Spätestens nach dem jüngsten Facebook-Skandal ist eines klar geworden: Mark Zuckerberg ist keinesfalls der nette Junge von nebenan, auch wenn uns der jugendliche Lockenkopf im Kapuzenpulli gerne etwas anderes vorspielt.
alles roger?-Kolumne von Felix Baumgartner
Der Gründer von Facebook hat das Vertrauen von über 87 Millionen Nutzern missbraucht, indem er die sensiblen Daten seiner Nutzer "unzulässig" mit der britischen Datenanalysefirma Cambridge Analytica geteilt hat. Das bestätigt auch sein Technologiechef Mike Schroepfer in einer Pressemitteilung. Nomen est omen. Es sieht so aus, als wäre sein Name Programm und das "Schröpfen" von Facebook-Usern eine wohlkalkulierte Methode, mit den Daten von Facebook-Kunden sehr viel Geld zu verdienen.
Facebook hat viel Gutes, keine Frage, macht aber gleichzeitig auch viele Fehler. Das Unternehmen hat jahrelang die Bedenken von Datenschützern ignoriert und Anwendungen erlaubt, auf die Daten von Freunden seiner Nutzer zuzugreifen. Facebook hatte bisher keinerlei Interesse daran, seine Nutzerinnen und Nutzer konsequent und ehrlich zu informieren. Warum sonst sendet man den betroffenen 87 Millionen Menschen nicht einfach eine E-Mail, damit endlich die Sicherheit da ist, ob man selbst betroffen war oder nicht? Auch schnell verfügbare Ansprechpartner für einfache Nutzerinnen und Nutzer fehlen leider gänzlich. Kontraproduktiv ist auch das ständige Ändern von Einstellungen. Es nervt und verwirrt Nutzerinnen und Nutzer gleichermaßen. Wer hat schon große Lust, sich regelmäßig durch neue Menüs zu wühlen?
Digitale Versuchskaninchen
Ein globaler Player in dieser Größenordnung und mit so viel Geld ausgestattet, wäre gut beraten, hier anders zu agieren! Facebook ist auf einem Auge blind und sieht seine Verantwortung nicht. Die Firmenstrategie erst einmal zu machen und dann zu schauen, was passiert, ist fatal und gefährlich. Es macht uns zu digitalen Versuchskaninchen. Hier bräuchte es mehr Verantwortung seitens Facebook. Facebook muss reguliert werden und zwar schnell. Es ist in den vergangenen Jahren zum wichtigen Bestandteil unserer Kommunikations- und Informationsgesellschaft herangewachsen und die Gefahren, die soziale Netzwerke unter anderem für unsere Demokratie mit sich bringen, haben sich zuletzt mehr als deutlich gezeigt.
Wenn die von Facebook an Cambridge Analytica weitergegebenen Daten der Facebook-User wirklich den Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump beeinflusst haben, wäre das ein Skandal biblischen Ausmaßes. Dann sollten sich die weltweit organisierten Protestmärsche nicht mehr nur gegen Donald Trump richten, sondern auch gegen Mark Zuckerberg.
Einseitige Infos
Aber was können wir dagegen tun? Mit Facebook wurde 2004 eine riesige Datenkrake geschaffen, die wir selber täglich füttern. Soziale Netzwerke und das Internet können von uns jederzeit kostenlos genützt werden, doch nichts im Leben ist umsonst, es hat alles seinen Preis. Wir bezahlen mit unseren Daten, sie sind die Währung des 21. Jahrhunderts. Gleichzeitig machen wir uns mitschuldig am schleichenden Tod der Demokratie. Firmen wie Facebook stehen für Informationsmonotonie und bestimmen, was täglich in unsere Timelines gespült wird. Wir sind 24 Stunden am Tag manipulierbar geworden und bewegen uns nur mehr in unseren eigenen Filterblasen. Einseitiger Informationsfluss ist der Feind der Demokratie, denn wie wollen wir bei Wahlen richtig entscheiden, wenn wir vom Netz nicht das gesamte Spektrum zur Verfügung gestellt bekommen
Verantwortung
Eigentlich haben wir uns selber verkauft!
Wer das Internet vollumfänglich verstehen will, muss lesen lernen, und zwar digitales Lesen. Erst wenn man die Zusammenhänge von Algorithmen mit der Bedeutung von sensiblen Daten versteht, kann man den Ernst der Lage richtig einschätzen. Wir werden neue Unterrichtsfächer brauchen, um unsere Kinder auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Nicht alles, was gepostet wird, eignet sich auch für die Öffentlichkeit. Nicht jede reflexartige Gefühlsregung soll und darf per Knopfruck in den unendlichen Weiten des World Wide Web verbreitet werden. Jugendliche haben sich bereits das Leben genommen, weil sie im Internet mit Hasspostings dazu getrieben wurden. Deshalb braucht es einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser sensiblen Materie.
Wie sieht die Zukunft von Facebook aus?
Die ersten Prominenten auf Facebook haben bereits reagiert. Elon Musk nutzt die Gunst der Stunde und verlässt Facebook. Die Seiten von seinen Firmen, wie Tesla und SpaceX, sind bereits gelöscht beziehungsweise vorübergehend deaktiviert. Der Aufstand gegen Facebook hat also bereits begonnen.?