Kriminelle Vereinigungen schießen in Österreich wie Schwammerl aus dem Boden. Waren es bis dato vereinzelt tschetschenische Schutzgelderpresser, die vor allem durch ihre Brutalität auffielen, so agieren jetzt Organisationen, die mafiöse Strukturen geschaffen haben, anders gesagt: Hier herrscht die russische Mafia. Was sie wollen, ist klar: Macht in der Unterwelt.
Text: Roland Hofbauer
Es sind keine Herren, die man zu Kaffee und Kuchen einlädt. Wenn sie kommen, fliegen die Messer, krachen die Knochen und brennen die Häuser. Die Gang namens Struja ist in Österreich bekannt, gefürchtet und teilweise verhaftet. Wie berichtet, ist der Polizei ein großer Schlag gegen die tschetschenische Schutzgeldmafia gelungen. Doch auch nach der Verhaftungswelle sind die Tschetschenen aktiv. In Wien und Teilen Niederösterreichs wird Schutzgeld erpresst, als gäbe es kein Gesetz. Neu ist, dass man die Hintermänner kennt und die Ebene darüber, die Bosse.
Eine Gruppe, die über die Tschetschenen das Sagen haben soll, sind die "Diebe im Gesetz", eine Organisation die es seit der Sowjetunion gibt (siehe Kasten). Eigentlich nur ein anderer Name oder eine Detailbezeichnung für die russische Mafia. Schon vor Jahren hat sich die Gruppierung in Wien breitgemacht und soll unter anderem großangelegte Betrügereien, Einbrüche und perfekt organisierte Überfälle begangen haben. Jetzt wollen die Herrschaften auch im Bereich Schutzgeld kräftig mitmischen und die tschetschenischen Schläger als Handlanger an die Front schicken.
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Um die Organisation ranken sich allerlei Mythen. Seit 2011 wurden einige Prozesse gegen mutmaßliche Mitglieder dieser Organisation geführt, doch konnte die Mitgliedschaft und das Bestehen der "Diebe im Gesetz" nie eindeutig nachgewiesen werden.
Vor allen in den Gefängnissen scheinen die Diebe sehr viel zu sagen haben. Dort sollen sie von Mitgefangenen schon seit Jahrzehnten Schutzgeld kassieren. Handlanger der Diebe sind auch dort die nicht so intelligent organisierten Tschetschenen, die für die Drecksarbeit und die Gewalt engagiert werden.
Ein Ex-Häftling aus Stein beschreibt die Vorgänge: "Es gibt in jedem Gefängnis einen dieser Russen, der das Sagen hat. Sein Wille oder Bestrafungen werden von ehemaligen Ostblocksoldaten, meist Tschetschenen, umgesetzt. Früher haben die Diebe nur im Gefängnis Schutzgeld kassiert, aktuell haben sie auch das Gewerbe draußen fest im Griff. Sie sind bestens organisiert und können sich sowohl im als auch außerhalb des Gefängnis durch Geld vieles richten."
»Ziel ist, diese Gruppen zu erkennen und zu bekämpfen«
Oberstleutnant Robert Klug von der Wiener Polizei sagt in alles roger?, wie sich die Bandenkriminalität entwickelt und wie man sich schützen kann.
Ein großer Schlag gegen die tschetschenische Schutzgeldmafia ist Ihnen in den vergangenen Monaten gelungen, aber das Verbrechen stirbt ja nicht aus. Was raten Sie den Menschen, die bedroht werden?
Robert Klug: Jedenfalls die Polizei aufsuchen! Die Spezialisten im Landeskriminalamt finden mit Sicherheit eine passende Lösung. In vielen Fällen, in denen Anzeige erstattet wurde, hat man die Täter rasch festgenommen.
Vor mehr als zehn Jahren, etwa ab 2004, kam es zur tschetschenischen Flüchtlingswelle. Zehntausende Menschen flüchteten vor Krieg und Unterdrückung nach Österreich. Trotz Integration eilt ihnen ein negativer Ruf voraus. Seither erwecken manche Medienberichte den Eindruck, dass es sich bei Tschetschenen um gewalttätige, frauenfeindliche Menschen handelt. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Die Polizei ist dazu berufen, strafbare Handlungen festzustellen und Recherchen durchzuführen. Diese Erkenntnisse werden in Form einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft berichtet. Persönliche Meinungen und Eindrücke finden dabei keinen Raum.
Die Schutzgeldforderungen, dieser Gruppen sind absurd hoch. Wirte müssen Anteile am Lokal verkaufen, um Summen aufzubringen und verlieren ihre halbe Existenz. Was kann man dagegen tun?
Zweck einer Schutzgelderpressung ist, sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen und vor allem zu erhalten. Die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Erpressten würde diesem Vorhaben zuwider laufen. Verständlich ist, dass der Erpresste finanziell schwer beeinträchtigt wird. Oftmalig wird auch mit der Forderung von hohen Beträgen an die Betreiber herangetreten, um sich schließlich auf eine um ein Wesentliches reduzierte Summe zu einigen. Aber jedenfalls, wie eingangs erwähnt, unbedingt die Polizei kontaktieren.
Welche andere Gruppen oder Banden sind in Wien und Umgebung auf dem Vormarsch?
Da Wien ein Schmelztiegel von Nationen und Ethnien ist und insbesondere mit der gegenwärtigen Flüchtlingswelle der Zuzug im Ballungsraum Wien noch anhält, lässt sich diese Frage nicht konkret beantworten. Ziel der temporären Einheit zur Bekämpfung der Bandenkriminalität ist es, Gruppierungen, die strafrechtlich in Erscheinung treten, zu erkennen und zu bekämpfen.
Wundern Sie sich über diese äußerst brutalen Vorgehensweisen dieser Banden?
Ob ich mich wundere oder nicht, hat hier nichts zu suchen. Wir (meine Mitarbeiter und ich) agieren im Rahmen der Gesetze und berichten an die Staatsanwaltschaften.
Was bezwecken die Gangs?
Oft wollen die Gruppierungen Aufmerksamkeit erwecken. In vielen Fällen von uns bekannten Auseinandersetzungen geht es um territoriale Ansprüche. Vorherrschaft in Parks und dergleichen, sehr oft auch um finanzielle Ansprüche, ich denke hier an Raubüberfälle.
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