Meine Omi, stolze 92 Jahre alt, hat sich vor vier Jahren in Perchtoldsdorf eine nette kleine Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung gekauft. Mit Blick auf eine Häuserwand!
alles roger?-Kolumne von Gabriela Benesch
Lage - nicht zentral!
Preis - lächerliche 300.000 Euro ...!!!
"Omi, meinst Du nicht, dass das etwas übertrieben ist?"
"Warum? Ich will in der Nähe sein von meinem Freund!"
"Aber der ist doch seit vier Jahren mit einer anderen Frau zusammen?!"
"Egal - Ich liebe ihn immer noch ..."
Gesagt, getan - Omi hat den Vertrag unterzeichnet und das Liebesnest gekauft!
Es kam uns alles etwas eigenartig vor, aber eigenartig war Omi schon ihr ganzes Leben lang, also haben wir uns gedacht: Ok, wenn sie glücklich wird dabei, warum nicht?!
Erst als Omi ein paar Monate später mit uns beim Mittagessen saß, und uns mitteilte, es komme noch jemand dazu, ihr neuer Freund, wurden wir skeptisch.
"Du hast einen neuen Freund? Das hast du gar nicht erzählt! Wie heißt er denn?"
"Du kennst ihn nicht."
"Ja, darum frag ich ja: wie heißt er?"
"Er hat gesagt, er kommt!"
"Gut - und wann kommt er?"
"Wer?"
"Dein neuer Freund!"
"Ich habe keinen Freund!"
Als sie beim nächsten Besuch statt dem Telefon das Tempo-Taschentuch-Packerl in die Hand nahm, um mich anzurufen, obwohl ich neben ihr am Tisch saß, war mir klar, Omi ist nicht mehr bei Sinnen.
"Omilein, wir sollten mal zum Arzt..."
"Wer sagt das?"
"Naja, man sollte einmal im Jahr zur Kontrolle. Das machen alle Menschen!"
"Ich bin gesund, ich brauche keinen Arzt."
Schließlich hat das Schicksal nachgeholfen. Nachdem wir Omilein zwei Mal in Folge mit Rettung, Polizei und Feuerwehr aus ihrer Wohnung befreien mussten, wurde im Spital eine fortgeschrittene Demenz diagnostiziert.
Von da an ging es schnell. Ich wurde ihre Sachwalterin, habe die Verwaltung ihres Mietzinshauses übernommen, koordinierte die weiteren medizinischen Untersuchungen, ihre Betreuung und organisierte eine 24-Stunden-Pflegehilfe aus Rumänien.
"Omi, schau, diese Dame hilft dir jetzt im Haushalt und ist für dich da, damit du nicht alleine bist!"
"Ich brauche niemanden - ich bin gesund!"
Von der Wohnung in Perchtoldsdorf hat Omi nie wieder gesprochen, und so wurde in ihrem Sinne vom Gericht beschlossen, die Wohnung wieder zu verkaufen.
Doch so einfach ist das nicht. Die Wohnung kann nicht verkauft werden, da noch nicht alle Parteien ihren Wohnungseigentümer-Vertrag unterzeichnet haben!
Eine Mieterin, etwas jünger als die Omi, weigert sich, da die Parkplatz-Nummer in der Tiefgarage identisch ist mit dem Sterbedatum ihres Mannes.
Eine andere Mieterin, etwas älter als die Omi, will den Vertrag nicht unterzeichnen, da ihr zugewiesener Parkplatz von der Baubehörde konfisziert wurde, da sich dieser und nur dieser, als Behinderten-Parkplatz eignet und diese Dame einen anderen Parkplatz nehmen muss, was ihr nicht passt.
Ich hab? also, seit Omilein das Telefon mit einem Tempo-Taschentuch-Packerl verwechselt hat, eine Menge Arbeit und eine Menge Ärger, und nachdem Omi 18 Pflegekräfte in kürzester Zeit in die Wüste geschickt hat, ist sie endlich glücklich mit ihrem "fremden Mädchen" (wie sie selbige nennt). Und jeden Tag wartet sie darauf, dass ihr Ehemann nach Hause kommt, der vor dreißig Jahren gestorben ist.
"Omilein, wie geht es Dir?"
"Danke! Ich bin gesund! Das Mädchen sind sehr nett. Wie lange bleibt es?"
"Naja, wie lange darf sie denn bleiben?"
"Sie kann heute hier übernachten, aber morgen brauche ich mein Zimmer, da kommt mein neuer Freund!"