"Nicht NGOs, der Staat soll Asylwerber beraten"

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Die Regierung verschärft die Gesetzgebung beim Thema Asyl und will hier dem anhaltenden Missbrauch ein Ende setzen. Im Interview mit alles roger? erklärt Innenminister Herbert Kickl, was sich ändern soll und warum er Caritas & Co. so manches bisherige Recht bei der Beratung von Asylanten nehmen will.


Interview: Roland Hofbauer und Martina Bauer 

Sie haben ein neues Fremdenrechtspaket auf den Weg gebracht. Wie genau wird das aussehen?

Wir haben uns mit dem Regierungsprogramm ja verpflichtet, eine strenge und geordnete Asylpolitik auf den Weg zu bringen, damit erfüllen wir auch die Erwartungshaltung der Bevölkerung. Asyl und Zuwanderung müssen klar getrennt werden und wir haben das Ziel, in allen Bereichen entsprechende Verschärfungen durchzuführen. Das betrifft den Beginn des Verfahrens, das Asylverfahren selbst - da geht es insbesondere um die Frage der Mitwirkungspflichten und des ehrlichen Umgangs mit unseren Behörden -, aber auch das Ende des Verfahrens, wo es nur zwei Möglichkeiten gibt, einen negativen Entscheid, dann stehen wir vor der Notwendigkeit von Rückführungen, die wir verschärft vorantreiben, oder jemand bekommt einen Status. Aber auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: Wir überprüfen verstärkt, ob nach einem bestimmten Zeitraum die Fluchtgründe überhaupt noch vorliegen. Der Asylstatus kann also auch wieder aberkannt werden. Das gilt vor allem für "Heimaturlauber".

Wie will man das kontrollieren, ob jemand Urlaub in jenem Land macht, aus dem er geflüchtet ist?

An Nachweisen fehlt es uns nicht. Wir kennen die "Urlaubswege", haben da auch genug Zeugenaussagen und man kann Recherchen anstellen. Bisher fehlte aber die Rechtsgrundlage, dagegen automatisch vorgehen zu können, und das werden wir ändern.

Es ist ja so, dass Hilfsorganisationen wie die Caritas da eher unterstützend und beratend tätig sind, anstatt Flüchtlinge von solchen Aktionen abzuhalten.

Wir wollen die Beratung mittel- und langfristig in die Hände des Staates legen. Es soll nicht darum gehen, die Menschen dahingehend zu beraten, wie man den Staat überlistet oder wie man sich einen Aufenthaltstitel ersitzt. Darum gehört dieser Bereich unter staatliche Kontrolle, weil der Staat andere Interessen hat, die vermehrt bei Rückführung und Reintegration im Herkunftsland liegen.  

Wie sieht es aus mit Abschiebungen im Fall von kriminell gewordenen Asylanten? Das ist doch aufgrund der Grundrechte-Charta der EU gar nicht möglich? Hat Österreich da eine Möglichkeit gefunden? Ist das doch Nationalangelegenheit?

Wir arbeiten an Verschärfungen im Bereich der Asylwerber. Hier waren uns durch die Judikatur die Hände gebunden, jetzt ändern wir das. Wenn ein Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, dann haben wir die Möglichkeit, dass er erst in Schubhaft und dann außer Landes gebracht wird. Wenn jemand aus der U-Haft entlassen wird, müssen wir aufpassen, dass der keine Zeit findet, um unterzutauchen. Das Gleiche gilt für jemanden, der aus der Strafhaft kommt. Die Dinge, die wir tun, sind Antworten auf Erfordernisse der Praxis. Wenn wir jemanden rückführen wollen, brauchen wir Heimreisezertifikate des jeweiligen Staates, hier hat es durch bilaterale Gespräche auch eine Verbesserung gegeben. Es wäre aber auch die Aufgabe der EU, für mehr Rückübernahmeabkommen zu sorgen, weil sie Druck auf die Herkunftsländer ausüben kann. Da orte ich Untätigkeit.

Wie schnell wird das neue Paket greifen?

Jetzt ist es einmal in der Begutachtung. Ich hoffe, dass es noch vor dem Sommer einen Beschluss gibt. Dann könnte es bereits im September in Kraft treten. Wir sind da recht ambitioniert. Ich gehe davon aus, dass sich unsere Maßnahmen auch bei Schleppern etc. schnell herumsprechen und auch so der Anreiz, nach Österreich zu kommen, verringert wird. Was unsere restriktive Asylpolitik betrifft, gibt es aus vielen anderen Ländern eine positive Resonanz. Wir arbeiten auch an der Liste der sicheren Herkunftsländer, wer aus so einem Land kommt, für den ist die Chance auf Asyl verschwindend gering. Auch das ist ein Signal, die Zahlen gehen so automatisch zurück. Das haben wir etwa bei Marokko gesehen. 

Wie sieht es mit dem Zustrom derzeit aus? 

Im ersten Quartal waren es rund 4.000 Menschen, die als Asylwerber über unsere Grenzen kamen. Das ist zwar eine Reduktion, aber die ist mit Vorsicht zu genießen. Es ist auf jeden Fall kein Grund zur Entwarnung, denn selbst wenn die Zahlen rückläufig sind, müssen wir alles tun, um nicht attraktiv zu sein. 

Wie steht es um die Grenzsicherung?

Wir haben ein System eines "doppelten Grenzschutzes" bei Ungarn und Slowenien, unmittelbar an der Grenze, es gibt aber auch Maßnahmen im Hinterland der Grenze. Ich möchte die Grenzkon­trollen ab 11. Mai - da würden sie auslaufen - wieder für sechs Monate verlängern, das geht rechtlich nur in diesen kleinen Schritten. Darüber hinaus nehme ich für Österreich in Anspruch, für die Zeit des EU-Ratsvorsitzes ab 1. Juli nach Einschätzung der Gefährdungslage jede Grenze zu schützen. Wir treffen bereits Vorbereitungen, dass wir die Exekutive für den Grenzschutz aufstocken sowie Container und alles, was man sonst logistisch noch braucht, bereitstellen. Sollte noch mal so eine Flüchtlingswelle kommen, dann sind wir gerüstet. Grundsätzlich sollten wir aber gesamteuropäisch unsere Außengrenzen restriktiv schützen.

In Deutschland gibt es bereits Klagen gegen Angela Merkel, weil bei diesem großen Flüchtlingsstrom gegen Gesetze verstoßen wurde. Ist das auch in Österreich vorstellbar?

Das hatten wir ja schon, aber die sind nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Jetzt nützt das aber eh nichts mehr. Wir brauchen ein Paket, um gerüstet zu sein. Das ist Sicherheitspolitik. Man setzt ja auch keine Feuerwehrübungen aus, nur weil es länger nicht gebrannt hat. 

Sollte die Polizei mehr durchgreifen können? Zum Beispiel mit Tasern?

Ich stärke unseren Polizisten jederzeit den Rücken, man muss hier an mehreren Schrauben drehen. Wichtig sind mir härtere Strafen, wenn es um Gewalt gegen die Exekutive geht. Das wäre eine Sache des Strafrechtspakets. Wir justieren bei der Ausrüstung nach, wir bringen zum Beispiel mit stichfesten Schutzwesten ein neues Paket auf den Weg, wir rüsten Polizisten an Hotspots verstärkt mit Tasern aus, sie minimieren die Gefährdung bei Messer-Attacken. 

Wie sehen Sie die Oppositionsrolle von Christian Kern und die Attacken gegen Sie?

Ihm fehlt die politische Kraft, also kompensiert er das mit Kraftausdrücken. Er sieht ja auch, dass das Sicherheitsbudget notwendig ist. Wahrscheinlich ist er etwas frustriert, weil er das nicht durchgebracht hat. Wenn es um andere Dinge geht, wie etwa die Kritik an den Abschiebungen nach Afghanistan, da interessiert es mich weniger, was die Opposition sagt, mich interessiert, was die Bevölkerung von uns erwartet.

Viele Medien behaupten ja gern, die Regierung streitet, die FPÖ verliert an Boden ...

Jeder, der mit offenen Augen und Ohren durch das Land geht, weiß, dass das nicht den Tatsachen entspricht. Ein Indiz sind ja auch die Landtagswahlen. Wir streiten nicht, wir treiben gemeinsam Projekte voran, und das wird von der Bevölkerung goutiert. Manche wollen das Haar in der Suppe finden oder einen Keil reintreiben, aber ich habe nicht den Eindruck, dass die Bevölkerung das auch möchte.

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