Kaum ein Kolumnist sorgt für so viel Aufregung und erntet so viel Zustimmung wie der Wiener Jurist Tassilo Wallentin. Im Interview mit alles roger? spricht er über seine Popularität, eine mögliche Kandidatur bei der Nationalratswahl und über Maßnahmen, wie die Fehler bei der Einwanderungspolitik korrigiert werden können.
Text: Martina Bauer
Fast 30.000 Follower auf Facebook. Sie haben viele Fans. Wie erklären Sie sich das?
Das sind wohl zumeist Leser meiner Krone-Kolumne, die auch verfolgen möchten, was ich sonst noch zu sagen habe.
Die Kolumne ist ja sehr erfolgreich...
Ich bekomme sehr viel positive Resonanz und so gut wie keine negativen Leserbriefe. Das fand die Zeitung von Anfang an äußerst bemerkenswert.
Wie groß ist die Resonanz?
Ich bekomme hunderte Briefe. Sie sind oft sehr persönlich und wertschätzend verfasst. Es tut mir dann immer leid, wenn ich nicht auf jeden antworten kann, weil ich das zeittechnisch nicht schaffe.
Wie erklären Sie sich die ausbleibenden negativen Kommentare?
Weil ich die Probleme ungeschminkt und frei anspreche und nicht davor scheue, mit dem Zeitgeist hart ins Gericht zu gehen. Wie sagte George Orwell? "In Zeiten allgemeiner Täuschung die Wahrheit zu sagen, ist eine revolutionäre Tat."
Apropos ...: Werden Sie bei der nächsten Nationalratswahl für eine Partei kandidieren?
Voraussichtlich nicht.
Prozentuell gesehen?
Es kommen Angebote vieler Parteien. Ich sehe mich aber weiterhin "im Vorhof der Macht." Ich bin von keiner Partei wirklich überzeugt.
Also mit eigener Liste?
Warum nicht?
Irmgard Griss hat sich bei der Bundespräsidentenwahl nicht so schlecht geschlagen. Sie schreiben auf Facebook, dass Sie hoffen, sie nach dem 15. Oktober nicht mehr sehen zu müssen. Warum?
Ich denke, Frau Griss hat ihre Chance gehabt. In der speziellen Konstellation "Bundespräsidentenwahl 2016" hat sie funktioniert. Und zwar als Unabhängige mit Richterbonus, die den Hypo-Bericht verfasst hat - wobei niemand so richtig weiß, was in dem Hypo-Bericht eigentlich gestanden ist. Sie hätte den Job der Rechnungshofpräsidentin annehmen sollen. Ihre gefloppte Fernseh-Show bei einem kleinen Sender sagt alles.
Sie machen gar kein Hehl daraus, dass Sie unsere Regierung offenbar für dumm halten. Was läuft denn Ihrer Meinung nach alles falsch?
Wir haben keine Staatsmänner mehr, sondern Funktionäre und Verwalter der Zustände. Unseren Regierungsverantwortlichen fehlt das historische Gefühl. Sie verstehen nicht, dass eine Zeitenwende angebrochen ist.
Sie sind ja ein Fan der direkten Demokratie. Derzeit gibt's die Initiative "Wir entscheiden". Sie sammelt Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren für direkte Demokratie. Haben Sie das auf Ihrem Magistrat schon unterschrieben?
Das sehe ich mir gerne an. Ich unterstütze jede Initiative, die die direkte Demokratie etablieren will. Ich verbringe jedes Jahr viel Zeit in der Schweiz, sowohl privat als auch beruflich. Ich kenne die Vorteile der direkten Demokratie und die zahlreichen Errungenschaften der Schweiz, die darauf zurückzuführen sind. Als österreichischer Spitzenpolitiker braucht man sich nur mit billigen Versprechungen über den Wahltag retten. Hat man das geschafft, kann man ungestört fünf Jahre lang "von oben nach unten" regieren. Das ist in der Schweiz anders. Das Volk kann jederzeit die rote Karte zeigen.
Eines Ihrer Lieblingsthemen in der Krone-Kolumne sind die Flüchtlinge...
Europa erfährt derzeit eine der größten Umwälzungen seiner Geschichte. Die Völkerwanderung aus zerfallenden afrikanischen und arabischen Staaten und die damit einhergehende Islamisierung werden diesen Kontinent wohl für immer verändern.
Was könnte/müsste man per Gesetz sofort ändern?
1. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss sich ändern. Dort, wo die Souveränität Österreichs unmittelbar stark betroffen ist, dürfen EU-Gesetze nur eingeschränkte Geltung haben.
2. Kontrolle der Staatsgrenzen: Wer nach Österreich über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, ist dorthin zurückzuschicken.
3. Härteres Vorgehen gegen Sexualtäter.
4. Abschiebung Nicht-Asylberechtigter und schwerkrimineller Asylanten - falls nötig, auf von der UNO geschützte Inseln = australisches Modell.
5. Kein Geld für Asylwerber, sondern nur Sachleistungen, also Essen, Bett, Versorgung im Notfall. Das wäre der beste Zaun.
Das Problem sind ja vor allem die Kriminellen...
Ja. Laut EU-Grundrechte-Charta dürfen sogar Mörder, Kinderschänder, Vergewaltiger und Drogenhändler nicht abgeschoben werden, wenn ihnen im Herkunftsland erniedrigende Behandlung droht. Und die Charta steht sogar im Verfassungsrang.
Die Lösung?
Die EU-Grundrechte-Charta können wir ohne die anderen EU-Länder nicht ändern. Österreich ist aber von sicheren Drittstaaten umgeben. Wenn wir unsere Grenzen sichern, dann wissen wir, woher die Leute eingereist sind und können sie dorthin auch zurückschicken, ohne gegen die Charta zu verstoßen. Abgesehen von der Grenzsicherung halte ich auch Auffanglager vor Ort für eine sehr gute Idee. Das wollen aber Länder wie Libyen nicht, auch nicht gegen sehr viel Geld, weil sie keine radikalen Islamisten im Land haben wollen - die sollen lieber die Europäer aufnehmen.
Sie sind der EU gegenüber kritisch, haben sich aber nie für einen Austritt ausgesprochen. Wie stehen Sie wirklich dazu?
Ich halte einen österreichischen EU-Austritt nicht für sinnvoll. Wir sind nicht in derselben Position wie Großbritannien. Wir brauchen aber eine härtere Politik gegenüber Brüssel, notfalls Veto-Politik. Die Beißhemmung der österreichischen Politiker ist mir nicht ganz erklärlich. Die EU ist ständig in Entwicklung und da muss man korrigierend eingreifen, ohne deshalb gleich ein schlechter Europäer zu sein.
Zurück zu den radikalen Islamisten. Einige der letzten Attentäter waren ja in dem Land, wo die Anschläge verübt wurden, geboren. Wie sollte man mit denen verfahren?
Mit einem Verbotsgesetz gegen den radikalen Islam. Der eine oder andere Imam würde sich dann genau überlegen, ob er eine Hasspredigt schwingt, wenn er dafür langjährig oder lebenslang in Haft gehen kann. Die gesetzlichen Möglichkeiten gibt es ja. Wir haben auch ein NS-Verbotsgesetz. Warum nicht auch ein Gesetz gegen den radikalen Islam? Das fordert meines Wissens auch die liberale moslemische Gemeinschaft.
Waren Sie bei der letzten Nationalratswahl wählen und wem haben Sie Ihre Stimme gegeben?
Ich habe immer das geringste Übel gewählt.
Und dieses Mal? Vielleicht sich selbst?
Wenn ich antrete, wähle ich mangels Alternativen mich selbst.