Die Zeiten der Strizzis sind in Wien lange vorbei, der Straßenstrich wurde aus der Stadt verbannt und von österreichischen Prostituierten fehlt jede Spur. alles roger? hat sich die aktuelle Szene genauer angesehen und sich dabei von Laufhauskönig Peter Laskaris durch einige Etablissements führen lassen. Ein ungewöhnlicher Lokalaugenschein.
Text: Roland Hofbauer
Es ist Jahre her, dass noch richtige Gürtelgrößen wie der Rote Heinzi, Österreicher Toni, Karl Kolar und andere in Wien das Sagen hatten. Einer der letzten aus der alten Garde ist Harald Hauke Junior, auch unter Kolar Harry bekannt. Mit ihm haben wir uns ebenso unterhalten wie mit Maxim-Chef Pepi Stern und dem Geschäftsführer des Funpalast, Christoph Lielacher. Als unser Rotlichtguide fungierte Laufhauskönig Peter Laskaris, der durch einige TV-Reportagen und diverse mediale Aufreger alles andere als unbekannt ist.
Unsere Tour beginnt in Österreichs größtem Saunaclub, dem Funpalast. Auf fast 7.000 Quadratmetern sind hier bis zu 100 Damen anzutreffen. Der Eintritt ist frei. Man bezahlt hier zehn Euro für Bademantel sowie Handtücher und kann auch schon loslegen, egal ob bei Tischtennis, Billard oder mit dem Sex. Ab 60 Euro ist man da schon bei den Mädels dabei. Der Kunde kann seinen ganzen Nachmittag oder Abend frei gestalten, erzählt Geschäftsführer Christoph Lielacher. Es ist sauber und die Mädchen sind hübsch. Einziger Punkt der eventuell nicht jedem gefällt: Dort darf man nur mit Bademantel hinein. Aber wie die hohe Anzahl der Besucher zeigt, stört sich kaum jemand daran.
Hauke über seine Haft
Danach geht es weiter ins Laufhaus Rachel. Es besteht aus vielen Zimmern, in denen sich Prostituierte auf selbstständiger Basis einmieten können. Beim Eingang gibt es Fotos der Mädchen mit der jeweiligen Zimmernummer. Die Freier machen sich die Preise mit den Damen selber aus, der Betreiber des Hauses verdient ausschließlich an den Zimmermieten.
Der Betreiber ist eine echte Rotlichtgröße, Urgestein Harald Hauke. Wir dürfen ein wenig mit ihm und den Mitarbeitern plaudern. Hauke war und ist eine Legende in der Szene, hat alles durchgemacht - vom Gürtelkönig bis ins Gefängnis und wieder zurück. Wir erfahren, dass es keine echten Strizzis mehr gibt. Es besteht auch kein Bedarf mehr, da der Straßenstrich abgeschafft wurde und die Prostituierten in den sicheren Prostitutionslokalen alleine arbeiten können. Die Verhaftung von Harald Hauke in den 2000er-Jahren hat seinerzeit 29 Minuten gedauert. Er sagte zu den Medien: "Ich bin drei Jahre unschuldig in Haft gesessen, weil sich Steiners (Richard Steiner, er folgte Hauke als Gürtelkönig, Anmerkung) Partie gemeinsam mit korrupten Polizisten gegen mich verschworen hat. Die haben Aussagen und angebliche Beweise manipuliert. Ich bin für Sachen eingesperrt worden, die ich nie begangen habe. Aber jetzt sitze ich am Fluss und die Leichen treiben vorbei. Die Polizisten standen mittlerweile teils selbst vor Gericht oder sind zumindest suspendiert. In Steiners Haut möchte ich jetzt auch nicht stecken. Und vielleicht wird ja mein Verfahren bald neu aufgerollt. Warten wir's ab."
Ein großer Skandal
Die ungerechtfertigten drei Jahre Haft haben einen Millionenschaden verursacht. Mittlerweile wurde seine Unschuld im Rahmen der Prozesse gegen Roland Horngacher, ehemaliger Landespolizeikommandant Wiens, Ex-Chefinspektor Franz Pripfl und Steiner tatsächlich bewiesen. Es hat danach nochmals sieben Jahre gedauert, bis alle an dem Komplott beteiligen Personen ihre Strafen erhielten. Horngacher ist heute Nachtwächter in einem Spielcasino, Pripfl wurde zu einer Haftstrafe verurteilt und Richard Steiner strebt erfolglos eine Karriere als Schauspieler an. Steiner hat im Übrigen ein Buch über seine Karriere geschrieben, doch viele alte Weggefährten sehen diese Geschichten eben nur als G'schichteln. Uns wird weiters mitgeteilt, dass Steiner sogar für die Polizei gearbeitet haben soll. Am 11. Jänner 2011 wurde im Rahmen des Gerichtsverfahrens gegen den seit März 2007 suspendierten Kriminalbeamten Franz Pripfl bekannt, dass Steiner seit dem Jahr 2001 als Vertrauensperson des Wiener Fahnders Richard Nagy geführt und für Informationen von der Polizei bezahlt worden sein soll. Steiner bestreitet das bis heute.
Die Damen sind im Laufhaus Rachel wirklich mehr als ansehnlich, die meisten stammen aus Osteuropa. Laut Betreiber gibt es nichts, was es nicht gibt. Die Kunden schätzen die Anonymität und das Geschäft untertags.
Sex sells
Unser letzter Halt führt in das legendäre Maxim. Dieser Nachtclub ist aus Wien nicht mehr wegzudenken. Seit Jahrzehnten verkehrt dort die Prominenz ebenso wie die Wiener Unterwelt. Betreiber Pepi Stern hat es geschafft, sein Lokal zu einem Schmelztiegel der Gesellschaft zu gestalten. Hier sind fesche Damen, die noch richtig animieren und sich mit den Gästen unterhalten. Die Preise, auch für die Getränke, sind etwas höher, aber fair. Das Maxim hat Charme, ist gepflegt und mehr als reinlich.
Nach einem aufregenden Tag beenden wir die Führung mit Peter Laskaris und lassen ihn die Zukunft des Wiener Rotlichts zusammenfassen: "Sex sells, das gilt auch in der Zukunft, aber in welcher Form er auch immer dann in Wien stattfinden wird, werde ich aus der Ferne beobachten."