ORF: Ein Leitmedium dankt ab oder: Das Ende des Regenbogens

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Groß war die Erleichterung an diesem denkwürdigen 17. August 2006, als der ORF-Stiftungsrat mit der sogenannten "Regenbogenkoalition" aus SPÖ, FPÖ, Grünen und den damals entscheidenden Stimmen des BZÖ der Ära Mück/Lindner ein Ende setzte und Alexander Wrabetz zum ORF-Chef machte.


alles roger?-Kolumne von Peter Westenthaler

Es war weniger ein Voting gegen Lindner, die retrospektiv gesehen das Unternehmen im Vergleich zu heute passabel führte. Vielmehr war es eine Abwahl eines parteipolitisch geschlossenen Systems unter dem Infodirektor Werner Mück, der den ORF mit einer Propagandaorgel für schwarze Parteiinteressen verwechselte.

Wrabetz sollte - ausgestattet mit der "Regenbogenmehrheit" - den ORF zu neuen Qualitäten führen. Zu einem öffentlich-rechtlichen Leitmedium abseits parteipolitischer Begehrlichkeiten. Das ORF-Gesetz mit einem klar definierten Objektivitätsgebot verpflichtet alle im ORF zu einer "objektiven Auswahl und Vermittlung von Information in Form von Nachrichten und Reportagen. Die Wiedergabe und Vermittlung von - für die Allgemeinheit wesentlichen - Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ... sowie eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität." So heißt es im ORF-Gesetz Paragraf 4, Absatz 5.

Heute, rund zwölf Jahre danach, muss man leider kopfschüttelnd bilanzieren: Der ORF ist unter Wrabetz sowohl am gesetzlichen Auftrag als auch am eigenen Anspruch gescheitert. Was sich in den letzten Wochen und Monaten, speziell seit der türkis-blauen Regierungsbildung zugetragen hat, ist so unfassbar und unakzeptabel, dass es nur zwei zulässige Schlüsse gibt: Der ORF hat als Leitmedium endgültig abgedankt. Wir sind am Ende des Regenbogens. So eine Serie an Pleiten, Pech, Pannen und vor allem parteipolitischer Agitation quer durch fast alle ORF-Sendungen von Information über Unterhaltung, ja sogar bis zum Sport, hat es noch nie gegeben.

Beispiele gefällig? Zunächst die offensichtlichen Skandale: Von der plumpen Manipulation im ORF-Tirol, wo man den FPÖ-Kandidaten durch Zensur und Verdrehung des wirklich Gesagten im ORF-Beitrag zum Nazi stempeln wollte bis zum "Liken" eines Tweets durch Wrabetz höchstselbst, in dem die FPÖ-Spitze in eine Reihe mit Nazi-Größen gestellt wurde. Freilich ein Versehen, wie nach Auffliegen hurtig versichert wurde. Dann die Zensur der Teilnahme des FPÖ-Verkehrsministers Hofer am wichtigen Münchner Transitgipfel. Noch viel schlimmer aber sind die täglichen, versteckten, hinterhältigen Politmanöver. Seit die neue Regierung im Amt ist, wird alles, was sie macht, niedergemacht.

In praktisch jeder Info-Sendung werden neben den obligat-gehätschelten Vertretern der Opposition auch noch handverlesene sogenannte "Experten" geladen, die irgendeinen noch so weit hergeholten, "wissenschaftlich fundierten" Grund liefern dürfen, warum diese oder jene Idee der Regierung schlecht ist. Eine besondere Blüte dieses Expertenschwachsinns war die in allen ORF-Sendungen gleich verlautbarte seltsame Meinung, wonach höhere Strafen für Kinderschänder den Opfern nichts bringen würden. In den immer flacher werdenden (letzten) sogenannten ORF-Unterhaltungsendungen hat ebenfalls das fröhliche Türkis-Blau-Bashing, entweder unter der Gürtellinie wie im linken Flachwitzformat Willkommen Österreich oder aber halblustig in den Comedy-Varianten auf Ö3, Einzug gehalten.

Besonders beliebt ist dabei das "Runtertodeln" des Kanzlers auf Basis seines ach so lustigen Namens. Mit "Kurz" und seinem jugendlichen Erscheinungsbild kann man ja so viel Lustiges (und völlig Verblödetes) anstellen. Ja, sogar der Sport macht vor Polit-Agitation nicht mehr halt. So durfte ORF-Sportgenosse Oliver Polzer ungeniert im Zuge der Wengen-Abfahrt gegen FPÖ-Innenminister Kickl recht unzweideutig vom Leder ziehen, als er während der Liveübertragung meinte, man solle sich gerade in diesen Tagen beim Reden "konzentrieren", damit dann nicht so viel Blödsinn rauskommt. Garniert wird der "öffentlich-rechtliche", wenn auch "offen-unrechtliche" ORF-Politdruck mit offenen "Tweetereien" und fragwürdigen Zusatz-Engagements so mancher ORF-Moderatoren, die ganz offensichtlich auf jedwede Objektivität, zu der sie verpflichtet sind, bewusst verzichten.

Das alles und vieles mehr passiert täglich unter Duldung jenes ORF-Chefs Wrabetz, der sich noch dazu als neuer Info-Chef selber zum doppelten Verantwortungsträger gemacht hat. Dabei sollten am Küniglberg alle Alarmglocken schrillen. Denn nun hat sich eine breite Front gebildet, deren absoluter Veränderungswille mit jenem der Regenbogenkoalition aus dem August 2006 vergleichbar ist. Der besonnene FPÖ-Minister Hofer formuliert im alles roger?-Interview auf Seite 26 eine Ansage mit Sprengkraft: "Wir sind sehr entschlossen, ein neues ORF-Gesetz zu beschließen." Dies ist eine echte Kampfansage an das in Skandalen versinkende ORF-System unter Wrabetz. Mit dem neuen Gesetz kommt das Ende der ORF-Gebühren und auch die Neuwahl der ORF-Führung. Eine neue Chance für einen neuen ORF, der sich dann ohne Zwangsgebühren dem Wettbewerb stellen muss. Und der, anstatt dem täglichen Bruch des Objektivitätsgebotes durch parteipolitische Agitation einiger seiner Akteure zuzusehen, das Unternehmen wieder zu einem ernstzunehmenden Leitmedium aufbauen kann. Noch nie zuvor war ein neues ORF-Gesetz so wichtig wie heute und seit 2006 war man nicht mehr so entschlossen, ein parteipolitisch geschlossenes System in die Wüste zu schicken.

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