Ich habe mich gefragt, wie lange es wohl dauern wird ? Nun ist es so weit. Ich wurde öffentlich angefeindet.
alles roger?-Kolumne von Gabriela Benesch
Ich wurde öffentlich angefeindet von jemandem, der wahrscheinlich weder dieses Magazin, geschweige denn je eine meiner Kolumnen gelesen hat. Nicht etwa, dass diese Dame mir eine E-Mail oder SMS geschickt hätte, wie es sich gehört, oder sich telefonisch bei mir über meine Motivation erkundigt hätte ... Nein, sie hat Folgendes auf meinem Facebook-Profil gepostet: "Dass du für dieses Magazin schreibst, sagt alles! Mehr brauche ich über dich nicht mehr zu wissen!"
Und als ich mit ihr in einen Dialog treten wollte, kam folgende Antwort: Ich bin Ausländerin! Ich bin Rumänin. Mein Vater hat die Hölle durchgemacht wegen der Nazis. Und ich akzeptiere es nicht länger, dass Menschen Hass und Vorurteile verbreiten.
Gutes Wort eingelegt
Diese Dame war einmal meine Nachbarin, für die ich bei meinen Eltern ein gutes Wort eingelegt und den Mietzins heruntergehandelt habe, denn Sie war damals eine kleine Redakteurin beim ORF, hat also praktisch nichts verdient, wollte aber unbedingt in die 170-Quadratmeter-Dach-Wohnung im Haus meiner Eltern ziehen. Man gönnt sich ja sonst nichts ...
Nun gut, diese nette Nachbarin, mit der ich immer ein respektvolles und gutes Verhältnis hatte, ist nun also plötzlich davon überzeugt, dass ich für den abrahamitischen Ur-Konflikt, die Verfolgung der Juden, die Unterdrückung der muslimischen Minderheit (obwohl die wahrscheinlich bald in der Mehrheit sein wird) und die Entstehung des dritten Reiches (inklusive der Verfolgung ihres Vaters!) verantwortlich bin.
Atlantis und alles roger?
Ganz zu schweigen vom Zerfall des römischen Reiches, des Reiches der Azteken, der Inkas, der Kelten, der Ägypter, der Sumerer und, ich gebe es zu, auch der Untergang von Atlantis hat mit meiner Kolumne und mit diesem Magazin zu tun.
So, nun ist es gesagt. Einmal musste es ja herauskommen!
Dass der Herr Vizekanzler während des Wahlkampfes Inserate in diesem Magazin schaltete und dann so viele Stimmen bekam, dafür bin ich wahrscheinlich ebenso verantwortlich wie dafür, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser dieses Magazin lesen und schlimmer noch, dafür auch noch Geld ausgegeben haben, welches sie auch für Flüchtlinge hätten spenden können, oder für Kinderheime in Rumänien.
Liebe zu Gucci und den USA
Apropos Geld - die Dame, ich spreche jetzt wieder von meiner Ex-Nachbarin, lässt sich gerne Handtaschen von Gucci und Louis Vuitton schenken, verbringt ihre Ferien gerne im kinderbefreiten All-inclusive-Resort in der Dominikanischen Republik und würde am liebsten bei einem amerikanischen Filmproduzenten arbeiten, denn jedes zweite Wort von ihr ist mittlerweile ein englisches "got it!?".
Ja, man muss Amerika dankbar sein. Amerika hat schließlich den Irak bombardiert und die Legionäre von Herrn Hussein arbeitslos gemacht. Sodass diese aus Langeweile den IS gründeten und dem Rest der Welt das Leben schwer machen.
Familiäre Flüchtlingsschicksale
Übrigens: Dass mein Vater auch ein Flüchtlingskind aus dem ehemaligen Osten ist und seinerzeit mit seinen Eltern und sechs Geschwistern aus Torgau vor den Russen flüchten musste und mein Großvater (ein tschechischer Jude) in Frankreich im KZ inhaftiert war, dafür spreche ich sowohl alles roger? sowie meine Kolumne und selbstverständlich vor allem meine Ex-Nachbarin, die das wahrscheinlich nie lesen wird, von jeglicher Schuld frei! Das mach' ich mir mit meinem Familien-Karma aus.
Danke fürs Mitlesen und bis zum nächsten Mal!