Warum die Justiz durchleuchtet werden muss

Foto: CC0 / George Hodan
Foto: CC0 / George Hodan

Ein IS-Terrorist bekommt eine Fußfessel, unbescholtene Patrioten werden wie Terroristen behandelt, Asylanten als mutmaßliche Verge­waltiger eines damals 15-jährigen Mädchens freigesprochen, während Juristen ungestraft geistig völlig klare Menschen besachwaltern. Die Zahl der Justizopfer ist so groß wie wahrscheinlich noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Und es gibt auch Vorschläge, wie sich das Dilemma lösen ließe.


Text: Klaus Faißner

In den vergangenen Wochen schreckte die Justiz mehrmals die Bevölkerung auf: Zuerst wurden ein Afghane und ein Somalier vom Landesgericht St. Pölten freigesprochen, ein damals 15-jähriges Mädchen in Tulln vergewaltigt zu haben - obwohl das Mädchen im Spital Kratzspuren aufwies, bei ihr Sperma von beiden Männern sichergestellt wurde und sie nach Angaben ihres Anwalts Ewald Stadler seither schwer traumatisiert ist. Das Urteil ist seit Mitte Mai rechtskräftig. Anschließend genehmigte der Senat im Wiener Landesgericht dem pakistanischen IS-Terroristen M. eine Fußfessel: "M. verhält sich seit seiner Inhaftierung unauffällig", lautete die Begründung. Der 25-Jährige hatte sich in Wien in Moscheen radikalisiert und wurde 2016 von türkischen Behörden an der Grenze aufgegriffen, als er in Syrien für den IS kämpfen wollte. Er wurde Anfang 2017 wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt.  

"Stoppt Zuwanderung"

Ende April wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Graz gegen 17 Vertreter und Sympathisanten der Identitären Bewegung Österreichs (IBÖ) eine Klage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und gegen elf davon zusätzlich wegen Verhetzung eingebracht hat. Sie hätten den Islam generell mit islamistischem Terror gleichgesetzt und jeden Moslem "als potenziell terroristisch" dargestellt, heißt es darin. Die Staatsanwaltschaft zählt in ihrem Schreiben unter anderem folgende "Verbrechen" auf und bleibt dabei den Beweis einer Gleichsetzung des Islams mit Terror durch die IBÖ schuldig:

> Erklettern des Hausdaches der Grünen Partei in Graz und Entrollung eines großen Transparentes mit der Aufschrift "Islamisierung tötet" (April 2016).

> Störung einer Asyl-Vorlesung an der Universität Klagenfurt, indem Identitäre an das Podium traten und Transparente mit Aufschriften wie "Stoppt Zuwanderung" entrollten (Juni 2016).

Den Angeklagten drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. 

Ist bald Greenpeace dran?

Kritik an der Justiz kam über ideologische Grenzen hinaus: "Ich beobachte mit Sorge, dass Staatsanwälte vermehrt auf Instrumente zurückgreifen, die überhaupt nicht für solche Fälle geschaffen wurden, sondern für mafiöse Strukturen", erklärte etwa SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim dem Standard. Auch Falter-Chefredakteur Florian Klenk sah die Vorgangsweise der Justiz kritisch. Ex-BZÖ-Politiker Gerald Grosz fragte in einem Video, wer als nächstes vor Gericht gestellt werde: "Greenpeace, weil es demonstriert? Global 2000, weil es auf Dächer steigt?"

Martin Sellner, Sprecher der Identitären, erklärt gegenüber alles roger?, dass Hausdurchsuchungen stattfanden, elektronische Geräte konfisziert und private Konten eingefroren wurden. "Meine Wohnung wurde vom Schlüsseldienst aufgebohrt und das Schloss ausgetauscht." Er sei zu dem Zeitpunkt gerade in Osttirol gewesen, von der Polizei geortet, in einem Kaffeehaus verhaftet worden und die Polizei habe Laptop sowie Handy konfisziert. Er spricht von einem "Schock" für alle Betroffenen, wegen islamkritischer Äußerungen und friedlicher Handlungen wie Terroristen behandelt zu werden. "Was wir erlebt haben, ist ein versuchter Vernichtungsschlag. Auf die IBÖ kommen immense Prozesskosten zu und gleichzeitig wurden unsere Vereinskonten eingefroren. Patrick Lenart und ich sollen wirtschaftlich und medial ruiniert werden. Selbst wenn wir freigesprochen werden, ist der Schaden bereits angerichtet." Positiv sei jedoch, dass in jeder Hinsicht viel Unterstützung aus der Bevölkerung komme. "Es ist das erste Mal, dass dieser Paragraf gegen eine friedliche, patriotische Bewegung eingesetzt wird. Diese Gesetze müssen geändert werden, denn sie kriminalisieren politischen Protest", so Sellner. Zuvor war der "Mafiaparagraf 278" gegen Tierschützer, Trennungsväter, die um Kontakt zu ihren Kindern kämpften, und gegen Erdogan-Gegner eingesetzt worden.

Kindesabnahmen und Entmündigungen

Zwei dunkle Kapitel, in die viele Juristen seit Jahrzehnten verstrickt sind, sind Kindesabnahmen und Besachwalterungen. Rund 14.000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind zwangsweise fremd untergebracht - nach Entscheidungen von Jugendämtern und Familiengerichten. Tendenz stark steigend. Mitte Mai kritisierte die Volksanwaltschaft, dass unverständlicherweise in manchen Bundesländern prozentuell weit mehr Kinder abgenommen werden als in anderen. Einen traurigen Spitzenplatz nimmt Österreich bei den Besachwalterungen ein. Laut offiziellen Zahlen sind gut 60.000 Österreicher entmündigt, inoffizielle sprechen von über 100.000. "In keinem Land in der EU verlieren so viele Menschen so schnell und so leicht ihre bürgerlichen Rechte wie in Österreich", schlug der bekannte Arzt Werner Vogt bereits 2009 Alarm. 

Unschuldig und voll im Leben stehend hatte beispielsweise Silvester Hawle in der Wienerwaldgemeinde Neulengbach mit "juristisch organisiertem Terror bis hin zum Sachwaltermissbrauch" zu kämpfen (alles roger? berichtete). Er hatte sich 1998 ein lastenfreies Grundstück gekauft, das sein Nachbar durch Vortäuschung eines nicht vorhandenen Wegerechtes durch sein Grundstück entwerten habe wollen, schildert Hawle. Daraufhin habe ein Geometer im Auftrag des Nachbarn den "weder vorhandenen noch benötigten Weg" in einen Plan hineingefälscht. Jahrelang habe ein Komplott, bestehend aus seinem Nachbarn und mehreren Rechtsanwälten, "alle vom schwarzen Cartellverband", gegen ihn mit gefälschten Akten weitergemacht - unterstützt von mehreren Richtern. Erst 2014 hörten die Übergriffe auf. Nun fordert Hawle eine Wiedergutmachung und die Wiederherstellung des lastenfreien Grundbuchstandes.

Reformvorschläge an den Minister

Aufgrund seiner leidvollen Erfahrung rät Hawle Justizminister Josef Moser dringend zu folgenden Handlungen. Es müssten keine neuen Gesetze geschaffen, sondern nur bestehende exekutiert werden:

> Der Opferschutz muss oberste Priorität haben. Von der Justiz verursachte Schäden müssen rasch und selbstverständlich wiedergutgemacht werden. Das Justizministerium hat eine Opferschutzsprechstelle einzurichten, die zur Hilfeleistung für Opfer verpflichtet ist.

> Verbot von Einschüchterungs- und Absurd-Klagen aus Jux und Tollerei

> Berufsverbot für kriminelle Juristen. Jeder Beamte, der fahrlässig den Angaben von (potenziellen) Justizopfern nicht nachgeht, ist zur Rechenschaft zu ziehen.

> Abschaffung des Rechtsanwaltszwangs. Jeder soll sich vor Gericht selbst verteidigen dürfen.

> Familien-, Pflege- und Erbangelegenheiten müssen ohne Rechtsanwälte gelöst werden, um Bereicherungen und unnütz lange Prozesse zu verhindern.

> Der Menschenschutz vor mutwilliger Willkür von Amtsträ- gern muss verbessert werden. Für die Ahndung justizinterner Verbrechen ist eine eigene Polizeibehörde einzurichten.

  • Hawle bietet Justizminister Moser ein persönliches Gespräch über seine Reformvorschläge an.

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