Alle gegen Hofer?

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Das rot-schwarze Polit­system wurde bei der Präsidenten-wahl im ersten Durchgang brutal abgestraft. Um sich weiter am Leben zu halten, unterstützt es seither mit aller Kraft Alexander Van der Bellen. Doch nun bekennen sich immer mehr Menschen auch öffentlich zu Norbert Hofer.

Text: Klaus Faißner

Hunderttausende Euro hat Hans Peter Haselsteiner in die Hand genommen. Nur um Norbert Hofer als Bundespräsident zu verhindern. Und vor dem EU-Austritt Österreichs zu warnen, den Hofer aber nie anstrebte. "Kommt Hofer, kommt Öxit, kommt Pleitewelle, kommt Bauernsterben, kommt Arbeitslosigkeit", ließ Haselsteiner propagandistisch titeln. Der Nazi-Bezug durfte im Kampagnenvideo auch nicht fehlen: Rechtsextreme Glatzköpfe sind ebenso zu sehen wie Bilder vom Zweiten Weltkrieg. Wegen der Verschiebung der Stichwahl setzte Haselsteiner die Kampagne im September aus - um sie rechtzeitig vor der Wahl am 4. Dezember wieder aufzunehmen. Im Mittelpunkt steht dabei ein Denkverbot: "Mit allen unappetitlichen Themen kann man auf Stimmenfang gehen ... Aber mit dem Öxit-Thema definitiv nicht." Dass es mit der Wirtschaft Großbritanniens nach der Brexit-Volksabstimmung aufwärts geht, verschweigt er. Zusätzlich spendete Haselsteiner bis Mitte Oktober 150.000 Euro für Van der Bellen. Ebenfalls einen sechsstelligen Betrag investierte er bereits für die Wahlkämpfe der Neos. Diese eint mit Van der Bellen vor allem ein Ziel: Die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa. Das wäre das Ende Österreichs als Nationalstaat - was auch multinationalen Konzernen zugute käme.

EU-Elite in Aufruhr
Besonders unbeliebt bei den Eliten macht Hofer die strikte Ablehnung des EU-USA-Freihandelsabkommens TTIP und des EU-Kanada-Abkommens CETA. Ohne Volksabstimmung werde er nicht unterschreiben, bekräftigte er im Oktober einmal mehr. Van der Bellen fährt hierbei hingegen einen Zickzackkurs: Vor einem Jahr war er noch ein glühender Befürworter, heuer im Frühjahr mutierte er zum Gegner. Und vor wenigen Wochen erklärte er, er werde das CETA-Abkommen "als Bundespräsident jedenfalls sorgsam prüfen". Hofer konterte: Er habe das Abkommen schon "längst sorgsam geprüft" und lehne es daher ab.

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Die Möglichkeit, dass mit Hofer ein Mann mit einer gewissen EU-Skepsis in die Hofburg einziehen könnte, hat den Brüsseler Apparat in Alarmstimmung versetzt. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der vor Kameras meinte: "Wenn es ernst wird, muss man lügen", erklärte bereits im Mai: "Ich wünsche mir, dass der grüne Kandidat gewinnt." Der deutsche EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der gerne die Nazi-Keule auspackt, meinte: "Wenn die extremistische Rechte die Wahlen in Österreich und in Europa gewinnt, wird dies Europas Charakter ändern." Es ist anzunehmen, dass er - wie viele andere auch - bewusst Europa mit der EU verwechselte. Eine Veränderung des Charakters der EU wünschen sich laut Umfragen nämlich viele Europäer. Und der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte einen Schulterschluss aller gegen Hofer.

Diesen Schulterschluss gibt es im österreichischen Establishment schon längst: Neben den Grünen stehen SPÖ, Neos und die beim ersten Wahlgang als unabhängige Kandidatin angetretene Irmgard Griss hinter Van der Bellen. Besonders bei der SPÖ gaben so gut wie alle Polit-Spitzen eine Wahlempfehlung für ihn ab: von Bundeskanzler Christian Kern über den Wiener Bürgermeister Michael Häupl bis hin zur Ex-Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die sich nach dem Wahldebakel infolge eines Finanzskandals 2013 noch ganz aus der Politik zurückziehen wollte.

Gentechnik-Befürworter für VdB
Die ÖVP-Spitze hielt sich diesbezüglich zwar zurück, doch die ehemaligen schwarzen Parteiführer Wilhelm Molterer, Josef Riegler und Erhard Busek setzten sich vor der ersten Stichwahl für Van der Bellen ein. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl bezeichnete dies als "Wahlaufruf gescheiterter ÖVPler". Van der Bellen wäre ein "idealer Lebensverlängerer eines Systems, das Leute wie Busek, Molterer und Fischler federführend gegen die Wand gefahren haben". Doch nicht nur Politiker machen mobil gegen Hofer, sondern auch der Rest derjenigen, die von der hierzulande herrschenden Freunderlwirtschaft profitierten: Journalisten, Künstler, kirchliche Kreise oder Wissenschafter. So erklärte die Molekularbiologin Reneé Schröder Anfang dieses Jahres, dass sie den ehemaligen Grünen-Chef zur Kandidatur "gedrängt" habe. Ihrer Meinung nach gibt es bei genmanipulierten Organismen "nicht den kleinsten Hinweis auf ein Risiko" - obwohl viele unabhängige Studien das Gegenteil bezeugen. Ein weiterer Gentechnik-Befürworter im Unterstützerkreis Van der Bellens ist Franz Fischler. In seiner Zeit als EU-Kommissar machte er den Weg frei für Genmanipulation in Landwirtschaft und Lebensmitteln. So erklärte er in Richtung USA im Jahr 2003: "Wir von der Kommission werden alles tun, um zu zeigen, dass wir unsere Aussage ernst meinen, dass wir für die Gentechnologie sind."

Nazi-Keule und Kriminalität
Auch der Aktionskünstler Günter Brus ist Unterstützer des linken Kandidaten: "Ich wähle Van der Bellen, weil ich Hofer verhindern will", lautet seine Begründung. Bekannt wurde Brus, als er sich 1968 an der Uni Wien vor Hunderten Menschen Schnittwunden zufügte, kotete, sich mit seinem Kot beschmierte und onanierend die Bundeshymne sang. "Hofer verhindern" ist ein Hauptantrieb vieler Van-der-Bellen-Unterstützer, gerade im linksextremen Milieu. So startete die sich als revolutionär bezeichnende Linkswende im September die Aktion "Meine Stimme gegen Norbert Hofer". Menschen lassen sich dabei mit diesem Spruch fotografieren - gleich neben Plakattexten wie "Flüchtlinge rein, FPÖ raus".

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass wie bei der ersten Stichwahl Van-der-Bellen-Befürwortern fast jedes Mittel recht sein wird, um den NATO-Befürworter an die Macht zu hieven. Obwohl der Grazer Schriftsteller Thomas Glavinic davor warnte, "Andersdenkende als Dreck und Abschaum zu bezeichnen", nannte der Autor Robert Menasse Hofer einen "Nazi" und Hofer-Wähler "Faschisten". Der Polit-Aktivist Rudi Fussi erklärte, dass es nur zwei Arten von Hofer-Wählern gäbe: "Rechtsextreme oder Trottel". Interessant: Solange die gleichen Menschen SPÖ wählten, waren derartige Verhöhnungen nicht zu hören.

"Wir brauchen jede Stimme, wenn wir dieses Rennen für uns entscheiden wollen", hatte die Schauspielerin Julia Stemberger bereits im Mai beim "Künstlerfest für Van der Bellen" im Wiener Konzerthaus gesagt. Und weiter: "Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Nur nicht kriminell werden, ...also - nicht sehr". Ein "bisschen" kriminelle Energie war also angesagt.

Nachbarn mögen Hofer
Auch wenn einige Promis davor warnen, dass Österreich in der Welt wegen Hofer einen schlechten Ruf bekommen könnte: Als ähnliches nach der Wahl von Bundespräsident Kurt Waldheim 1986 passierte, ging es dem Land trotzdem wirtschaftlich bestens. Außerdem deuteten manche ausländischen Staatschefs bereits an, dass sie Hofer als Bundespräsident schätzen würden: Als der tschechische Präsident Milo? Zeman Hofer im September in der Prager Burg empfing, waren sie sich sowohl beim Thema Masseneinwanderung als auch darin einig, künftig als Staaten enger zusammenzuarbeiten.

"Hofer bringt uns Stolz zurück"
Facebook-Freunde hat Hofer jedenfalls weit mehr als Van der Bellen. In letzter Zeit wagten auch immer mehr Österreicher, Hofer offen zu unterstützen. "Norbert Hofer ist der einzige, der Österreich entsprechend repräsentieren kann", schrieb der Stratosphärenspringer Felix Baumgartner bereits im April. Im September bildete sich die Initiative "Christen für Hofer" mit Sprecher Heinrich Wohlmeyer, Ökonom, Buchautor und Großneffe von Ex-Bundeskanzler Julius Raab. Van der Bellen sei für ihn als Christ schon alleine deshalb unwählbar, weil er bei der Angelobungsformel den Satz "So wahr mir Gott helfe" ablehne. Zwei Pioniere bei erneuerbaren Energien, Wolfgang Löser (erster energieautarker Bauernhof Österreichs) und Gerhard Kaindl (erstes Plusenergiehaus Wiens) kennen Hofer schon über 15 Jahren als "geradlinigen, ehrlichen Menschen" und schätzen seine "Handschlagqualität". Ähnlich sah dies die SPÖ-Bürgermeisterin von Wörgl, Hedi Wechner, als Hofer hier im Wahlkampf auftrat: Sie bezeichnete ihn als "Ehrenmann".

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