Er war die Lichtgestalt aller CETA-und TTIP-Gegner. Für Millionen von Menschen in ganz Europa der Hoffnungsträger. Christian Kern sagte bei seinem Antritt als österreichischer Bundes-kanzler Nein zu CETA. Nun gab er für das Freihandelsabkommen mit Kanada doch grünes Licht.
Die diesbezüglich nicht verwöhnten SPÖ-Wähler hingen an Kerns Lippen und feierten ihn als Heilsbringer. CETA-Gegner jubelten. Der kann ja wirklich reden ... Und was er sagt ... Nein, der wird CETA nicht unterschreiben! Hat er ja gesagt. Laut und deutlich. Nein, der fällt nicht um. DER nicht! So und so ähnlich war's noch im September zu hören. Der Optimismus für einen roten Aufschwung legte sich übers Land wie eine Nebeldecke im November. Und unter der finden wir uns jetzt wieder.
Genau dieser Bundeskanzler Kern hat nun seinen Sanctus zu CETA gegeben. Gegen TTIP sei er weiterhin. Also noch. Ist aber auch egal. Denn ist CETA erst mal in Kraft, kommen die US-Konzerne sowieso durch die Hintertür über Kanada zu uns. Da braucht man dann TTIP gar nicht mehr. Und die Parlamentsbeschlüsse auch nicht, denn was läuft, das läuft.
Daran werden auch die Gewerkschaftsbonzen nichts ändern. Die sind sich und ihrem Wort nämlich treu geblieben. Sie waren und sind dagegen. So wie Landeshauptmann Hans Niessl. Nützt aber nichts. Kern ist umgefallen. Ganz so, als hätte man ihm von jetzt auf dann das Rückgrat entfernt.
Wie sein Vorgänger tanzt auch er jetzt einer Marionette gleich nach dem Brüsseler Takt und dem Volk auf der Nase rum. Ganz besonders den Hunderttausenden Österreichern, die gegen die Freihandelsabkommen auf die Straße gegangen sind. Was die Österreicher dazu sagen, könnte sich bei der Bundespräsidentenwahl am 4. Dezember zeigen.
Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass die SPÖ "Ja, aber ...", gesagt hat. Das haben wir allerdings schon oft gehört. Vor dem EU-Beitritt und auch seit wir in der EU sind. Hier ein paar Beispiele, deren es viele gibt.
> Ja, aber der Schilling bleibt ... - viele Milliarden Euro-Schulden später wissen wir es besser.
> Ja, aber es wird nichts teurer ... - über diesen Witz lachen heute nicht mehr viele.
> Ja, aber der Lebensmittelstandard bleibt ... - mittlerweile wurden die Pestizidgrenzen um ein Hundertfaches angehoben.
> Ja, aber kein Staat haftet für die Schulden eines anderen Staates ...
- dann wurden die Rettungsschirme aufgespannt.
> Ja, aber die Neutralität bleibt ... - auch durch Österreich rollen NATO-Panzer.
> Ja, aber das Bankgeheimnis bleibt ... - es wurde abgeschafft.
Der Bundeskanzler ist wohl das beste Beispiel dafür, wie schnell man als Politiker nicht nur sein Rückgrat, sondern auch sein Gewissen verlieren kann. Vielleicht ist der Mensch Christian Kern mit CETA nach wie vor nicht glücklich. Zumindest liest sich eine diesbezügliche zweieinhalb DIN-A4-Seiten lange Erklärung auf seiner Facebook-Seite so. Der Politiker Christian Kern konnte diesen Kurs aber nicht halten. Es gilt also auch bei ihm: Im Zweifel für die Großen und gegen die Kleinen. Wie das mit dem Namen seiner Partei zu vereinbaren ist, bleibt ein Geheimnis.