Kampf der Kulturen

Foto: 123rf

Fanatismus gegen Humanismus. Islamisten gegen Christen. Faust gegen Auge. Manche Wertesysteme gehen nicht zusammen. Wenn eine Religion über der Vernunft steht, wird der Gütige verlieren. So einfach ist das. Der österreichische Schriftsteller und Historiker Dr. Helmut Neuhold beschreibt in seinem neuen Buchprojekt ?Migration und der Untergang von Kulturen?, was Europa droht. In alles roger? erklärt er es vorab.

Text: Helmut Neuhold

Es könnte doch so schön sein in unserer westlichen Industriegesellschaft: Menschen aus aller Herren Länder kommen zu uns und leben friedlich in einer paradiesischen multikulturellen Gesellschaft mit uns zusammen. Es gibt Arbeit für alle, unser Sozialsystem ist unerschöpflich, alle Neuankömmlinge integrieren sich bereitwillig, lernen unsere Sprache, sind so tolerant wie wir und übernehmen unsere Werte. Schon bald gendern alle vor sich hin, sind Verfechter der Homoehe und wollen uns in unserem Gutmenschentum auch noch übertreffen. Es herrscht Friede, Freude, Eierkuchen (auch wenn er nicht vegan ist). Wer es glaubt, wird selig. Doch selig sind auch die "Armen im Geiste".

Während die westliche Welt zunehmend von den modernen "vier Reitern der Apokalypse" (Facebook, Google, Amazon und Apple) beherrscht wird und ihre Probleme immer mehr zunehmen, braut sich "dort unten" bei "den Anderen" Schlimmes für sie zusammen. Hunderte Millionen Menschen mit einem den Europäern und Amerikanern völlig konträren Lebensstil und einer so gut wie nicht vorhandenen Bereitschaft für irgendeine Form von religiöser, kultureller oder sonstiger Toleranz machen sich bereit zum Aufbruch. Einige Millionen sind bereits unterwegs und viele schon bei uns angekommen. Ihr Ziel: all das, was ihnen der Westen zeigt, worauf es wirklich ankommt im besseren Leben - Geld, Konsum, Besitz und nicht zuletzt Sex mit den unverhüllten und "schamlosen" euro-amerikanischen Frauen. Jeder dort bei den dekadenten Ungläubigen hat ein tolles Auto, ein schönes Einfamilienhaus, viel Geld und natürlich sexy aussehende und nicht züchtig bekleidete Frauen und Töchter! So sieht man das weltweit bei den Habenichtsen in Film, Fernsehen und in der Werbung. Also nichts wie hin ins Paradies, es ist sicher genug für alle da - zumindest für die, die schnell entschlossen drauflos marschieren. Als Dank für ihre Willkommenskultur bringen wir ihnen dann unsere Religion, denken sich Ali und Co., und wir werden ihnen schon unsere - richtigen - Sitten und Gebräuche beibringen. Und sind sie nicht willig, so brauchen wir Gewalt.

Dass das passieren wird, ist kein Wunder und war absehbar. Schon 1996 veröffentlichte der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Huntington ein Buch unter dem Titel The Clash of Civilizations, das später unter dem Titel Kampf der Kulturen in einer deutschen Version erschien. Heute mutet uns vieles von dem, was vor über 20 Jahren geschrieben wurde, als geradezu prophetisch an. Huntington schrieb, dass das 21. Jahrhundert heftige Konflikte unterschiedlicher Kulturräume, wie dem westlichen und dem islamischen, bringen würde. Das Ende des Ost-West-Konfliktes habe bewirkt, dass die Weltpolitik multikulturell und multipolar geworden sei. Anstelle von unterschiedlichen Ideologien würden nun Kulturen die Weltordnung bestimmen. Huntington schrieb auch, dass der Westen seine Kultur mit einer Modernisierung verwechseln würde und diese "universellen Werte" allen anderen Kulturen mehr oder weniger aufzwingen wolle. Doch habe der Westen seinerzeit die Welt nicht durch seine Ideale oder höheren Werte unter Kontrolle gebracht, sondern durch eine überlegene und besser organisierte Form der Gewaltanwendung. Das sei allen anderen Weltkulturen bewusst, nur der Westen habe irgendwie darauf vergessen beziehungsweise dieses verdrängt.

 

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Nach den fragwürdigen Hauseinstürzen in New York vom 11. September 2001 haben die USA als absolute Vormacht des Westens eigentlich in alten Bahnen agiert, als sie daran gingen, "feindliche" und kulturfremde, in diesem Fall islamische Völker, durch massive und technisch weit überlegene Gewalt zu "befrieden", um ihnen die angeblich weit überlegenen Werte westlicher Kultur und Sendung aufzuzwingen. Doch siehe da, statt einer auf der Basis westlicher Hitech-Waffen aufbauenden "liberalen Werteordnung" inklusive Demokratie, "Menschenrechten", Gleichberechtigung der Frauen bis hin zur Genderisierung und Homoehe, fand bei den westlich "beglückten" Völkerschaften ein ziemlich konträrer Prozess statt. Die Identifikation mit einer extrem rigiden Auslegung islamischer Glaubenswerte wurde immer stärker und gesellschaftlich drifteten diese Gesellschaften in eine Richtung, die man in Ermangelung anderer Bezeichnungen als "mittelalterlich" bezeichnen könnte, wobei man dem Mittelalter allerdings unrecht tut. Den Gipfelpunkt dieser Entwicklung brachte der von der westlichen Meinungsindustrie vor einigen Jahren mit wahren Begeisterungsstürmen bejubelte sogenannte "Arabische Frühling". Er führte zum völligen Einsturz aller Ordnungssysteme in einem Großteil der arabischen Länder, wobei anzunehmen ist, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis es alle "erwischt". Und das wird auch bald für Saudi-Arabien und die nichtarabische Türkei gelten.

Wir haben nun die Situation von für lange Zeit nicht mehr möglich gehaltenen Gewalt-exzessen, Schlächtereien und Gräueltaten aller Art, bei denen sich die von westlichen "Werten" vergeblich beglückten Moslems regelrecht gegenseitig zerfleischen. Und der Westen, in diesem Falle vor allem Mittel- und Westeuropa, wird seit geraumer Zeit von einer sogenannten "Flüchtlingswelle" heimgesucht, die sich die liberalen und "fortschrittlichen" Asylgesetze in diesen Ländern zunutze macht. Wobei aus den "schutzsuchenden" Flüchtlingen rasch riesige Armeen zumeist ziemlich

ungebildeter junger Männer wurden, die im europäischen "Paradies" ankamen. Immer mehr Europäer bekamen es in der Folge mit der Angst vor dieser neuen Form der "Landnahme" von Millionen von Angehörigen einer uns fremden Kultur, die auch keinerlei Bereitschaft zeigen, sich zu "integrieren". Wozu auch, da sie ja davon überzeugt sind, selbst die bessere Kultur und vor allem die "richtige" Religion zu vertreten. Die europäischen "Eliten", die bezüglich ihres quasireligiösen "Wertesystems" mehr oder weniger gleichgeschaltet sind, verachten alle jene, welche Angst vor der entstandenen Situation haben und Abwehrbereitschaft zeigen, denn diese verstoßen ja gegen alle Gebote des westlichen Liberalismus und jede Form des Gutmenschentums, das uns Europäer ja so besonders auszeichnet und unsere moralische Überlegenheit begründet.

Huntington hat in seinem Buch auch prophezeit, dass die Macht des Westens zunehmend "verblassen" werde und schon im Laufe des 21. Jahrhunderts mächtigere Kulturkreise entstehen würden. Wir sehen diesen Wandel ja bereits anhand des scheinbar unaufhaltsamen Aufstiegs Chinas. Doch dabei wird es nicht bleiben. So meint Huntington auch, dass diese Übergänge im Machtgefüge wohl nicht ohne große bewaffnete Konflikte ablaufen werden, besonders wenn es sich dabei um sehr unterschiedliche Kulturen handelt.

Nun scheint es so, dass sich der Westen - zumindest in Europa - den kulturellen "Clash" bereits mehr oder weniger freiwillig ins Land geholt hat und weiter holt. Die Wahrscheinlichkeit scheint also sehr groß, dass sich ein auf massive kulturell-zivilisatorische Unterschiede beruhender Konflikt innerhalb Europas, insbesondere der EU, abspielen wird. Was auch bedeutet, dass damit die Grenzen zu einem Bürgerkrieg verschwimmen. Oder sollte man von einem "Invasionskrieg" sprechen?

Als Historiker kann man nur feststellen, dass es Probleme durch verschiedene Formen von Massenimmigration aus fremden Kulturkreisen weltweit - und auch in Europa - schon oft gegeben hat. Gerade in diesem Fall drängt sich ein Vergleich mit dem Eindringen der Barbaren in das Römische Reich auf. Seit die Römer in der früheren Kaiserzeit ihre Grenzen nach größtmöglicher Ausdehnung einigermaßen stabilisiert hatten, mussten sie sich auch schon damit auseinandersetzen, dass der Wohlstand ihres Imperiums meist unerwünschte Zuwanderer anzog bzw. fliehende "Schutzsuchende" den Limes überschreiten wollten. Dieses Eindringen in Reichsterritorium geschah einige Male gewaltsam - und konnte unter großen Opfern zurückgewiesen werden - wie bei den Markomannenkriegen unter Kaiser Mark Aurel. Andere Versuche des Eindringens waren weniger spektakulär, aber dauerhafter. Die Römer waren dann auch meist bereit, fremden Völkerschaften "Asyl" zu bieten bzw. sie zu "integrieren".

 

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Das Römische Reich - also das damals zivilisierte Europa - hatte jedoch im Laufe der späteren Kaiserzeit massive Probleme, die es verwundbarer machten. So machten sich zunehmend dekadente gesellschaftliche Muster breit, die Geburtenrate und damit die Reichsbevölkerung sank und der kämpferische Elan und damit die Wehrbereitschaft der jungen Römer erlahmte. Während die Armee zunehmend ein Tummelplatz der sogenannten "Barbaren" wurde, kam mit dem Christentum eine Religion an die Macht, die eigentlich den alten römischen Tugenden sehr feindselig gegenüber stand. Auch wenn die Christen als neue Herren alle jene verfolgten, die nicht ihre Werte teilten, so propagierten sie dennoch eine Art von Pazifismus und Abkehr vom Weltlichen, während die römische Wirtschaft sich immer mehr auf Talfahrt begab und die Gesellschaft zunehmend verkrustete.

Als schließlich im Jahre 376 die Hunnen als kompromisslos brutale Eindringlinge aus dem Osten alles niedermetzelten, was ihnen in den Weg kam, ersuchten die unterlegenen germanischen Völker die Römer um Aufnahme als "Schutzsuchende". Diese wurde ihnen gewährt und es begann ein sehr rascher Prozess, in dem sich die armen Flüchtlinge zu Invasoren entwickelten, denen alle Zugeständnisse, die ihnen die Römer auf Kosten der alten Reichsbevölkerung machten, zu wenig waren. Das zerstörte dann das bereits morsche römische System ziemlich rasch, zumal nun auch andere Barbarenvölker über die Grenze "durchbrachen", ohne auf ernsthaften Widerstand zu stoßen. Als hundert Jahre später nach endlosem Chaos und Kriegen, bei denen die "Neubürger" die wesentliche Rolle spielten, das Weströmische Reich sein Dasein aushauchte, verbreitete das Christentum weiterhin seinen Weihrauchduft als "Religion der Liebe", aber alles Großartige und zivilisatorisch Hochstehende der alten Römer war dahin oder auf dem besten Weg dazu. Hundert Jahre später weideten auf der Ruinenlandschaft des Kapitols im fast völlig verlassenen Rom die Kühe. Vielleicht tun sie das auch irgendwann in Brüssel.

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