Die Gentechnik-Industrie unternimmt einen neuen Anlauf, um ihre manipulierten Produkte gegen den Willen der Konsumenten auf die Felder und in die Regale zu bringen - auch in Österreich. Diesmal mit Hilfe einer "neuen Gentechnik", die über Methoden wie CRISPR/Cas exakt sein und keine Probleme verursachen soll. Forschungsergebnisse warnen aber vor einem Desaster und Widerstand kommt auch von großen Unternehmen.
Text: Klaus Faißner
Über 20 Jahre Widerstand. So gut wie alle wehrten sich dagegen: Linke, Rechte, Bauern, Konsumenten, Vegetarierer und Schnitzelfreunde. Konstant waren über 90 Prozent der Österreicher gegen Gentechnik am Teller. Der Widerstand trug Früchte: Das Gentechnik-Volksbegehren 1997 mit über 1,2 Millionen Unterschriften verhinderte den bereits beschlossenen Genmais-Anbau auf unseren Feldern, auch die EU-Kommission konnte trotz mehrerer Versuche keinen Gentechnik-Anbau erzwingen. In den vergangenen Jahren stellten fast alle heimischen Milch-, Eier- und Hühnerbauern auf gentechnikfreie Fütterung um. Auch im Schweine- und Rinderbereich wurde zunehmend genmanipuliertes Soja durch gentechnikfreies ersetzt. Nach Schätzungen werden derzeit 400.000 Tonnen Gensoja als Futtermittel pro Jahr nach Österreich importiert. Fast 700.000 Tonnen waren es noch vor zehn Jahren (siehe Kasten). Ein gentechnikfreies Österreich ist in Sichtweite gerückt. Und das nur aufgrund des Drucks von unten, dem die heimische Politik Schritt für Schritt nachgeben musste.
Neuer Gentechnik-Überfall geplant
Österreich war von Anfang an der Vorreiter bei der Gentechnikfreiheit auf den Feldern. Während in den USA und in großen Teilen Südamerikas die genmanipulierten Sorten - bei Soja, Mais, Raps oder Zuckerrüben - die natürlichen ganz verdrängten, blieben die Felder in Europa weitgehend gentechnikfrei. Erste Ratlosigkeit machte sich bei Konzernen wie Monsanto (jetzt bei Bayer), Bayer oder Syngenta breit. Schließlich bedeutet Gentechnik auch Patente auf Leben und damit Herrschaft über die Nahrung. Doch jetzt hoffen die Hersteller genmanipulierter Saaten auf ihre große Chance: Die "neue Gentechnik", eine "Gentechnik 2.0", mit Namensmonstern wie CRISPR/Cas ("Genom-Editierung"), TALEN, oder Oligonukleotid-gerichtete Mutagenese. Ihren Siegszug soll sie antreten, indem sie ohne Kennzeichnung in die Supermärkte kommt. Keiner soll mehr nachvollziehen können, ob das Getreide, das Gemüse oder Obst natürlich oder genmanipuliert ist. Vom Tierfutter ganz zu schweigen. Als Grund geben Wissenschaftler an, dass es sich im Gegensatz zur "alten Gentechnik" um eine exakte Technik handle, mit der es kaum zu unvorhergesehenen Problemen kommen kann und die im Organismus angeblich nicht mehr als Gentechnik nachweisbar ist.
In den USA wachsen seit heuer diese "Genom-editierten" Pflanzen ohne jegliche Kontrollen auf den Feldern. Auch dieser Kampf ist im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" also bereits verloren. Es wurden keine Lehren daraus gezogen, dass erstmals die Lebenserwartung im Land zurückgeht, was auch mit 25 Jahren Gentechnik-Nahrung in Verbindung gebracht wird. Für die EU soll am 25. Juli der Europäische Gerichtshof urteilen, ob die "neue Gentechnik" wie die "alte Gentechnik" zu behandeln ist - bei von Zulassung bis zur Kennzeichnung. Dieses Datum ist kurz nach dem Druck und damit unmittelbar vor dem Erscheinen unserer alles-roger?-Ausgabe, womit wir das Ergebnis beim Verfassen des Artikels nicht kannten. Wie immer es aussah, der Kampf um die Nahrung wird in jedem Fall weitergehen.
Spar, Rewe, NÖM protestieren
Lange Zeit schien es so, als habe die Gentechnik-Lobby mit der angekündigten Einführung der "neuen Gentechnik" gesiegt. Doch nun steigt der Widerstand, vehement auch von wirtschaftlich starken Unternehmen. Insgesamt 14 österreichische und deutsche Firmen verfassten im Juli einen offenen Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, in dem sie für die Regulierung der "neuen Gentechnik" appellierten. Von österreichischer Seite unterschrieben die Chefs von Spar, Lidl, Rewe, NÖM oder Berglandmilch: "Wir, die unterzeichnenden Unternehmen, sind seit längerer Zeit in der Produktion beziehungsweise Vermarktung von Lebensmitteln tätig, die ohne den Einsatz von Gentechnik hergestellt werden und für die Konsumenten entsprechend gekennzeichnet sind", heißt es im Brief. Gemeint sind damit Milch, Eier und Fleischprodukte, bei denen Tiere gentechnikfreie Futtermittel fraßen. "Wir stehen gegenüber unseren Kunden und Geschäftspartnern dafür gerade, dass die Auslobung "Ohne Gentechnik hergestellt" auch tatsächlich hält, was sie verspricht. Deshalb ist es für uns von großer Bedeutung, dass die Verfahren der Neuen Gentechnik und die daraus entstehenden Produkte und Organismen nach EU-Gentechnikrecht als GVO eingestuft und entsprechend reguliert werden", schreiben die Firmenchefs, die betonen, dass gentechnikfrei gekennzeichnete Produkte ein wichtiger und wachsender Markt sind.
Wenn das kein Erfolg des jahrzehntelangen Widerstands ist: Große Handels- und Lebensmittelverarbeitungsbetriebe machen gegen manipulierte Produkte von Monsanto-Bayer mobil.
Krankheiten und Krebs durch CRISPR?
Wie sich derzeit fast täglich herausstellt, sind die Heilsversprechen der "neuen Gentechnik" - ebenso wie seinerzeit jene der "alten Gentechnik" wesentlich auf Lügen aufgebaut. Denn CRISPR/Cas soll nicht nur die Landwirtschaft revolutionieren, sondern auch die Medizin. Euphorische Forscher versprechen die Heilung von Krebs oder AIDS und werden dabei von den Mainstreammedien unterstützt. Doch Mitte Juli erschien eine britische Studie im Journal Nature Biotechnology, die Zweifel an der Präzision der CRISPR/Cas-Methode und damit der "neuen Gentechnik" schürte. In mehreren Experimenten konnten die Autoren um den Genetiker Allan Bradley unerwünschte Beschädigungen des Erbguts durch den Einsatz dieser "Genschere" nachweisen. Größere Abschnitte der DNS beziehungsweise DNA (Desoxyribonukleinsäure, Träger der Erbinformation) seien in den Versuchen verlorengegangen, auch an jenen Stellen, an denen der Präzisionsschnitt hätte erfolgen sollen. "Der beobachtete Schaden durch den Gebrauch von Crispr-Cas in teilungsfähigen Zellen könnte krankheitsrelevante Folgen haben", warnen die Forscher, die im Medizinbereich arbeiten. Wenige Wochen zuvor hatten zwei Teams unabhängig von einander in der Zeitschrift Nature Medicine dokumentiert, dass CRISPR/Cas9 bei Gentherapien das Krebsrisiko der Patienten sogar steigern könnte. Dies sind zwei intensive Warnungen, die auch der Landwirtschaft zu denken geben sollten.
Im Gegensatz zu den Behauptungen des Mainstreams handelt es sich bei CRISPR/Cas um keine exakte Züchtungsmethode. Dies betont auch der US-amerikanische Jurist Steven Druker, der sich wie kein zweiter mit dem wissenschaftlichen Betrug rund um die Gentechnik auskennt (siehe Kasten).
"Größter Betrug der Geschichte"
Druker war es auch, der aufdeckte, dass die Geschichte der Gentechnik von Anfang an eine Geschichte der Lüge war. Wäre sie nach den etablierten Standards der Wissenschaft geprüft worden, hätte sie es nie auf die Felder und die Märkte geschafft - und zwar nirgends auf der Welt. Druker hatte die zuständige US-Lebensmittelbehörde FDA nach einem langen Prozess 1998 gezwungen, alle Akten rund um die Entscheidung herauszugeben, Gentechnikpflanzen in den USA auf die Felder zu bringen. Die Ordner enthielten unglaubliche 44.000 Seiten Material. Druker studierte jede Zeile, beriet sich mit Experten und fasste die Ergebnisse 2015 in seinem Buch "Altered Genes, twisted Truth" (Veränderte Gene, manipulierte Wahrheit) zusammen. In den nächsten Monaten soll es auf Deutsch erscheinen. Drukers vernichtendes Fazit: "Es handelt sich um den größten wissenschaftlichen Betrug in der Geschichte." Alle Aussagen, die die FDA über genmanipulierte Nahrungsmittel machte und die Amerikaner damit in Sicherheit wiegte, waren schon damals nicht haltbar:
> dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO) im Grunde genommen gleich ("substanziell äquivalent") sind wie herkömmliche, natürliche Organismen
> dass GVO keine größeren Risiken haben, giftig zu sein wie herkömmliche Organismen
> dass kein Grund besteht, GVO ausführlich zu testen
> dass weder innerhalb der Nahrungsmittelbehörde noch außerhalb Wissenschaftler fundierte Bedenken gegen GVO hatten.
Über Leichen gegangen
Die FDA musste sogar die Ursachen eines der größten Medizinskandale vertuschen, um die Gentechnik auf die Felder zu bringen: die Katastrophe rund um das Nahrungsergänzungsmittel L-Tryptophan. Das an sich harmlose Nahrungsergänzungsmittel, eine körpereigene Aminosäure, war ein sehr beliebtes Schlafmittel, weil es so gut wie keine Nebenwirkungen hatte. Bis das japanische Unternehmen Showa Denko begann, L-Tryptophan mit genmanipulierten Mikroorganismen herzustellen. Sobald diese Produkte in den USA auf den Markt kamen, häuften sich 1989 überall rätselhafte Erkrankungen mit unglaublichen Schmerzen. Sie wurden unter dem Kürzel EMS (Eosinophilen-Myalgie-Syndrom) zusammengefasst, an dem laut FDA mindestens 37 Menschen starben und 1.500 Menschen dauerhaft erkrankten. In internen, damals geheim gehaltenen Untersuchungen konnte die FDA nicht ausschließen, dass die Gentechnik die Ursache für das Desaster war. Stattdessen machte sie aber Tryptophan insgesamt schlecht. Heute steht für kritische Wissenschaftler wie auch für Druker außer Zweifel, dass dies der erste verheerende Gentechnik-Unfall war. "Wären die kritischen Fakten veröffentlicht statt unterdrückt worden, wäre das Genfood-Projekt fast sicher zusammengebrochen", schreibt Druker in seinem Buch.
Bei der "neuen Gentechnik" ist es nicht das erste Mal, dass die Menschheit in die Irre geführt werden soll. Doch jeder isst jeden Tag. Daher sollten wir bei Lebensmitteln besonders vorsichtig sein.