So klar Sebastian Kurz in den Umfragen führt, so unklar ist der Weg, den Österreich gehen wird: Jenen der totalen Unterwerfung unter die EU, wofür eher SPÖ und ÖVP stehen, oder jenen zu mehr Selbstbestimmung und Patrio-tismus, der eher der FPÖ zugetraut wird. Zurecht stehen dieses Mal die Berater der Parteien im Blickpunkt, denn sie spielen eine entscheidende Rolle für den Wahlkampf und oft auch für die Art der Politik.
Text: Klaus Faißner
Da helfen auch die angeblich erfreulichen Wirtschaftsdaten nichts: Nur 28 Prozent der Österreicher meinen, dass es ihnen besser als vor zehn Jahren geht. So eine erst erschienene Studie von Unique Research, bei der zwei Drittel auch meinten, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt. Die Österreicher sind angefressen auf die Regierung. SPÖ und ÖVP mussten ihre Kandidaten austauschen, um eine weitere Schlappe wie bei der Bundespräsidentschaftswahl zu verhindern. Und sie mussten auch ihre Themen ändern: Mit "Flüchtlinge willkommen" traut sich nicht einmal mehr SPÖ-Kanzler Christian Kern hausieren zu gehen, der vor zwei Jahren als ÖBB-Chef noch voll auf dieser Linie gelegen war. Sebastian Kurz singt keine Loblieder mehr auf Zuwanderer, den Islam oder die EU. Und Heinz Christian Straches Hauptaufgabe liegt auf einmal darin, zu zeigen, dass es Kern und vor allem Kurz mit ihren Schwenks zu den verschiedensten Themen bislang nicht ernst meinten - auch weil sie zum Teil kaum mit deren Parteiprogrammen übereinstimmen (siehe auch Seite 13).
Doch es geht um viel bei der Wahl, vor allem um eine Richtungsentscheidung: noch mehr Zuwanderung, Kriminalität, Staatsverschuldung und EU-Bevormundung oder hin zu mehr Selbstbestimmung. EU-Zentralstaat oder Zurückgewinnung eines eigenständigeren Österreichs, lautet die Frage. Und gleich am Anfang des Wahlkampfs passierte etwas Besonderes: Die Wahrheit drängte ans Licht. Auf einmal bekam ganz Österreich eine Ahnung von den Männern, die hinter Christian Kern stehen. "Zeig´ mir Deine Berater und ich sage Dir, wer Du bist", könnte man einen Spruch leicht abwandeln. Kerns Chefberater, Tal Silberstein, wurde in Israel festgenommen, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Benjamin Steinmetz. Die Vorwürfe: Korruption, Geldwäsche und undurchsichtige Firmenkonstrukte. In Rumänien läuft gegen die beiden seit Jänner ein Verfahren wegen dubioser Immobiliengeschäfte. Da bekommt der SPÖ-Wahlspruch "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht" eine neue Bedeutung. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Gusenbauer hinter Kern und Kurz
Berater geben die Wahlkampflinie vor und teilweise auch politische Entscheidungen. Daher ist es auch besonders wichtig, sie näher anzusehen. Tal Silberstein beispielsweise hatte schon Michael Häupl 2001 bei der Wien-Wahl und Alfred Gusenbauer vor allem bei der Nationalratswahl 2006 beraten. Die Neos 2015 übrigens auch und Van der Bellens Wahlkampfteam indirekt ebenso. Doch noch interessanter als Silberstein, ist der Mann, der Silberstein an Kern vermittelte: Alfred Gusenbauer.
Schon bevor Kern im Mai 2016 Kanzler wurde, war Gusenbauer dessen wichtigster Berater. "Gusenbauers Netzwerk - von Immo-Millionär René Benko bis zu Ifes-Chef Karl Blecha - wird jetzt Kerns Netzwerk", schrieb damals die Tageszeitung Österreich. Gusenbauer ist nicht nur Kerns Berater, sondern auch für Sebastian Kurz tätig, dem Spitzenkandidaten der "Neuen Volkspartei", die ein paar neue Gesichter mit dem mächtigen schwarzen Parteiapparat verknüpft. Als frischgebackener Außenminister holte Kurz Gusenbauer 2014 an Bord seines Beratungsstabes, wie damals zahlreiche Medien berichteten. Und es besteht immer noch eine gute Verbindung zwischen den beiden, wie Gusenbauer vor zwei Monaten im Gespräch mit Rudi Fussi auf Puls 4 erzählte. Auf die Frage von Fussi, warum Gusenbauer über Kurz in der Du-Form als "Sebastian" spricht, antwortete der Alt-Bundeskanzler: "... weil ich ihn gut kenne und wir über die Jahre in Fragen der Außenpolitik gut kooperiert haben, das ist ja kein Geheimnis." Und weiter: "Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass er den einen oder anderen Rat auch noch heute von mir annimmt."
Kern und Kurz hören also auf denselben Mann, der für diese Firmen auf der ganzen Welt tätig ist oder bis vor kurzem war:
> Equitas Capital
(Investmentfonds, Chile)
> Peak Pride Management
(Immobilien, Wien)
> Gabriel Resources
(Bergbau, Kanada)
> Novia (Fonds, Malta,
zusammen mit Silberstein)
> Cudos (Risikokapitalgesellschaft, Wien)
> Novomatic (Glücksspiel,
Niederösterreich)
> Strabag (Bau) und
Haselsteiner-Familienstiftung (jeweils Österreich)
Schiedsgericht und Konstrukt auf Malta
Zusätzlich ist Gusenbauer Berater für den autoritären Präsidenten Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, wofür er 400.000 Euro pro Jahr kassieren soll. Gusenbauer arbeitet mit dem festgenommenen Steinmetz unter anderem im kanadischen Bergbauunternehmen Gabriel Resources zusammen. Dieses verklagte laut dem Nachrichtenmagazin profil im heurigen Juli den rumänischen Staat vor einem privaten, internationalen Schiedsgericht wegen eines gescheiterten Goldminenprojekts auf 4,4 Milliarden US-Dollar. Tal Silberstein, den Gusenbauer nach wie vor verteidigt, nutzte im Geschäftsverkehr Adressen auf Steuerparadiesen wie Zypern, Malta oder den Britischen Jungferninseln. Die Fondskonstruktion Novia auf Malta klagte Ende 2015 die Österreichischen Lotterien im Zusammenhang mit einem gescheiterten Glücksspielprojekt - und bekam laut profil über einen Vergleich 250.000 Euro.
Zusätzlich ist Gusenbauer Präsident des Renner-Instituts, der Parteiakademie der SPÖ. Dementsprechend gärt es an der Basis und ist Gusenbauer für viele Genossen untragbar. Für Kurz scheint Gusenbauer als zeitweiliger Berater jedoch kein Problem zu sein. Nicht zuletzt wegen der Ähnlichkeit der politischen Ausrichtung von Kern und Kurz erklärte FPÖ-Chef Heinz Christian Strache Ende August: "Es wird ein spannender Zweikampf - FPÖ gegen die gescheiterte SPÖ/ÖVP-Regierung."
Vorher und nachher
Tatsächlich steht die FPÖ für mehr Selbstbestimmung und mehr nationale Eigenständigkeit, zum Beispiel bei der Zuwanderung, in EU-Fragen oder auch wirtschaftlich, weil sie die EU-Knebel-Freihandelsverträge mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) ablehnt. Rot und Schwarz setzen zwar im Wahlkampf auch vermehrt auf die patriotische Karte, um Wählerstimmen zu maximieren, glaubhaft ist die Haltung jedoch nicht. Ein Blick zurück könnte lehrreich sein: Im Wahlkampf 2006 hatte sich Gusenbauer von seinem Berater Tal Silberstein als Kämpfer für die Arbeiterklasse darstellen lassen, der auch für Studenten die Abschaffung der Studiengebühren versprach.
Gusenbauer gewann überraschend gegen den damaligen ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel, der jetzt beste Kontakte zu Sebastian Kurz hat. Gusenbauer machte das Gegenteil von dem, was er versprochen hatte: Die Studiengebühren blieben und er boxte gegen den Willen der meisten Österreicher den EU-Vertrag von Lissabon durch. Diesem EU-Vertrag haben wir zum Beispiel Freihandelsabkommen wie CETA zu verdanken, durch die sozial-, umwelt- oder arbeitsrechtliche Standards abgebaut werden. Des Weiteren wurde mit ihm die österreichische Neutralität zu Grabe getragen, wie damals der Völkerrechtsexperte der Uni Linz, Manfred Rotter erklärte. Gusenbauer war auch mehrmals Gast bei Bilderberger-Geheimtreffen und ist einer der Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationale.
Soros, Bertelsmann und Schüssel
Doch Kern und Kurz sind nicht nur durch die Person Gusenbauer verbunden. Auch zu George Soros, dem Lenker der Masseneinwanderung nach Europa, scheinen die beiden Kontakte zu haben. Kurz ist nämlich Mitglied in der von Soros gegründeten Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) und vertritt Soros´ Forderung, jährlich Tausende Asylanten direkt aus ihrer Heimat abzuholen, um sie hier anzusiedeln. Und Kern empfing im Vorjahr im Bundeskanzleramt still und heimlich Alexander Soros, Sohn und einer der engsten Mitarbeiter von George Soros (alles roger? berichtete). Gerne hätten wir Kurz und Kern die Möglichkeit für eine Stellungnahme gegeben, doch sie schwiegen bislang zu allen unseren Anfragen.
Als einflussreicher Einflüsterer von Kurz wird Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel genannt - wenngleich Kurz dies dementiert. Jedenfalls traten beide im vergangenen November bei einer Veranstaltung der berüchtigten Bertelsmann-Stiftung in Berlin auf. Die Stiftung ist eine Verfechterin der schrankenlosen Globalisierung und ist eng mit einflussreichen US-Denkfabriken wie dem Atlantic Council oder dem Council on Foreign Relations verbunden. Das Thema des Abends lautete "Radikalisierung bekämpfen - Sicherheit wahren" und es ging auch darum, wie man "Rechtspopulisten" das Wasser abgraben könne. Eingeladen hatte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Liz Mohn. Die Fragen stellte Stefan Kornelius, Leiter des außenpolitischen Ressorts der Süddeutschen Zeitung, der wegen seiner Mitgliedschaft in vielen transatlantischen Denkfabriken schon öfter kritisiert wurde. Schüssel wurde 2007 in das Kuratorium der Bertelsmann-Stiftung berufen und galt - trotz der Sanktionen gegen seine Regierung im Jahr 2000 - als EU-Fanatiker und zeitweise auch als Verfechter einer NATO-Mitgliedschaft Österreichs.
Van der Bellen als wichtiger Faktor
Kurz und Kern sind vorbehaltlose Befürworter der EU-Mitgliedschaft Österreichs. Am Europatag 2016 erklärte Kurz, Bürger und Wirtschaft hätten vom EU-Beitritt "enorm profitiert". Was es nun brauche, sei "eine schlagkräftigere gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik". Kurz setzte die Initiative zur weitgehenden Schließung der Balkan-Route erst dann, als die Umfragewerte Norbert Hofers vor der ersten Präsidenten-Stichwahl im vorigen Frühjahr immer besser wurden. Kurz wurde durch Einwanderungskritik immer populärer, gleichzeitig war die ÖVP gegen seine Forderungen, wie ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst, als die FPÖ dies im Parlament abstimmen ließ.
Es stellt sich die Frage, ob die FPÖ nach dem 15. Oktober stark genug sein wird, um eine Änderung in Richtung mehr Selbstbestimmung sowie direkte Demokratie durchsetzen zu können. Und ob Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Regierung mit blauer Beteiligung überhaupt angeloben wird. Ansonsten winkt neuerlich eine Koalition zwischen Schwarz und Rot. Alle anderen Parteien können von einer Regierungsbeteiligung nur träumen - laut Umfragen von August wird es sie entweder gar nicht (mehr) oder nur als sehr kleine Gruppen im nächsten Nationalrat geben.