Es scheint, als seien die großen Bitcoin-Träume vorerst geplatzt. Nach einer seit Jahrzehnten nicht mehr dagewesenen globalen Manie stellt sich seit Jahreswechsel die große Ernüchterung ein. Dennoch, solche oder andere Kryptowährungen werden nicht aufzuhalten sein.
Text: Thomas Bachheimer
War das "Bitcoin-Wunder" anfangs nur Insidern vorbehalten, so stürzte sich die große Masse seit einem Preis von etwa 1.000 US-Dollar mit einer Piranha-gleichen Gier bis zum kollektiven Ausfall der Vernunft auf das "neue Geld" beziehungsweise "die Zukunft des Tauschhandels". Keiner wusste, was er damit eigentlich erworben hatte, aber so gut wie jeder hoffte, das Ding würde bis zu einer Million Dollar hochgehen. Vor allem in Asien hat sich eine ganze Industrie entwickelt: Einige junge Menschen leben bereits in der Kryptowelt, arbeiten, konsumieren und bezahlen in dieser. Parallelen zu den Milchmädchen, die 1929 Aktien hielten, tun sich auf.
Dabei existiert diese Kryptowährung erst seit neun Jahren. Sie hielt 2013 bei etwa zehn Dollar, vor einem Jahr bei 800 und hätte Ende 2017 fast die 20.000er-Marke geknackt. Kaum eine Zeitung, die inzwischen nicht den täglichen Preis der wichtigsten Kryptowährungen am Kurszettel bringt und auch wir von bachheimer.com haben den "Kryptos" eine eigene Rubrik gewidmet. Getrost kann man 2017 als das Krypto-Erweckungsjahr der Massen bezeichnen.
Ein großer Unterschied
Manche betrachten "Kryptos" als das Währungsregime der Zukunft, einige sprachen sogar vom Goldstandard des 21. Jahrhunderts. Doch das ist eine der vielen Übertreibungen der Mainstream-Medien, die es zurechtzurücken gilt. Zwar entstehen beide durch Mining (Englisch für Bergbau). Um Gold oder Kryptowährungen wie Bitcoins zu schaffen, muss extrem viel Tatkraft, Energie, Hirnschmalz beziehungsweise Rechenleistung eingesetzt werden.
Beiden ähnlich ist auch, dass das zu produzierende und begehrte Gut von Jahr zu Jahr weniger verfügbar ist, das heißt, der Grundstock nimmt ab. Bei Gold sind es die natürlichen Ressourcen die uns die Erdkruste zur Verfügung stellt, bei Bitcoin & Co. sind es die sogenannten "White Paper" - sie beschreiben die technische Grundlage für die Produktion -, die die maximale Menge der Währung regulieren. Dies ist ein Vorteil gegenüber dem EZB-Geld Euro, denn der Herr des "Falschgeldes", Mario Draghi, kennt überhaupt keine Limits - niemand kann ihn beziehungsweise seine geldpolitischen Handlungen einschränken.
Bitcoins: einfache Lagerung
Auch bei der Teilbarkeit ähneln sich beide "Stoffe" sehr, mit leichten Vorteilen bei Bitcoin, denn diese kann man bis ins Unendliche klein teilen. Beim Gold stößt man dabei irgendwann an natürliche Grenzen.
Genauso verhält es sich beim Transport der Geldgrundlage: Gold kann aufgrund seines hohen Wertes nicht so einfach transportiert werden, doch Bitcoin & Co. kann man in beliebig kleinen, aber auch großen Einheiten relativ einfach übers Netz transportieren - größere Einheiten vergrößern de facto die Transportkosten nicht. Einen eindeutigen Punktesieg für Bitcoin gibt's bei den Lagerkosten und bei der jederzeitigen Verfügbarkeit. Während das Goldlager Kosten für Sicherheit und Versicherung beansprucht und man sich auch immer an den Ort des Lagers begeben muss, kann man Bitcoins ohne nennenswerte Kosten beliebig lange ortsungebunden lagern, mit jederzeitigem Zugriff.
Der innere Wert
In einem Punkt jedoch unterschieden sich die beiden "Gelder" gewaltig: Beim inneren, dem "intrinsischen" Wert. Während Gold schon immer für einen Großteil der Menschheit einen Wert dargestellt hatte und es ein begehrtes Gut - wenn nicht sogar seit jeher ein Luxusgut - war, noch ehe es Gelddeutung bekam, sammelt oder hortet man Bitcoins ausschließlich aus einem Grund: Man weiß, ein anderer könnte sie auch wollen, damit er Güter dafür bekommen kann. Das Gold hat einen Wert per se und viele horten es auch, ohne darauf achten zu müssen, ob es ein anderer gerade will. Man fand zum Marktpreis immer jemanden, der Gold wollte.
Das ist bei Bitcoin und anderen Kryptowährungen gerade in Blasen-Zeiten wie diesen natürlich völlig anders. So viele Menschen wollten 2017 Bitcoins nur aus dem einen Grund, weil andere auch Bitcoins wollten. Man kann mit Bitcoins gar nichts machen, außer sie jemand anderem zu geben. Aus diesem Grund werden die "Kryptos" in ihrer - derzeitigen! - Ausgestaltung wahrscheinlich niemals globale Bedeutung als Zahlungsmittel erlangen. Das Fehlen des inneren Wertes ist ein zu großer Mangel.
Die Blase platzt
In dieser Hinsicht ähneln unsere Luft-Gelder (Fiat-Gelder) wie Euro oder US-Dollar den Kryptos, auch ihnen mangelt es an intrinsischem Wert. Dennoch sind diese den Kryptos durch die Tatsache überlegen, dass sie - ob es uns jetzt gefällt oder nicht - die einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel sind. Dies ist nun auch der wahre Grund, warum wir trotz allen Wissens und aller berechtigter Skepsis über den Aufbau der Fiat-Gelder, diese tagtäglich verwenden (müssen).
Plötzlich rief jemand: "Der Kaiser hat keine Kleider an" und keiner wollte das Kryptogeld mehr. Ein Kurseinbruch von 60 Prozent ist die Folge und nun grundeln die Kurse an ihren lokalen Tiefs herum. Die Manie ist wahrscheinlich vorbei, denn börsentechnisch spricht man ab einem Einbruch von 85 Prozent von einem Platzen einer Blase. Ab einem solchen Korrekturniveau - so zeigt es die Historie - interessiert sich kein Mensch mehr für das Produkt und es kommt auf die Müllhalde der Geschichte. Da ist zwar noch ein bisschen Luft - aber es wird knapp. Ganz sicher haben Bitcoins viele Menschen sehr reich gemacht, vielleicht auch US-Geheimdienste. Laut Natalja Kasperskaja, Mitbegründerin des Virenschutz-Unternehmens Kaspersky, wurde Bitcoin von US-Geheimdiensten gegründet, um sich und andere Geheimdienste schnell finanzieren zu können.
Krypto wird weiterleben
Trotzdem wird es nicht das Ende der Kryptos sein. Aufgrund der Dezentralität dieser Währungen, die keine Notenbank kontrolliert, hat diese Geld-Idee einen klaren Vorteil gegenüber dem Fiat-Geld. Denn gleich wie beim Goldstandard, wo die wirtschaftlichen Akteure das Gold gegen einen fairen Zinssatz dem Staat oder der Bank zur Geldwerdung zur Verfügung stellen, werden auch die Kryptos dezentral durch wirtschaftliche Akteure geschöpft. Das heißt, es gibt keine einzelne Kraft, die über Geldmenge, deren Entstehung und deren primäre Verteilungskanäle entscheiden kann. Wer Draghis geldpolitische Entscheidungen kennt, beziehungsweise ertragen muss, weiß, welch unglaublichen Vorteil dieser Umstand zum Wohle aller in sich birgt. Denn schon Friedrich August von Hayek wusste, dass Geld niemals Sache des Staates, sondern viel eher Sache des Marktes sein müsste.
Gleich wie beim Fliegen hatten die Flugzeuge der Gebrüder Wright anfangs noch Mängel und heute fliegen wir mit einer Selbstverständlichkeit im Superjumbo des Airbus A380. Bitcoin & Co. sind mit dem Flugzeug der Gebrüder Wright zu vergleichen und das, was geldmäßig in wenigen Jahren auf uns zukommen wird, ist wohl ein Superjumbo. Das könnten dann doch gute Aussichten sein.