Die Vorweihnachtszeit hat einen ganz besonderen Zauber und präsentiert sich mal laut, mal leise. Während die einen hektische Betriebsamkeit und Lichterglanz in der Großstadt lieben, schätzen andere Besinnliches und Brauchtum am Land. Advent in Österreich hat viele Facetten - auch schaurig schöne, wie die zahlreichen Krampus- und Perchtenläufe beweisen.
Text: Regina Zeppelzauer
Mit Ende November beginnt die stillste Zeit im Jahr. Eigentlich. Denn mancherorts treiben schaurige Gestalten ihr Unwesen und kündigen mit lautem Kettenrasseln und wildem Glockengeläut den Advent an. Es sind die wilden finsteren Begleiter des Nikolaus, die Krampusse, die in Zottelfellen und furchterregenden Masken Groß und Klein erschrecken. Gleich 1.000 davon laufen am 7. Dezember in Bad Goisern beim Salzkammergut-Krampuslauf. Auf traditionelle Masken und Gewänder wird dabei vom Veranstalter, der Freiwilligen Feuerwehr Bad Goisern, besonderes Augenmerk gelegt. "Gerade junge Leute finden durch diese Veranstaltungen wieder zu Brauchtum", ist sich Kommandant Günter Rainer, der Organisator des Salzkammergut Krampuslaufes sicher. Bis zu 4.000 Besucher werden heuer zu dem höllischen Spektakel erwartet.
Krampus- und Perchtenläufe
Dass Krampus und Nikolo nach wie vor zeitgemäß sind, davon ist Bernhard Höpflinger, der Obmann der Faistenauer Krampusse jedenfalls überzeugt. "Dieser Brauch geht schon Jahrhunderte zurück und ist tief verwurzelt im Salzkammergut. Er ist Bestandteil unserer Identität und soll daher Kindern schon von klein auf nahegebracht werden." In ländlichen Gegenden ist generell die Brauchtumspflege weit verbreitet, das betrifft natürlich auch das Krampus-Brauchtum, so Höpflinger. Der 1997 gegründete Verein "Faistenauer Krampusse" zählt derzeit 40 Mitglieder. Nicht ganz so viele sind es bei der Perchtengruppe "Zimnitz-Pass" in Bad Ischl. Von den 25 Mitgliedern sind 21 Perchten, drei Engerl und ein Nikolaus. "Es ist schwierig junge Menschen für Brauchtum zu begeistern, vor allem wenn sie so gar nicht damit aufgewachsen sind", so Michael Maherndl, Obmann der Zimnitz-Pass. Trotzdem sieht er einen steigenden Trend zur Brauchtumspflege bei Jugendlichen. Für Maherndl gehören Krampus und Nikolo zur Vorweihnachtszeit dazu. "Wenn wir schon im Kindergarten beginnen bestimmte Bauchtümer nicht zu praktizieren, dann werden diese längerfristig gesehen aussterben." Für ihn der falsche Weg, denn gerade das Salzkammergut ist von vielen verschiedenen Traditionen geprägt.
Während der Krampus den heiligen Nikolaus begleitet, sind die Perchten - unterteilt in Schirch- und Schönperchten - dazu da, böse Geister und den Winter zu vertreiben. Sie treten in den Raunächten auf, ihr Fell ist eher hell und neben den Schellen tragen Perchten einen Kuh- oder Ross-Schweif. Außerdem haben Schirchperchten mehrere Hörnerpaare, im Gegensatz zum Krampus, dessen Maske nur ein Hörnerpaar ziert.
Den wohl längstdienenden Nikolaus Österreichs findet man im steirischen Allerheiligen. Johann Sieber bringt seit 50 Jahren Generationen von Kindern zum Strahlen.
Kekse und Kletzenbrot
Der Advent ist auch die Zeit des Backens. Wenn es im ganzen Haus nach Vanille und Zimt duftet, kommt unweigerlich Weihnachtsstimmung auf. Dabei ist der Brauch des Keksebackens älter als das Weihnachtsfest selbst. Schon vor Christi Geburt wurden sogenannte Opferbrote, flache Fladen aus zermahlenen Getreidekörnern und Honig, hergestellt, die vor bösen Dämonen schützen sollten. In christlicher Zeit wurde diese Tradition übernommen, statt Opferbroten wurden aber Weihnachtsbrote gebacken, die heutigen Christstollen. Da die Herstellung teuer war und sich nur wohlhabende Menschen Zucker leisten konnten, fingen die Menchen an kleinere Brote zu backen. Daraus entstanden die Weihnachtskekse, wie wir sie heute kennen.
Neben Linzeraugen, Vanille-kipferln und Kokosbusserln ist auch das Kletzenbrot ein traditionelles Gebäck zur Adventszeit. Seinen Namen verdankt das süße, saftige Früchtebrot seinem Hauptbestandteil, den Kletzen. Dieser Begriff für gedörrte Birnen kommt vom mittelhochdeutschen Wort kloezen, was soviel heißt wie spalten. Mit dem Backen des Kletzenbrotes wird rund um den Andreastag (30. November) begonnen. Diesem Brauch liegt ein altes heidnisches Fruchtbarkeitsritual zugunde. In den Klöpfelnächten sprangen maskierte Männer über die Felder, das sollte eine gute Ernte bringen. Danach bettelten sie um Gaben, die in der Regel aus Kletzenbrot bestanden. Heute wird das Kletzenbrot meist an den Adventsonntagen beim gemeinsamen Feiern zur Jause gegessen.
Barbaratag und Mistelzweige
Nach altem Brauch werden am 4. Dezember, dem Gedenktag der heiligen Barbara, Zweige von Obstbäumen - meist Kirschbäumen - geschnitten und in eine Vase gestellt. Wenn sie am Christtag blühen, dann gilt das als gutes Omen fürs neue Jahr. Je nach Region haben die Blüten unterschiedliche Bedeutung. Sie können ein Hinweis auf eine gute Ernte im nächsten Jahr sein oder auch die Ankündigung einer Hochzeit. Manchmal sollen sie auch Lottoglück bringen. Auf jeden Fall stehen die im Winter erblühten Barbarazweige für das Wunder der Heiligen Nacht.
Mistelzweige werden seit dem 19. Jahrhundert als Weihnachtsdekoration genutzt. In alten Zeiten sollte die Mistel böse Geister sowie Blitzschlag und Feuer von Haus und Hof abhalten. Heute ist der Kuss unter dem Mistelzweig ein gängiger Brauch geworden und verheißt eine glückliche Partnerschaft. Wird eine Frau unter dem Mistelzweig nicht geküsst, muss sie davon ausgehen auch im nächsten Jahr ledig zu bleiben. Sicherheitshalber sollte man(n) aber nicht einfach drauflos küssen, sondern die Angebetete lieber um Erlaubnis fragen.
Anklöpfeln und Thomasnacht
Der Brauch des Anklöpfelns wird im Tiroler Unterinntal gepflegt. Eine Gruppe von als Hirten verkleideten Sängern stattet in der Zeit zwischen Anfang und Mitte Dezember den Häusern der Nachbarschaft einen Besuch ab. Ihre Lieder verkünden die Geburt Jesu. Zum Dank für ihre Darbietung erhalten die Sänger Getränke und eine kleine Jause. Manchmal wird auch Geld gegeben, das von den Sängern dann für karitative Zwecke gespendet wird.
Die Thomasnacht von 20. auf 21. Dezember ist aufgrund der Wintersonnenwende die längste Nacht des Jahres. Sie wird auch als tiefste Nacht des Jahres bezeichnet und ist mit vielen Bräuchen und Aberglauben verbunden. Vor allem in Kärnten spielt die Thomasnacht eine große Rolle in der vorweihnachtlichen Tradition. Es heißt, man könne in dieser Nacht in die Zukunft sehen. Verschiedene Orakel dienen dazu, den Mann oder die Frau fürs Leben weiszusagen. Die Thomasnacht ist auch die erste der ursprünglich zwölf Raunächte. Heute wird meist nur noch den vier Hauptraunächten - neben der Thomasnacht zählen noch der Heilige Abend, Silvester und die Nacht von 5. auf 6. Jänner dazu - Bedeutung beigemessen. Sie gelten als symbolische Nächte des Übergangs vom Leben zum Tod und umgekehrt. Traditionellerweise wird am Abend einer Rauhnacht das Haus oder die Wohnung mit Weihrauch, Wacholder, Beifuß, Salbei und anderen Kräutern ausgeräuchert, um böse Geister zu vertreiben und eine energetische Reinigung herbeizuführen.
Kripperlroas im oberösterreichschen Salzkammergut
Typisch für das Salzkammergut ist der Weihnachtsbrauch der Kripperlroas. Das Wandern von Krippe zu Krippe beginnt nach den Weihnachtsfeiertagen und geht bis Mariä Lichtmess am 2. Februar. Privathäuser in Ebensee und Bad Ischl öffenen ihre Türen für Besucher und präsentieren ihre wundervoll gestalteten Haus-Krippen. Um die oft zimmergroßen Landschaftskrippen aufzubauen, braucht man mehrere Wochen. Die Krippen werden von Generation zu Generation weitervererbt.
Besinnlich, furchterregend oder kurios - die Adventsbräuche in Österreich sind vielfältig und verkürzen die Wartezeit aufs Christkind. Die Zeit der Ankunft des Herrn, so die eigentliche Bedeutung des Wortes Advent, gehört mit Sicherheit zu den schönsten des ganzen Jahres. Egal ob in der Großstadt oder am Land - der Faszination der Vorweihnachtszeit entkommt man nicht.