FPÖ-Bundesminister für Verkehr, Infrastruktur und Technologie Norbert Hofer erklärt im alles-roger?-Interview mit Peter Westenthaler, wie er den Straßenverkehr mit höheren Tempolimits und weniger Schikanen flüssiger machen will. Er übt heftige Kritik am ORF und kündigt das Ende der ORF-Gebühren an.
Nach der Neubesetzung des ÖBB-Aufsichtsrates gab es einen Riesenaufschrei der SPÖ. Der Vorwurf lautet Postenschacher. Stimmt das?
Ich habe die Besten ausgewählt. Menschen mit einer hohen Kompetenz und Persönlichkeiten, die hinter den ÖBB stehen. Politisch zugeordnet sind die Mitglieder des neuen Aufsichtsrats: viermal der SPÖ, zweimal ÖVP, viermal FPÖ und zweimal keiner Partei. Von einer Umfärbung zu Blau kann keine Rede sein.
Wo wird noch neu besetzt?
Bei der ASFINAG Peter Franzmayr. Bei der Austro Control wird Rechtsanwalt Doktor Werner Walch, ein echter Luftrechtsexperte, eingesetzt. Es geht immer darum, für die Unternehmen das Beste zu machen. Mein Ziel ist, dass es diesen Unternehmungen am Ende meiner Amtszeit besser geht als vorher.
Zum Thema Straße und Verkehr: Sehr rasch hast du begonnen, die Regelungen der Höchstgeschwindigkeit zu reformieren. 140 statt 130 Kilometer pro Stunde soll kommen. 130 wurde ja quasi zu einer Zeit eingeführt, als die damaligen Autos noch gar keine 130 fahren konnten. Wie ist der Stand der Dinge? Künftig also 140 dort, wo es möglich ist?
Ja richtig. Die Geschwindigkeitsbegrenzung wurde 1974 eingeführt. Die Autos waren ganz anders gebaut in Art und Verbrauch. Auch die Sicherheit war damals eine völlig andere. Heute gibt's bis zu sieben Airbags, Notbremsassistenten, Spurhalteassistenten und so weiter.
Aber warum dann nicht gleich der ganze Schritt wie in Deutschland, wo man in gewissen Zonen so schnell fahren darf, wie man will? Ist der österreichische Autofahrer minderbemittelter als der deutsche?
Das Problem ist, dass gerade in Verkehrsangelegenheiten Veränderungen so erfolgen müssen, dass die Sicherheit gewährleistet ist. Fährt man in Deutschland mit dem Auto, gibt's kaum jemanden, der unvermittelt links ausschert, weil man das Tempo gewohnt ist. Leider passiert das in Österreich öfters. Man muss Veränderungen verantwortungsvoll vornehmen. Daher jetzt die 140 Kilometer pro Stunde.
Aber ausschließen kann man es nicht, dass in ferner Zukunft mal zonenweise freie Fahrt kommt?
Wir müssen generell den Verkehr flüssiger gestalten. Wir wollen auch, dass die Eisenbahn schneller fährt. Die Technik entwickelt sich immer weiter. Es kommt etwa autonomes Fahren auf uns zu.
Rechtsabbiegen bei Rot: Lange diskutiert, in einigen Ländern Realität. Jetzt Pilotversuch in Linz?
In Linz beginnt's, weil es dort einen Beschluss im Gemeinderat mit dem Ersuchen, es dort zu testen, gibt. Bewährt es sich, kommt es in ganz Österreich. Nicht bei jeder Ampel, weil es nicht überall geht.
Was gibt's beim "Pickerl" Neues?
Neue Abgastests! Ich habe die Endrohrmessung abgeschafft, weil damit nur die Trübung am Auspuff gemessen wird. Seit Einführung der Partikelfilter hat das keinen Sinn mehr, daher soll künftig die On-Board-Diagnose verwendet werden.
Was ist noch in Planung?
Das Befahren des Pannenstreifens bei Stau soll möglich werden. Auch hier wird vorher getestet. Alle Maßnahmen dienen dazu, dass auf den Straßen mehr gefahren und weniger gestanden wird.
Ein besonderes Ärgernis ist das Baustellenchaos auf der Autobahn. Man kommt zu gesperrten Fahrstreifen, wo man kilometerlang nicht ein Baufahrzeug oder eine Bauaktivität sieht. Was kann man tun?
Ist auch mir leider schon oft passiert. Hier müssen wir Gespräche mit der ASFINAG führen, damit die Baustellen-Koordination besser funktioniert. Es muss bei Baustellen zügigst gearbeitet werden.
Was steht in deinem riesigen Gesamtressort noch auf dem Programm?
Der Brenner: Da müssen mehr Lkw auf die rollende Landstraße. Ziel ist die Verdoppelung. Dann der Semmering-Basistunnel: Wenn er fertig ist, wird es auch am Brenner leichter werden. Auch die Luftfahrt ist spannend. Der Standort Flughafen Wien wird an Bedeutung gewinnen, wir brauchen unbedingt die dritte Piste. Es kann nicht sein, dass so ein Projekt 25 bis 30 Jahre dauert.
Wie schätzt du die Stimmung im Land gegenüber der Regierung ein? Du hattest eine Morddrohung durch einen ÖBB-Mitarbeiter, Lokalverbot bei einem Wirt in Sölden und ein Poster im Online-Standard hätte gerne gehabt, dass du von einer U-Bahn überrollt wirst. Was ist da los?
Das sind Reaktionen aus jenen Kreisen, deren Leute eben jetzt im Parlament nicht mehr so stark vertreten sind. Es gibt aber grundsätzlich eine klare Stimmung für diese Regierung. Nur eine kleine Gruppe will, dass die Regierung nicht Bestand hat. Wir werden das aber gut durchhalten.
Aber wie ernst nimmst du diese Morddrohungen? Gibt's verstärkte Security?
Ja, ich habe einen Sicherheitskoordinator mit, weil du nie weißt, was diesen paar Narren einfällt. Aber ich bin das seit 2016, dem Präsidentschaftswahlkampf, gewohnt und habe bereits eine dicke Haut.
Du bist ja auch Regierungskoordinator sowie Medienkoordinator des FPÖ-Regierungsteams. Wie geht sich das alles in 24 Stunden aus?
Rund die halbe Woche ist mit den Koordinationsaufgaben belegt. Die andere mit den Arbeiten im Ministerium. Ich habe aber das Glück, dass mir das Ressort fachlich sehr liegt und daher geht die Arbeit leicht von der Hand.
Im ORF gibt's derzeit eine unglaubliche Anreihung von Skandalen, was die politische Berichterstattung anlangt. Du hast dich auch selbst zum Thema Abschaffung der ORF-Gebühren zu Wort gemeldet. Was soll an deren Stelle treten?
Die Gebühren sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Sie einzuheben ohne bestimmte Leistung, also egal ob das Programm gut oder schlecht ist, geht einfach nicht mehr. Die ORF-Gebühren gehören weg! Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Leistung des ORF wäre ein staatlicher Zuschuss denkbar. Aber der ORF muss sich auch am Markt bewähren. Für Serien wie zum Beispiel "Malcolm mittendrin" ist das Gebührengeld zu schade.
Wird es seitens der Regierung ein neues ORF-Gesetz geben?
Ja! Ziel muss sein, dass der ORF und einige Mitarbeiter aufhören, Politik machen zu wollen. Wenn ein ORF-Journalist glaubt, Politik machen zu müssen, dann soll er sich Wahlen stellen. Ansonsten erwarten wir uns eine objektive Berichterstattung und keine parteipolitische Einfärbung.
Dir ist es am eigenen Leib passiert am Transitgipfel ...
Beim Brenner-Transitgipfel in München war der ORF vor Ort. Bei der Rückreise werde ich dann gefragt: Sag mal, warst du als zuständiger Minister gar nicht dort? Der ORF hat es geschafft, jene Personen, die für Österreich verhandeln, nicht zu erwähnen. Ein besonderes Meisterstück, eines Redakteurs, der politisch auf einer ganz anderen Seite angesiedelt ist. Auch beim Tiroler ORF fand übelste Manipulation zum Schaden des FPÖ-Spitzenkandidaten statt. Und dann "liked" der ORF-Chef Wrabetz noch einen abscheulichen Tweet gegen die FPÖ. Wir brauchen ein neues ORF-Gesetz für einen objektiven ORF. Wir sind sehr entschlossen, die notwendigen Maßnahmen zu treffen.
Der Ausbau der direkten Demokratie war vor der Wahl großes Thema der FPÖ. Sogar eine Koalitionsbedingung. Jetzt gibt es Enttäuschung, da im Regierungsprogramm kaum etwas übrig geblieben ist. Warum?
Die Verhandlungen mit der ÖVP wären fast daran gescheitert. Wir haben überlegt, aufzustehen. Dann wären aber alle anderen positiven Punkte auch weg gewesen. Wir wissen, dass das ein Makel ist und können nur versuchen, den Koalitionspartner weiter davon zu überzeugen, dass man sich vor direkter Demokratie nicht fürchten muss. Wir bleiben da dran. Es wird zwar besser als zuvor, aber die Hürden sind einfach zu hoch.
Eine letzte visionäre Frage, die vor allem in den Foren junge, innovative Menschen interessiert: Werden wir es noch erleben, dass etwa über der Stadt Wien Drohnen fliegen und die Pakete der Post in die Haushalte zustellen?
Also der Postgeneraldirektor sieht das eher in weiter Ferne. Ich hoffe, dass wir beide sehr alt werden und dann haben auch wir eine Chance, es zu erleben. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht wirklich mal passieren könnte. Auch in anderen Bereichen wird die Drohne zunehmend interessanter. Etwa bei der Beibringung eines Defibrillators im Notfall. Andererseits sind Drohnen noch immer eine Gefahr für die Luftfahrt. Mich selbst hätte eine Drohne in 3.000 Fuß Höhe fast abgeschossen ...