Habsburger andersrum ...

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Weshalb bekam Erzherzog Ludwig-Victor, genannt ?Luziwuzi? im Centralbad eine schallende Ohrfeige? Warum wurde Erzherzog Ludwig Salvator mit pornografischen Zeichnungen erpresst? Wieso wunderten sich seine Zeitgenossen, dass Kaiser Joseph II. keine Mätresse hatte?

Text: Helmut Neuhold

Aus welchem Grund interessierte sich Isabella von Parma so sehr für den Unterleib der Habsburgerin Marie-Christine? Welche delikate Vorliebe teilte Kaiser Karl VI. mit dem großen Prinzen Eugen? Für wen schrieb Erzherzog Leopold Wilhelm Liebesgedichte? Was spielte sich zwischen Kaiser Rudolf II. und seinen Kammerdienern ab? Warum trug Herzog Albrecht III. Zöpfe? Teilte Friedrich der Schöne wirklich mit Ludwig dem Bayern Tisch und Bett? Warum schrieb Timothy Snyder über den "König der Ukraine" Erzherzog Wilhelm: "Wenn er mit Frauen umging, dann aus Notwendigkeit, mit Männern aus Lust."

 Fragen über Fragen, deren Beantwortung letztlich dazu führt, dass man sich mit der homosexuellen Veranlagung einer größeren Anzahl von Angehörigen des Hauses Habsburg auseinandersetzen muss. Hatten über lange Zeit hinweg die Historiker einen weiten Bogen um dieses Thema gemacht oder versucht, alles in Abrede zu stellen und die Dinge schönzureden, so leben wir heute in einer Zeit, in der wir uns auch damit auseinandersetzen können. So wie in fast allen anderen Herrscherfamilien Europas, gab es auch bei den Habsburgern Männer und auch Frauen, die sexuell dem eigenen Geschlecht den Vorzug gaben. Wenn man lange sucht, dann findet man auch eine Vielzahl von Quellen, mit denen sich diverse Biografien entsprechend abrunden lassen. Man muss nur kritisch und ohne Vorurteile an die Sache he-rangehen.

 Der jüngste Bruder Kaiser Franz Josephs, Erzherzog Ludwig Victor, fällt dem historisch Interessierten zuerst ein, wenn es um Schwule im Erzhaus geht. Dieser Zeitgenosse des ebenso veranlagten bayerischen "Märchenkönigs" Ludwig II. machte auch niemals wirklich ein großes Geheimnis aus seiner Passion. Zu sehr gab er sich affektiert und exaltiert, zu intensiv ging er seiner Vorliebe für Damenkleider nach, zu offen machte er mit unverblümten "Liebeserklärungen" Jagd auf attraktive junge Männer. Sein ältester Bruder, der verknöcherte und talentlose Bürokrat Franz Joseph ließ ihn jahrzehntelang in seinem Treiben gewähren und machte sogar Scherze darüber. Ein Zeitgenosse schrieb: "Der Erzherzog war ein kunstliebender, sehr begabter Mann, der aber leider homosexuell in einem Maße veranlagt war, dass er sich nicht einmal bemühte, diese Schwäche zu verdecken." (Max Reversi)

 Aber irgendwann war dann doch Schluss mit lustig und der umtriebige und nicht mehr ganz junge Luziwuzi genannte Kaiserbruder musste in die Verbannung in sein Schloss Kleßheim bei Salzburg. Der Grund war eine bald stadtbekannte Rauferei im Wiener Centralbad (das heutige Kaiserbründl) in der Weihburggasse, bei der ihm ein junger Bursche, der keine Lust auf allzu viel zwischenmenschliche Wärme mit dem in die Jahre gekommenen und leider auch ziemlich hässlichen Prinzen hatte, einfach eine knallte.

Aber dabei sollte man die weiteren schwulen oder zumindest bisexuellen Habsburger nicht vergessen. So zum Beispiel Erzherzog Ludwig Salvator, seines Zeichens Wissenschaftler, Schriftsteller und Weltreisender, der sich auf Mallorca sein privates Königreich schuf. Er hatte mehrere schwule Affären, wurde auch manchmal erpresst, einer seiner Liebhaber beging Selbstmord, wahrscheinlich aus gebrochenem Herzen, und sein letzter Lover erbte den riesigen Besitz. Noch heute genießt der ungewöhnliche Habsburger auf der liebsten Ferieninsel der Deutschen fast kultische Verehrung.

 

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Das beginnende 18. Jahrhundert bescherte dem Habsburger-Reich gleich zwei Homosexuelle an der Staatsspitze. Der große Feldherr und Kunstsammler Prinz Eugen war schon in seiner Pariser Jugend als umtriebige Schwuchtel verschrien, während sein späterer "Herr", Kaiser Karl VI., politisch erfolglos vieles zunichtemachte, was Eugen für ihn erreicht hatte. Die Tagebücher des prunksüchtigen Kaisers sprechen eine eigene Sprache. Sein Favorit war ein Graf Althan, mit dem er eine lange Beziehung hatte. Aber er hatte auch junge Burschen aus der Dienerschaft oft genug "ganz lieb". Dass er keinen Sohn, sondern nur eine Tochter, Maria Theresia, vorzuweisen hatte, mag wohl auch damit zusammenhängen.

Maria Theresia wurde später der "stärkste Mann" der Dynastie und führte ihr Reich zu einem Höhepunkt. Doch ihr Sohn Joseph II., der sich als aufgeklärter Absolutist gab, war zeit seines Lebens ziemlich problematisch und hatte einige merkwürdige Freunde - wie den "Kammerheizer" Blasl, einen jungen Jagdgehilfen oder seinen "lieben Lacy", einen der unfähigsten Feldherren aller Zeiten. Zudem hatte er noch das Pech, mit Isabella von Parma, einer Emanze und Lesbe, verheiratet zu sein, die seiner Schwester nachstellte.

Es würde den Rahmen sprengen, auf weitere Kandidaten für eine schwule Habsburger-Familiengeschichte näher einzugehen. Aber zumindest sollte man erwähnen, dass der größte Kunstsammler der Familie, Erzherzog Ludwig Wilhelm, auch einen Freund sehr lieb hatte und dass der schrullige Kaiser Rudolf II., der kinderlos blieb, sich völlig seinen Kammerdienern auslieferte. Schon im Mittelalter gab es einige Kandidaten, die auch nicht unerwähnt bleiben sollen. So führte Herzog Friedrich der Schöne als gewählter deutscher König mit seinem ebenfalls gewählten Gegenkönig Ludwig dem Bayern zunächst erfolglos Kriege und geriet in Gefangenschaft. Doch dann versöhnte man sich und kam sich zwischenmenschlich sehr nahe. Schließlich einigten sich beide Könige darauf, gemeinsam zu regieren und "Tisch und Bett miteinander zu teilen". Herzog Albrecht III. "mit dem Zopfe" hatte, wie sein Name schon sagt, einen oder zwei Zöpfe. Er ließ sich auch damit abbilden. Zudem scheint er sich auch als Transvestit betätigt zu haben. Er gründete auch noch einen Zopforden, der ihn allerdings nicht überlebte. Weiters dürfte der Habsburger Friedrich IV., genannt "Friedl mit der leeren Taschen", zumindest bisexuell gewesen sein, wie verschiedene Quellen berichten.

Natürlich gab es über all die Jahrhunderte keine offene Diskussion über die "Sodomiten" im streng katholischen "Erzhaus", aber nicht alles ließ sich geheim halten. Während man "gewöhnliche" Homosexuelle öffentlich hinrichtete oder sonst streng bestrafte, so hatten die Angehörigen der Dynastie natürlich große Freiheiten. Besonders die späteren Habsburger taten durch ihr Verhalten und ihre sexuellen "Verfehlungen" einiges, um der Dynastie zu schaden und ihr Ende zu beschleunigen.

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