Knirschender Schnee und Krippenreise

Foto: 123RF
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Trubel, Hektik und so viele Kekse, dass man sie nicht mehr sehen kann: Advent und Weihnachten haben leider nur noch selten mit einer "stillen Zeit" zu tun. Doch wer sich auf die Suche macht, findet echtes Brauchtum und gelebte Tradition, die zum ursprünglichen Sinn des "Frohen Festes" führt.


Text: Klaus Faißner

  Der Schnee knirscht unter den Schuhen. Es ist Heilig Abend, mondhell und bitterkalt. Die Menschen strömen zur Christmette um Mitternacht. Sind dies Erzählungen des Waldbauernbubs Peter Rosegger aus dem 19. Jahrhundert? Ja auch. Aber selbst heute sind Christmetten in Österreich beliebt, zumindest am Land. Und wer auf den Spuren Peter Roseggers wandeln will, der kann an der Christmettenwanderung ihm zu Ehren in seiner Waldheimat teilnehmen.

Was wäre die Einstimmung auf Weihnachten ohne Adventkranz? Kinder lieben es, am Abend mit ihren Eltern gemeinsam am Tisch zu sitzen und die Kerzen anzuzünden. Traditionell hat der Kranz drei violette und eine rosarote (Freuden-)Kerze, die am dritten Adventsonntag entzündet wird. Was heute nur mehr wenige wissen: Der Advent ist kirchlich gesehen die zweite Fastenzeit im Jahr. Kekse wurden früher zwar immer in der Zeit ausgestochen und Lebkuchen geformt, aber zu essen bekam die Familie die süßen Köstlichkeiten erst nach der Bescherung, im großen Stil ab dem Christtag. War der Advent früher "die stillste Zeit im Jahr", so ist dies heute kaum mehr wo der Fall. Aber es gibt sie nach wie vor, die kirchlichen Adventandachten, in denen sich Menschen in Stille auf die Geburt des Erlösers einstimmen.

 Andacht mit Tjo, tjo-i-ri

Viel Zuspruch erhält vielerorts das jeweilige Adventsingen. Die bekannteste derartige Veranstaltung findet im Salzburger Festspielhaus in großer Inszenierung statt. Wer die Weihnachtsgeschichte gesanglich im kleineren Rahmen erleben will, kann in ganz Österreich fündig werden. Unzählige Volksliedchöre laden ein und bieten meist erstaunliche gesangliche Leistungen mit viel Inbrunst: "Da wird Maria d'Botschaft g'sagt, Du bist die unterm Herzen tragt. Des Heil der ganzen Welt." Die dunkle, kalte Zeit im Jahr wird erhellt durch die bevorstehende Geburt Jesu Christi, der der Welt nachhaltig die Bedeutung der Liebe und des Friedens näherbrachte. Wenigstens einmal innehalten und an den Grund denken, worum es am 24. Dezember - dem größten Fest der Christen neben Ostern - wirklich geht. "Tjo, tjo-i-ri". Wenn beim Adventsingen oder spätestens bei der Christmette sich alle von den Plätzen erheben und den Andachtsjodler singen, dann ist mit Gänsehaut erlebbar, wa­rum von einer heiligen Zeit die Rede ist.

 Christkind und Nikolo

Natürlich will jeder seinen Liebsten etwas Besonderes schenken. Christkindlmärkte bieten sich an, um zu gustieren - sei es in Wien am Rathausplatz oder Am Hof mit viel Kunsthandwerk, in Innsbruck auf der Hungerburg mit einem herrlichen Blick über die Stadt, in Graz am Schlossberg, der Schlösser-Advent in Gmunden oder einer der vielen kleinen, feinen Adventmärkte im ganzen Land. Trotz politischer Querschüsse, vor allem in Wien, ist der Nikolaus bei uns anhaltend beliebt. Welches Kind steht nicht fasziniert vor dem Nikolo, wenn er am 6. Dezember Erdnüsse, Mandarinen und vor allem Süßigkeiten aus seinem großen Sack nimmt und es beschenkt? Und welches Kind am Land hat sich am 5. Dezember noch nicht gefürchtet, wenn kettenrasselnde Krampusse ins Haus kamen? Irgendwann entdeckte es dann, dass meist nur ältere Buben im furchterregenden Kostüm stecken. Erst zwischen Heiligabend und Dreikönigstag, den Raunächten, sind die Perchten unterwegs - traditionell in den Alpentälern Salzburgs oder Tirols.

 Stille-Nacht-Kapelle in Oberndorf

Der Höhepunkt ist natürlich überall der Heilige Abend. Je nach Tradition betet die Familie vor dem Christbaum voller leuch­tender Kerzen und singt ein Weihnachtslied oder mehrere. Das berühmteste Lied, "Stille Nacht", stammt ja aus Oberndorf in Salzburg. Getextet wurde es vom Hilfspfarrer Joseph Mohr und vertont vom Arnsdorfer Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber. Angeblich war im Jahr 1818 das alte Positiv, die kleine Kirchenorgel, der Kirche St. Nikola kaputt. Deshalb musste ein Lied mit Gitarrenbegleitung her, um die feierliche Messe zu retten. Das Ergebnis war "Stille Nacht", das um die ganze Welt ging. Die St.-Nikola-Kirche wurde vor über 100 Jahren nach wiederholten Hochwasserschäden abgerissen und an ihrer Stelle die Stille-Nacht-Kapelle in Oberndorf errichtet. Die Entstehungsgeschichte des Liedes mit Originaldokumenten ist im Salzburger Museum zu begutachten.

Vor über 2.000 Jahren sang der Chor der Engel Halleluja, weil Jesus geboren wurde. Das in der Familie verlesene Weihnachtsevangelium erinnert einen an die Bedeutung der geweihten Nacht. Bei manchen kommt am Heiligen Abend heute noch das für die Region traditionelle Weihnachtsessen auf den Tisch - je nach Region sind dies Karpfen, Bratwürstel mit Erdäpfelsalat und Sauerkraut, Tafelspitz mit Apfelkren, Nudelsuppe mit Würstel oder Fondue.

 Krippenreise im Salzkammergut

Eine ganz besondere, gelebte Kunst ist das Fertigen von Weihnachtskrippen mit handgeschnitzten Figuren. Die wohl imposantesten Volkskrippen sind im Salzkammergut bei der sogenannten Kripperlroas (= Krippenreise) zu besichtigen. Zwischen dem 25. Dezember und 2. Februar öffnen Privathäuser in Ebensee, Bad Ischl oder anderen Orten des Salzkammergutes ihre Türen, um Interessierten ihre meterlangen, kunstvollen, detailverliebten und oft schon sehr alten Krippen zu zeigen. Dargestellt werden beispielsweise die Herbergssuche oder die Flucht aus Ägypten - nur ins Salzkammergut verlegt, meist mit dem Traunstein als Hintergund. Das Heimatmuseum Ebensee mit rund 150 Krippen ist auch ein Teil der Kripperl­roas. Auf keinen Fall sollte man von Haus zu Haus hasten, um möglichst viele Krippen im Schnellverfahren anzusehen. Außerdem ist es üblich, den Gastgebern eine Spende als Dank zu geben.

Wer Besinnliches, Traditionelles und Einkehr rund um die Weihnachtszeit sucht, wird dies also auch finden. Ob der Schnee auf dem Weg zur Christmette unter den Schuhen knirscht, ist angesichts der meist warmen Witterung rund um den Heiligen Abend allerdings eher unwahrscheinlich.

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