Seit wenigen Wochen ist das Rapid-Urgestein Peter Schöttel neuer Sportdirektor des Österreichischen Fußballbunds. alles roger?-Kolumnist Peter Linden bringt ein Porträt jenes Mannes, der als Erstes einen neuen Teamchef suchen musste.
Seit er sein Jusstudium nach zwei Semestern abgebrochen hat, um alles auf die Karte Fußball zu setzen, lernte Peter Schöttel die Szene aus allen Perspektiven kennen:
> 63 Pflichtspiele für Rapid, womit er bis heuer der Rekordspieler in Grün-Weiß war
> 63 Länderspiele, darunter als Highlights die WM-Teilnahmen 1990 und 1998, bis heute die letzte für Österreich
> Er erlebte ganz bittere Stunden wie das 0:9 gegen Spanien in Valencia 1999.
> Danach folgten Stationen als Nachwuchsleiter, Trainer, Sportchef und seit Mai als U19-Teamchef, installiert von Willi Ruttensteiner. Statt Schöttels Freund aus Rapid-Spielerzeiten, Andreas Heraf, der als Sportdirektor nach Neuseeland übersiedelte.
Fünf Monate später folgte Schöttel Willi Ruttensteiner als Sportchef: "Mir macht immer der Job am meisten Spaß, den ich gerade habe", versicherte Schöttel. Seit 10. Oktober ließ der einen Nachfolger für Marcel Koller suchen, der Taskforce des ÖFB eine Kandidatenliste vorlegen, dann Verhandlungen führen, die Entscheidung treffen.
Siege mit Jugend, dann Sportdirektor
"Schöttel soll als eine Art Supervisor für einen Neustart stehen", sagte ÖFB-Präsident Leo Windtner. "Ich habe jetzt eine enorme Verantwortung", weiß der neue Sportchef. An der bekundete er sofort sein Interesse, als ihn Windtner danach fragte. Für den Fall, dass Ruttensteiner nicht bleibt. Zwischen Anfrage und Bestellung lagen dann zehn Tage und ein Lehrgang mit der U19 für die Qualifikation in die Endrunde. Die Aufgabe bewältigte er im Pinzgau, mit drei Siegen ohne Gegentor, ohne Fehl und Tadel. Zwischen zweitem und drittem fuhr er von Maria Alm nach Wien und retour, insgesamt um die 600 Kilometer, um sich dem ÖFB-Präsidium zum Hearing zu stellen, das schließlich mit 8:5 Stimmen für ihn entschied.
Um Ruttensteiner braucht man sich keine Sorgen zu machen: Schon letztes Jahr wollte ihn Australien als Sportchef haben. Er ist durch seinen Job auch innerhalb der UEFA bestens vernetzt, speziell mit Ioan Lupescu, dem Sohn des Admira-Legionärs aus den Siebzigerjahren. Der stellt die technischen Kommissionen zusammen. Auch zu Frankreichs Ex-Teamchef Gerard Houllier hat Ruttensteiner einen sehr guten Draht. Houllier ist noch immer Konsulent von Red Bull für die Fußballprojekte des Konzerns.
Immer ruhig und sachlich
Das Echo auf Schöttels Bestellung war durchwachsen. Kritik, weil er nach zehn Tagen kein detailliertes Konzept vorlegte. Die Kleine Zeitung sprach sogar von einer Farce - als ob Schöttel im Fußball keine Erfolge aufzuweisen hat. Übrigens in allen Funktionen. Als er sich für eine österreichische Teamcheflösung aussprach, Andreas Herzog als geeigneten Kandidaten bezeichnete, kam sofort wieder der Vorwurf der "Verhaberung" zur Sprache. Auch wenn ihn der mediale Willkommensgruß irritierte, er ließ sich das nicht anmerken. Fand auch bis heute nichts Negatives daran, weniger Kompetenz beim Nationalteam - an dessen Erfolgen auch seine Arbeit in erster Linie gemessen werden wird - zu haben als der Vorgänger.
Schöttel verliert nie seine Ruhe und Sachlichkeit, wie sich ein langjähriger Begleiter von ihm, Rapids Pressechef Peter Klinglmüller erinnert. Eine Ausnahme im November 2006 bestätigte die Regel. Da stellte er sich als, bis dahin mit Meistertitel und Aufstieg in die Champions League sehr erfolgreicher, grün-weißer Sportchef im Hanappi-Stadion nach dem 1:1 gegen Pasching, dem sechsten sieglosen Match in Serie, am Rasen mit Mikrofon den enttäuschten Fans. Als ihn ein Halbwüchsiger beschimpfte, wurde er für Schöttel-Verhältnisse ungewöhnlich laut. Mit Jahresende trat er dann zurück. Eine ähnliche Reaktion auf die unsachlichen Vorwürfe, die auf ihn einprasselten, ist diesmal nicht zu befürchten.
"Bindeglied im ÖFB"
Denn Schöttel sagt ganz dezidiert:
> "Ich bin überzeugt, für den Job geeignet zu sein."
> "Ich habe nicht nur großes Interesse am Nationalteam sondern auch an vielen anderen Themen."
> "Ich muss und werde den Fußball jetzt sicher nicht neu erfinden. Wir können darauf aufbauen, was Willi Ruttensteiner durch seine erfolgreiche Arbeit hinterlassen hat."
> "Ich wüsste nicht, mit wem ich verhabert sein sollte. Ich weiß nicht, warum wir glauben, dass wir in Österreich alle verhabert sind und in anderen Ländern nicht. Wieso sollten wir mit Österreichern keine Struktur zusammenbringen?"
> "Ich sehe mich als Bindeglied im ÖFB. Es braucht mehr Kommunikation als bisher, das zeigten die letzten Tage. Ich will dazu beitragen, dass unser Fußball den nächsten Schritt machen kann, die Entwicklungen der Zeit mitgeht, in allen Bereichen weiterkommt. Wir wollen weiter gut ausbilden. Aber ein Denkansatz von mir ist, mehr im athletischen Bereich zu arbeiten als bisher."
Wenig Kommunikation
Ganz klare Vorstellungen, die auch das Präsidium von ihm vor der Entscheidung hörte. Auch die Frage, welche Position er als beste für David Alaba sehe, brachte Schöttel nicht in Verlegenheit: "Das ist nicht mein Thema. Sondern das des künftigen Teamchefs. Der muss wissen, wo Alaba am meisten der Mannschaft hilft." Den noch von Ruttensteiner angesetzten Gipfel mit den Teamchefs aller Nachwuchsteams und der Frauenmannschaft sagte Schöttel in der ersten Woche seiner Ära ab. Teilte allen mit, dass er vor dem nächsten Gipfel das persönliche Gespräch mit ihnen suchen wird. Das kam gut an.
Ansonsten beraubte ihn der ÖFB einer seiner größten Stärken, nämlich mit sachlichen Argumenten seine Strategie zu erklären und plausibel zu machen, zu überzeugen. Das schaffte er als Grödig-Trainer sogar beim temperamentvollen Chef Christian Haas trotz Abstiegs. Jetzt durfte Schöttel während der Teamchefsuche auf Befehl von oben nichts nach außen kommunizieren. Verwies bei Anfrage sozusagen taktisch diszipliniert an die Pressestelle des Verbands.