Die Ö3-Kummernummer ist nicht nur zu Weihnachten eine der meist gefragten Anlaufstellen, wenn es Menschen schlecht geht. Es gibt aber auch viele andere Institutionen, die sich um Mitmenschen in Ausnahmesituationen kümmern. Einsamkeit ist das ganze Jahr über ein präsentes Thema. Ganz besonders groß ist das Leid zu Weihnachten auch bei Menschen, die ihre Kinder nicht sehen dürfen.
Text: Martina Bauer
Es tut immer weh, wenn man sein Kind nicht sehen darf, zu Weihnachten natürlich ganz besonders. Zu 90 Prozent sind davon Männer betroffen. Um sie kümmert sich der Verein "Väter ohne Rechte", der aber auch Mütter betreut, die ihre Kinder nicht sehen dürfen. "Uns geht es um das Wohl des Kindes", sagt Vereinsobmann Martin Morauf. "Ein Kind hat das Recht auf beide Eltern, ungeachtet dessen, ob sich die noch etwas zu sagen haben oder nicht. Das gilt natürlich auch und ganz besonders zu Weihnachten." Kein Wunder, dass es in dieser Zeit verstärkt zu Anrufen bei der Vereinshotline oder Kontaktaufnahmen auf Facebook kommt. An so einem Tag ist die Machtdemonstration, die mit dem Kindesentzug einhergeht, besonders wirksam. Sie trifft den oder die Ex mitten ins Herz.
"Auch Junge sind einsam"
Den Kummer kennt man auch dort, wo der Name Programm ist: bei der Ö3-Kummernummer, die es mittlerweile seit 30 Jahren gibt und die seit 2004 vom Roten Kreuz in Kooperation mit Ö3 betreut wird. Rund 140 speziell geschulte Rotkreuz-Mitarbeiter mit psychosozialem Hintergrund sind rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr für Menschen in Not da. Pro Monat verzeichnet die Einrichtung um die 1.400 Anrufe mit ganz unterschiedlicher Gesprächsdauer.
"Der Grund, warum Menschen bei uns anrufen, ist primär die Einsamkeit. Die ist ein großes Thema, aber das ganze Jahr über. Das betrifft nicht nur ältere Menschen. Es gibt auch junge Menschen die damit beschäftigt sind. Junge Leute, die keine Arbeit finden, oder eine psychische oder physische Erkrankung haben, leiden oft unter Einsamkeit. Ihnen fehlt der Austausch, den andere täglich haben", erklärt Hermine Buchsbaum, Leiterin der Ö3-Kummernummer, Wiener Rotes Kreuz.
Stigma zwischen Sein und Schein
"Das Wichtigste ist das Zuhören, dass mal wer da ist, mit dem die Menschen sprechen können. Es geht ums Rausfinden, welches Umfeld da ist und welche Möglichkeiten es gäbe. Die Leute ermutigen, dass sie doch hinausgehen oder mit anderen reden sollen. Viele Menschen trauen sich das nicht, weil sie stigmatisiert sind".
Vielmehr meinen sie stigmatisiert zu sein. Der Schein und das Sein gehen in unserer Gesellschaft selten Hand in Hand und daran ist nicht nur die Facebook'sche Scheinwelt schuld. Das weiß auch Hermine Buchsbaum, die dazu meint: "Die Wahrnehmung zwischen Sein und Schein klafft so weit auseinander. Der Anspruch der Menschen klafft auseinander. Jeder steht unter einem so großen Druck. Der, der sich und sein Leben auf Facebook schöner macht genauso wie der Kranke."
Im Grunde weiß es ohnehin jeder, und trotzdem handeln so viele nicht danach: Zu Weihnachten geht's nicht um die großen Geschenke. Einfach füreinander da sein, zuhören, das eigene Ego zum Wohle anderer Menschen, vielleicht sogar der eigenen Kinder oder der Ex-Partner ein wenig zurückschrauben, sich nicht über andere erheben, keine Machtspiele - damit alleine wäre der Idee von Weihnachten schon mehr als Genüge getan und die Alltagsengel würden dann in der Stillen Nacht vielleicht auch etwas zur Ruhe kommen. Warum nicht ... Weihnachten ist ja auch die Zeit der frommen Wünsche!