Sesselkleberin Angela Merkel. Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. So lautet doch eine der geflügelten Weisheiten, die sich angesichts der Dramatik der hervorgerufenen Staatskrise durchaus bewahrheiten. Und vieles hätte noch erledigt werden müssen, um das tägliche Leben unserer Mitbürger weiter zu verbessern. Die angekündigte Erhöhung der Mindestpension auf 1.200 Euro ist Geschichte. Die Steuerreform mit der linearen Senkung der Einkommensteuer um fünf Prozent abgeblasen. Auch die Reform der Sozialversicherungsträger können wir uns aufzeichnen, denn in den erstmals zusammengelegten Gremien werden die einstigen rot/schwarzen Bonzen von gestern rasch wieder Platz nehmen und die Tröge der Versicherten plündern. 

Auch das Aufatmen am Küniglberg ist groß. Die ORF-Reform versenkt, die GIS-Gebührenabschaffung vergessen. Natürlich wird nun in den Parteizentralen damit spekuliert, dass der Wähler bis September vergisst. Ich sage aber: Gott vergibt, der Wähler nicht! Und an die Adresse jener Bürger, welche 2017 mit der türkisen Stimme für Sebastian Kurz geglaubt haben, die Fesseln des rot/schwarzen Proporzes gesprengt, den lähmenden Stillstand überwunden zu haben, gerichtet: Die gute alte Tante ÖVP, tiefschwarz und unbeweglich ist wieder da. Die Betonierer-Fraktion hat gewonnen, das Land hat verloren!

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