Ich habe keine Angst, dass ich versage

Foto: ROBERT JAEGER / APA / PICTUREDESK.COM
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Am 1. August meldete Ö3 um neun Uhr früh in den Weltnachrichten den ersten Arbeitstag von Peter Stöger als Sportvorstand der Austria. Als er wenige Minuten später mit seinem Dienstwagen in die Tief-garage der Generali-Arena fuhr, stand ein Austria-Fan davor, hielt einen Pappendeckel in die Höhe, auf dem geschrieben stand: ?Willkommen zurück, Peter!? Der kam dann aus der Garage zum Fan zurück, bekam als Geschenk eine violette Schultüte und ließ sich mit ihm fotografieren. Ein Beweis mehr, für seine offene, kommunikative Art, die ihn so sympathisch macht. Auch bei Interviews.


alles fußball? von Peter Linden

Ist der Druck auf den Sportvorstand der Austria größer, als auf den Trainer von Borussia Dortmund und Köln?

Peter Stöger: Ehrlich, das weiß ich noch nicht. Wahrscheinlich ist es ein anderer Druck. Als Trainer bist du näher dran an der Mannschaft und am Tagesgeschehen, daher immer der erste, der in Frage gestellt wird.

Auch bei Austria nach drei Niederlagen am Stück gegen Aufsteiger WSG Swarovski Tirol, LASK und Apollon Limassol.

Das ist überall so. Nur bin ich der letzte, der eine Trainerdiskussion eröffnen wird. Bevor die Austria Christian Ilzer holte, hat man mich gefragt, was ich davon halte. Ich habe ihn als guten Mann bezeichnet. Die Meinung hat sich wegen des verpatzten Starts nicht geändert. Da müsste schon sehr, sehr viel geschehen, dass es so weit kommt. Ich bin mittendrin in einer unzufriedenen Austria, die nichts Neues für mich ist. Wir müssen damit fertig werden, zwei, drei schlechte Spiele abgeliefert zu haben.

Präsident Frank Hensel begrüßte Sie bei der Präsentation nicht nur als Austrianer, als super Mensch, sondern bezeichnete Sie auch als gefragten und benötigten kritischen Geist. AG-Vorstand Markus Kraetschmer bewunderte schon Ihr strategisches Denken als Trainer, sieht das jetzt als idealen Job für Sie. Es läuft eine Plakatwerbung mit Ihnen in Wien, um Abonnenten und Mitglieder zu gewinnen. Dank Ihrer Rückkehr nach sechs Jahren hofft die Austria auf neue Sponsoren. Ist das nicht alles etwas viel?

Ich wusste um die großen Erwartungen. Darum habe ich mir auch reiflich Zeit gelassen, bis ich zusagte, ich das Gefühl bekam, dass dies meine richtige Aufgabe für die nächsten zwei Jahre sein wird. Mir sind aber große Erwartungen noch immer lieber, als wenn die Fans sagen, der bringt eh nichts weiter. Aber es wird doch keiner im Ernst glauben, dass unten einer plötzlich besser spielt, weil ich oben im VIP-Club sitze.

Warum ist das jetzt die richtige Aufgabe für Sie?

Ich wollte schon gerne wieder etwas entwickeln. Strukturell etwas verbessern. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Das ist langfristig konzipiert. Ergebnisse wird man frühestens in einem Jahr sehen. 2021 läuft auch der Vertrag von Markus Kraetschmer, mit dem ich all die Jahre immer in Kontakt war, aus. So lange haben wir Zeit, etwas auf die Beine zu stellen, mit dem wir und die Austria zufrieden sein können.

Und wie müsste das aussehen?

Gemeinsam mit Sportchef Ralf Muhr und Alexander Bade, den ich an meiner Seite bei Köln und Dortmund schätzen lernte, ein bisschen etwas ins Laufen zu bringen. Die Struktur wäre ja mit Akademie und den Young Violets in der zweiten Liga durchaus erfolgversprechend. Jetzt muss man halt an den richtigen Stellschrauben drehen, damit da etwas mehr herauskommt.

Aber es wird doch alles nur an den Ergebnissen der Kampfmannschaft gemessen. Stimmen die nicht, interessieren keinen die besten Zukunftsvisionen oder Konzepte.

Das ist mir klar. Ich bin ja nicht blauäugig. Die Leute müssen das Gefühl haben, dass wir so arbeiten, um das Flaggschiff Kampfmannschaft so aufzustellen, wie wir es uns alle vorstellen. Dazu müssen wir uns von der Vergangenheit lösen. Dass ich mit Austria 2013 vor Red Bull Salzburg Meister war, zählt heute nicht mehr. Es geht vor allem darum, mit schlüssigen Handlungen Glaubwürdigkeit zu gewinnen.

Aber ist das nicht schwierig, wenn bei Austria Sparen das oberste Gebot ist, nur ablösefreie Spieler geholt wurden, weil das Budget nicht mehr hergibt?

Es kam für mich nicht überraschend, dass es keine total freien Ressourcen gibt. Auch mit dem vorhandenen Kader muss die Qualifikation für den Europacup gelingen. Und zwar überzeugender als letzte Saison. Das gelingt, wenn wir das Leistungsmaximum herausholen. Das schaffen wir derzeit nicht. Die Vormachtstellung von Salzburg wird nicht antastbar sein, aber danach muss die Austria kommen. Und nicht LASK oder Wolfsberg. 

Sie wirken nach der einjährigen Pause voller Tatendrang. Ist nicht auch die Angst da, die Hoffnungen in die Rückkehr nicht erfüllen zu können?

Mir war im letzten Jahr nicht langweilig. Zuvor arbeitete ich siebeneinhalb Jahre ohne Urlaub. Besonders die sieben Monate in Dortmund waren aufreibend. Ganz leer fühlte ich mich nie, aber die Pause tat mir gut. Aber es war immer auch ein Auge auf den Fußball dabei. Ich traf mich mit vielen interessanten Personen. Andere Trainer, Psychologen, Leute mit Ideen, um sich weiterzuentwickeln. Ich wollte mich nicht nur ausruhen, sondern auch dazulernen. Ich konnte mit Stress und Druck in den letzten Jahren gut umgehen, habe daher überhaupt keine Angst, dass ich versage. Wenn durch meine Ideen nichts herauskommt, ist das trauriger für den Verein als für mich.

Wird es nochmals den Trainer Peter Stöger geben?

Ich bin so lange im Fußball, um nichts auszuschließen.

Gibt´s noch Andenken an die erfolgreiche Trainerzeit in Deutschland?

Daheim in der Garderobe die roten Schuhe vom ersten Europa-League-Spiel mit Köln in London gegen Arsenal. Und das gelbe Hemd, das ich einmal bei Dortmund getragen habe. Ich werde die Sachen nicht mehr anziehen, aber auch nie abgeben. Weil zu viele tolle Erinnerungen daran hängen.

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