Kriege sind illegal wie Mord

Foto: US Air Force
Foto: US Air Force

Iran, Nordkorea, Syrien, Afghanistan, Ukraine: Die Konflikte in diesen Ländern zeigen, wie gefährdet der Weltfrieden ist. Obwohl Kriege seit 1945 verboten sind, greifen vor allem NATO-Staaten andere Länder regelmäßig an. Die meisten etablierten Medien klatschten dazu laut Beifall. Doch dazu gibt es keinen Grund. Die Ereignisse zeigten, dass das kritische Denken wichtiger ist denn je.


Text: Klaus Faißner 

Endlich gibt es zarte Annäherungsversuche zwischen Nord- und Südkorea. Doch die Gefahr ist keineswegs gebannt. 2001 prägte der damalige US-Präsident George W. Bush den Begriff der Schurkenstaaten, den aber bereits sein Vorgänger Bill Clinton verwendet hatte. Afghanistan, Irak und Libyen wurden seither bereits mit insgesamt weit über einer Million Toten von NATO-Geschwadern um Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte zurückgebombt. Und die Situation zwischen den USA und Nordkorea ist so explosiv, dass oft von der Gefahr eines dritten Weltkriegs gesprochen wird.

Kim Jong-un mag verrückt sein, doch sein Handeln hat einen Grund, wie Ex-ORF-Korrespondent Raimund Löw in einem Interview mit der Kronen Zeitung erklärte: "Er will mit funktionierenden Atombomben ein Kräftegleichgewicht mit den USA sicherstellen. Denn er hat gesehen, wie es Gaddafi ergangen ist. Gaddafi hat auf Atomwaffen verzichtet, dafür haben die Amerikaner ihm Schutz garantiert, und ein paar Jahre später ist er gestürzt und umgebracht worden. Kim Jong-un sagt sich: Das wird mir nicht passieren."

Iran mit leidvoller Geschichte

Ein zweiter aktueller Brandherd ist der Iran. Bei Protesten gegen das Mullah-Regime wurden in den ersten Tagen rund um den Jahreswechsel 21 Tote gemeldet. Laut Medienberichten hatte unter anderem ein regierungsfeindlicher Demonstrant in der Stadt Najafabad mit einem Jagdgewehr auf Polizisten geschossen und dabei eine Sicherheitskraft getötet und drei weitere verletzt. In der Provinz Isfahan sollen zahlreiche Demonstranten eine Polizeistation attackiert haben, um Waffen zu stehlen, woraufhin neun Menschen ums Leben kamen. Iranische Regierungsverantwortliche bezichtigten die Achse USA-Israel-Saudi-Arabien, hinter den zum Teil gewalttätigen Protesten zu stehen. Wie zur Bestätigung twitterte US-Präsident Donald Trump, dass der Iran "in jeder Hinsicht versagt" und rief - nicht zum ersten Mal - zu einem Regimewechsel auf. Die russische Botschaft in den USA warnte daraufhin vor einem Eingreifen von außen. Tatsächlich ist das bei den großen Antiregierungsprotesten im Jahr 2009 passiert, als die Farbenrevolution in Grün zumindest vom Ausland unterstützt wurde.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Westen den Iran ins Unglück stürzt: Nachdem 1953 der gewählte Premierminister Mohammad Mossadegh im Iran die Erdölindustrie nationalisierte, wollten sich das die britische Erdölfirma AIOC und der britische Premierminister Winston Churchill nicht gefallen lassen. Schließlich gewannen sie US-Präsident Dwight Eisenhower als Unterstützter, um Mossadegh zu stürzen, wie der schweizerische Historiker Daniele Ganser in seinem Buch Illegale Kriege schildert. Daraufhin zettelten die CIA und der britische Geheimdienst MI6 unter dem Namen Operation Ajax eine Revolte an, die in Folge zum Putsch führte. Sofort danach wurde die Verstaatlichung des iranischen Erdöls rückgängig gemacht, der Iran wurde instabil und heute ist die islamische Scharia Gesetz.

Kriegspolitiker müssten ins Gefängnis

Jeder weiß, dass Mord verboten ist und dass Mörder vor ein Gericht gestellt und nach Verurteilung eingesperrt werden. Bei Kriegsherren sollte dasselbe passieren, betont Ganser: "Viele Menschen wissen, dass auch Krieg genau wie Mord illegal ist. Wenn ein Land ein anderes Land mit Waffen angreift, ist das verboten. Die Politiker des Landes, das den Angriff durchführt, also in aller Regel Präsidenten oder Premierminister, machen sich des schweren Verbrechens der Aggression schuldig und müssten angeklagt und bestraft werden, viele müssten ins Gefängnis." Denn seit Ende des Zweiten Weltkrieges und Gründung der UNO 1945 herrscht weltweites Kriegsverbot. Davon gibt es nur zwei Ausnahmen:

> Selbstverteidigung bei Angriff

> ein ausdrückliches Mandat zur Kriegsführung des UNO-Sicherheitsrates

Fast alle Kriege - und auch sehr viele Revolutionen - der vergangenen 70 Jahre waren demnach illegal, auch wenn George Bush Junior und Senior, Bill Clinton, Barack Oba­ma, Tony Blair oder Nicolas Sarkozy noch immer in Freiheit sind. "Die USA und die NATO sind eine Gefahr für den Weltfrieden, sie haben das Kriegsverbot wiederholt missachtet", fasst Ganser zusammen.

IS folgte auf US-Invasion

Die USA haben vor allem über die NATO die Welt mit illegalen Kriegen überzogen, die nach Schätzungen seit 1945 über 30 Millionen Opfer verursachten, 90 Prozent davon Zivilisten. Im Irak starben zwischen dem ersten Angriff der USA im Jahr 1991 und 2010 rund zwei Millionen Menschen. Nach einer Studie von Tim Dyson, Professor für Bevölkerungswissenschaften an der London School of Economics, kamen zwischen 1990 und 2003 zwischen 660.000 und 880.000 Kinder als Folge des Wirtschaftsembargos um. Als Folge des zweiten Irakkriegs 2003 schlug im US-Gefangenenlager Camp Bucca im Südirak die Geburtsstunde des Islamischen Staates - hier konnten sich die späteren Führer des Terrorregimes organisieren.

Als Nächstes hatten die USA und ihre Verbündeten die syrische Regierung von Baschar al-Assad auf der Abschussliste. Zuerst kam es zu Protesten, bei denen die "friedlichen" Demonstranten schnell zur Gewalt neigten. Anschließend wollten die USA analog zu Libyen, wo der Staatschef Muammar al-Gaddafi ermordet worden war, eine Flugverbotszone, um das Land bombardieren zu können. Doch diesmal legte sich vor allem die russische Regierung quer, die 2015 auf Wunsch von Assad in den Konflikt eingriff. Im Gegensatz zu Obamas US-Truppen schaffte sie es, den IS aus dem Land zu vertreiben.

Selbstverantwortung und Neutralität

Ein weiterer Brandherd ist seit 2013 die Ukraine. Auslöser waren Zündeleien der EU, die der Ukraine ein Assoziierungsabkommen vorschlug und damit einen Keil zwischen das Land und den bis dahin eng verbundenen Nachbarstaat Russland trieb. Die USA und die EU-Staaten unterstützten die Demons­trationen am Maidan-Platz in Kiew, die schließlich in einem Massaker gipfelten. Dafür wurde der damals noch amtierende Präsident Wiktor Janukowytsch gemacht, der daraufhin die Ukraine fluchtartig verließ. Eine Folge war ein blutiger Bürgerkrieg im Osten der Ukraine zwischen der russischen Bevölkerung und der Zentralregierung in Kiew. Inzwischen mehren sich konkrete Hinweise, dass die Aufständischen das Maidan-Massaker verursachten und nicht Janukowytsch.

Doch wie kann jeder Einzelne mithelfen, um den Wahnsinn von gesteuerten Umstürzen und Kriegen zu stoppen? Der Historiker Ganser appelliert in seinem Buch an die Selbstverantwortung: "Wir müssen uns mehr Medienkompetenz aneignen und selber aktiv im Internet recherchieren und Bücher lesen, statt die täglich angebotenen News passiv zu konsumieren." Natürlich werden wir von alles roger? uns weiterhin bemühen, die Hintergründe ans Licht zu bringen. Und: Gerade Österreich hätte als offiziell neutraler Staat die Pflicht, aktiv für den Frieden und das Selbstbestimmungsrecht der Völker einzutreten - anstatt sich der NATO sowie der mit ihr eng verflochtenen EU zu unterwerfen.

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