Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen sind nicht nur unsere Nachbarn und ehemalige Kronländer der altösterreichischen Monarchie: Hier sind auch Regierungen am Werk, die die Wünsche ihrer Völker bei Zuwanderung, Wirtschafts- oder Sozialpolitik ernst nehmen.
Text: Klaus Faißner
16 Regierungschefs aus Ost- und Südosteuropa trafen sich Ende November mit Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang, um wirtschaftlich enger zusammenzuarbeiten. Viele neue Investitionen wurden fixiert, unter anderem die Modernisierung der Eisenbahnlinie zwischen Budapest und Belgrad. Im Mittelpunkt der von der EU kritisierten Veranstaltung stand der Gastgeber, Ungarns Premierminister Viktor Orbán.
Als dieser Ungarn 2010 als Regierungschef übernahm, war das Land am Boden. Moralisch und wirtschaftlich. Die sozialistische Regierung hatte davor das Land so heruntergewirtschaftet, dass es wie Griechenland vor dem Kollaps stand. Der verantwortliche Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány hatte selbst eingestanden, dass seine Sozialisten nichts anderes getan hatten, als ständig zu lügen.
Orbán: erfolgreich und beliebt
Die Arbeitslosenquote belief sich 2010 auf über elf Prozent. Bis heute ist sie auf rund vier Prozent gesunken. Schrumpfte die Wirtschaft damals um fünf Prozent jährlich, wächst sie jetzt um etwa vier Prozent. Österreich hinkt hier weit hinterher. Orbán änderte die Verfassung, setzte auf Patrio-tismus, bat Konzerne statt Bürger zur Kasse und warf den Internationalen Währungsfonds aus dem Land. Als erster Staatsmann kritisierte er die Asylanteninvasion und deren wichtigsten Lenker George Soros heftig. In einer Rede im Oktober erklärte Orbán, dass es darum gehe, Ungarn ungarisch zu erhalten und unser "altes, wundervolles" Europa wiederzugewinnen, das vor dem Multikulti-Wahn existiert hat.
Seine Regierung schuf ein Modell, das auf drei Pfeilern beruht und mit dem es laut Orbán gelungen ist, das Land selbst aus der Krise zu ziehen:
> Vollbeschäftigung und eine auf Arbeit basierende Wirtschaft
> Lösung der Probleme im eigenen Land und nicht durch Einwanderung
> Flexibilität am Arbeitsmarkt und eine bessere Berufsausbildung
Bei den Wahlen im April 2018 dürfte Orbáns Partei Fidesz laut Umfragen wieder rund 50 Prozent der Stimmen erhalten. Die Sozialisten dürfen hingegen auf kaum mehr als 15 Prozent der Wählerstimmen hoffen.
Visegrád: Österreich sagte Nein
Orbáns Ungarn ist zwar in Brüssel unbeliebt, hat aber starke Verbündete: die Nachbarn Tschechien, Slowakei und Polen. Zu viert bilden sie die Visegrád-Staaten, die 1991 gegründet wurden. Sie gehen auf eine Idee des ehemaligen Widerstandskämpfers und späteren tschechoslowakischen Präsidenten Václav Havel zurück, der 1990 nach dem Ende des Ostblocks forderte, das "Vakuum, das durch den Zusammenbruch des Habsburgerreiches in Zen-traleuropa entstand, mit etwas genuin (echt, Anmerkung) Sinnvollem aufzufüllen". Österreich hätte auch dabei sein sollen, zeigte aber den ehemaligen Kronländern die kalte Schulter.
Doch gerade bei der Einwanderungspolitik wünschen sich viele Österreicher eine enge Zusammenarbeit - Norbert Hofer hatte in seinem Präsidentschaftswahlkampf 2016 eine solche bereits angestrebt. Denn in den Visegrád-Ländern sind alle Staatschefs gegen Multikulti, egal ob sie rot, schwarz oder nationalkonservativ sind. So erklärte der aus dem linken Parteienspektrum kommende tschechische Staatspräsident Milos Zeman bereits 2015, dass es sich um eine "organisierte Invasion" und "keine spontane Bewegung von Flüchtlingen" handle. "Warum nehmen sie nicht die Waffe in die Hand und kämpfen gegen den Islamischen Staat?", fragte er in Richtung der Hunderttausenden jungen Männer, die nach Europa gekommen waren.
"Kein Platz für den Islam"
Im September 2017 wählten die Tschechen ein neues Parlament, bei dem die Partei des Milliardärs Andrej Babi? klar gewann. Auch er verweigert strikt die Ansiedlung von Asylanten auf tschechischem Gebiet - und ist gegen die Einführung des Euro. Die illegale Migration ist für ihn "das größte Problem Europas". Als einziger sozialdemokratischer Regierungschef der Visegrád-Staaten hält sich Robert Fico in der Slowakei. "Der Islam hat keinen Platz in der Slowakei", stellte auch er klar und sorgte sich, dass Einwanderer "das Gesicht des Landes ändern".
Großer Beliebtheit im eigenen Land erfreut sich die polnische Regierung unter der nationalkonservativen Ex-Premierministerin Beata Szyd?o und ihrem Nachfolger Mateusz Morawiecki von der Partei Recht und Gerechtigkeit (polnische Abkürzung: PiS). Innenminister Mariusz B?aszczak erklärte im Mai 2017: "Erinnern wir uns an die Terroranschläge, die sich in den größeren Staaten der Europäischen Union ereignet haben. Erinnern wir uns daran, dass sie (die Länder Westeuropas, Anmerkung) mit verhältnismäßig kleinen moslemischen Gemeinschaften angefangen haben, die inzwischen sehr groß geworden sind."
Polen: pro Familie und Sicherheit
Laut Umfragen liegt die Regierungspartei PiS bei weit über 40 Prozent und ist damit beliebt wie noch nie - bei den Wahlen 2015 hatte sie 37,6 Prozent der Stimmen erhalten. Ein linkes Wahlbündnis hatte nicht einmal den Einzug ins Parlament geschafft, weshalb hier das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg keine linke Partei vertreten ist. Die Regierungspolitik beruht laut eigenen Angaben auf drei Säulen:
> Familie: Finanzielle Unterstützung mit einem deutlich erhöhten Kindergeld
> Sicherheit: Nein zur (islamischen) Einwanderung und - aus Sicht des neutralen Österreich: leider - Ja zur aggressiven NATO-Politik gegen Russland
> Entwicklung: Befreiung der Wirtschaft von unnötiger Bürokratie auch Erneuerung des Schiffbaus und Erhaltung des Bergbaus.
Zehntausende Polen gingen zum Nationalfeiertag am 11. November auf die Straße. Diese wurden von den europäischen Hauptstrommedien generell als "Rechtsextreme" verunglimpft, weil laut Berichten unter den Bannern Sprüche wie "Polen den Polen", "Wir wollen Gott" oder "Weißes Europa" zu sehen waren. Während sich in Österreich der offizielle Ausländeranteil auf 12,5 Prozent beläuft, liegt er in Polen bei 0,3 Prozent.
Auflehnung gegen EU-Diktat
Die Polen und die Einwohner der anderen Visegrád-Staaten wehren sich gegen die Agenda der EU, jedem Land Multikulti aufzuzwingen. Frank Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, hatte im April 2016 erklärt: "Es wird auch in den abgelegensten Gegenden dieses Planeten keine Nation geben, die in der Zukunft nicht Diversität erleben wird." Mit Diversität meinte er Völkervermischung. Wichtig ist es laut Timmermans, Multikulti als Wert zu leben. "Wenn wir das nicht hinbekommen, ... wird Europa nicht mehr lange der Ort für Friede und Freiheit sein", so Timmermans. Mit anderen Worten: Multikulti oder Krieg. Dass es umgekehrt ist, wissen die Visegrád-Staaten schon längst: Die Ausländerkriminalität und Terrorgefahr ist hier weit geringer als in Ländern mit hohem nichteuropäischem Ausländeranteil.